Handwerk Special Nr. 71 vom 24. November 1999 - page 15

Perfektion in Stein
Während der Meisterprüfung dabei / junger Steinmetzmeister setzt aufWasser
Er schneidet Werkstoffe,
ob hart wieGranit, zähwie
Leder oder weich wie
Schaumstoff. Ohne Er-
wärmungoderGefügever-
änderung „formt“ er
haarscharfe Konturen
undfeinsteDetailsindie
Werkstoffe und Mate-
rialkombinationen -
der Wasserstrahl ei-
ner CNC-gesteuer-
ten Wasserstrahl-
schneideanlage.
Steinmetzmei-
ster Matthias
Krah aus
Siershahn
(We-
s t e r -
wald) nutzt
seitMärzdiesenJah-
res die Wasserschneid-
technologie in seinem Be-
trieb.
„Ich wollte einen Schritt weiter
gehen als bisher“, antwortet der
junge Steinmetzmeister, befragt
nach seinen Beweggründen für
eine Investition diesen Ausma-
ßes im eher kleinen Handwerks-
betrieb. Schlaflose Nächte habe
er schon gehabt, räumt er ein,
„aber wer nichts wagt, der ge-
winnt auch nichts“. Seit 1990
führt der 34-jährige gemeinsam
mit seinem Vater Walter das
1963gegründeteUnternehmen.
Mit vier Angestellten sind
die beiden Steinmetz-
meister über 60
Prozent im
Grab-
malbereich tätig. Seit In-
betriebnahme der Wasserstrahl-
Schneide-Technik gehört auch
der exclusive Innenausbau zur
Angebotspalette.
„Geschnitten wird im Zehntel-
millimeterbereich. Mit einem
Druck bis zu 4000 bar und drei-
facher Schallgeschwindigkeit
„schießt“derWasserstrahldurch
dieeDüsen,dieeineSchnittbreite
von einem mm und weniger er-
möglichen. Präzise Ausschnitte
in Natursteinarbeitsplatten für
Kochfelder, Spülbecken
und Wasserhähne sind
dadurch möglich. Selbst
schwierigste Ecken und indivi-
duelleWandverblendungenkön-
nen wir passgenau ausführen“,
erklärt Krah. Besonderes Bon-
bon im ecsclusive Innenausbau:
Durch den Wasserschnitt wer-
den eintönige Bodenflächen zu
begehbaren Kunstwerken. „In-
tarsienarbeitenoderBordüren in
Naturstein, Säulenschnitte, Or-
namente, selbst die Kombinati-
on unterschiedlicher Materiali-
en ist denkbar”, so Matthias
Krah.
Setzt im
Famili-
enbetrieb
auf die
Zu-
kunfts-
techno-
logie
Wasser-
strahl-
schnei-
den:
Matthias
Krech
An diesemTag lautet dieAufga-
be:BearbeitungeinesSandstein-
blocks, der mit Profilen verse-
hen werden muss. Absolute Ge-
nauigkeit und Sauberkeit der
Ausführung sind ebenso gefragt
wie die Fähigkeit, eine Arbeit
einteilen, in einem bestimmten
Zeitrahmen ausführen zu kön-
nen. Die einzige Frau unter den
25 Prüflingen ist Tanja Bern-
hard-Begic aus Angelburg-Lix-
feld, mit Zollstock, Meißel und
Hammer bemüht, ihrem Sand-
steinblock die verlangte Form
zu verleihen. „Mit Sandstein
habe ichnicht soviel Erfahrung,“
gesteht sie freimütig ein, „bei
uns in der Gegendwirdmehrmit
Diabas gearbeitet.“DieMeister-
prüfungmacht sie vor allem, um
später einmal den Betrieb über-
nehmen zu können, den ihr Va-
ter in den 80er Jahren gegründet
hat. Wie in vielen Steinmetz-
betrieben geht es auch in ihm,
wie die angehende Meiste-
rin erzählt, besonders um
die Herstellung von Grab-
denkmälern. „Wenndie
Leute zu uns
kommen,
dannhaben
sie meist
schon recht
konkrete Vor-
stellungen, wie dieses
Grabmal aussehen soll,
und von diesenVorstel-
lungen lassen sie
sich teilweise
nursehrschwer
abbringen.“
Auch
wenn
das, was
mittler-
weile auf
deutschenFriedhöfenAndenken
pflegen undwachhalten soll, hin
Ihr aufwendigstes Meisterstück
steht bereits fix und fertig drau-
ßen im Hof. Allein schon die
Spannbreitedessen,wasdortver-
sammelt ist, lässt ahnen, wie
unterschiedlich die Interessen
und Talente derjenigen sind, die
sich in diesen Novembertagen
im HwK-Bauzentrum in Ko-
blenzversammelthaben,umihre
Meisterprüfung als Steinmetze
und Steinbildhauer abzulegen.
