Handwerk Special Nr. 71 vom 24. November 1999 - page 5

Back-Zeit
Mit Tradition und moderner Technik einheizen / Brotpfenniglauf in Bad Kreuznach
Bäckermeister
Die richtigen Zutaten für
ihren Meisterbrief können
Bäckergesellen im
Meistervorbereitungskurs
der HwK Koblenz „erwer-
ben“. Start ist am 28.
August 2000 (Teilzeit).
Informationen und Anmel-
dung bei der HwK-
Meisterakademie, Tel.:
0261/398-400, Fax: -990.
Backofenbau hat bei ihnen Familientradition: die
Brüder Hermann (links) und Carl Heuft mit Vater
Franz, dessen Betrieb sie übernommen haben.
Das Verfahren ist einfach. Viel-
leicht kannten es deshalb auch
schon unsere Ahnen in grauer
Vorzeit. Man grabe schlicht ein
Loch in den Erdboden, kleide es