Figuratives, Abstraktesundfreie
Arbeiten vereint in friedlicher
Koexistenz. Ein spiralförmigge-
stalteter Brunnen, eine mit auf-
wendig gearbeitetem Zifferblatt
versehene, präzis ausgerichtete
Sonnenuhr, ein bis ins kleinste
Detail kunstvoll nachempfunde-
nesgotischesKreuz,eineKamin-
umrandung.
Achtzig Stunden durften die
PrüflingefürdiesesMeisterstück
aufwenden. Bevor sie sich an
seine Realisierung machten,
konnten sie sich bei den Lei-
tern der Vorbereitungskur-
seTipps undRatschläge ho-
len.Danachmusstengenaue
Entwurfs-undAusführungs-
skizzenangefertigt,eine
Kostenkalkulati-
onmitdetailliert
ausgearbeiteten
Angaben über
Material, Größe
und Preis erstellt werden.
Jeder konnte in diesem Stück
seinen individuellen Neigun-
gen frönen; nach der Kür
folgt nun die Pflicht,
folgenzweipraktische
Prüfungsaufgaben,die
im HwK-Bauzentrum
erfülltwerdenmüs-
sen. Dass Stein-
metze bzw. Stein-
bildhauer am
Werk sind, hört
man schonvonweitem, am
eifrigen „Pling, Pling“ der Häm-
mer und Meißel.
und
w i e -
der äs-
thetischbe-
trachtet, ei-
mehrwollten als nur
Grabsteine, so einen Brunnen
für ihren Garten. Vielleicht liegt
das daran, dass Frisch seine Pro-
dukte appetitanregend da prä-
sentiert, wo Gartenliebhaber zu
finden sind: in Gärtnereien oder
Gartencentern. Eine Möglich-
keit, die es zu nutzen gilt. „Wir
können auch in unserem Hand-
werk nicht so tun, als ob die Zeit
stehen geblieben wäre, müssen
mit modernen Marketingstrate-
gien arbeiten, auf die Kunden
zugehen.“
Meistertitel in Stein gemeißelt
Der nächste Meistervorbereitungskurs für Steinmetze
und Steinbildhauer beginnt bei der HwK-Meister-
akademie im April 2000 in Koblenz (Teil-
zeit).
Infos und Anmeldung: Tel.: 0261/
398-400, Fax: -990, e-mail:
niges zu wün-
schen übrig lässt.
„Da gibt es etliches,
was hart an die Grenze
zur Geschmacklosigkeit,
zumKitsch stößt,“ kommentiert
auch Dietmar Bürger, ein junger
Steinmetz und Steinbildhauer
aus Rheinböllen im Hunsrück,
seit mehr als vier Jahren Dozent
in den Vorbereitungskursen, u.
a. für Freihandzeichnen, und seit
zwei Jahren Mitglied des Mei-
sterprüfungsausschusses. Er sel-
ber arbeite gerne im gestalteri-
schen Bereich, studiert deshalb
nebenbeifreieBildhauereiander
Universität Mainz.
KÜR UND PFLICHT
MARKETING?
Abstrakt zeigt sichdasMei-
sterstück von Rüdiger Frisch,
ein harmonisch aufeinander ab-
gestimmtes Stelenpaar aus leb-
haftgemustertemindischemGra-
nit, das demnächst als Firmen-
logo vor dem Eingang des
Betriebes stehen
wird, den er zu-
sammen mit einem
Kollegen übernommen
hat. „Meinen Meister
mache ich jetzt, weil ich
nicht abhängig sein
will von einem ande-
ren.“ Zunehmend kämen
in die Werkstatt Kunden, die
Sebastian Dietz reiste extra zur Meisterprüfung aus
dem badischen Eberdingen nach Koblenz, Tanja Bern-
hard-Begic war die einzige Frau unter den Prüflingen.
1...,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14 16,17,18,19,20,21,22,23,24,25,...30
Powered by FlippingBook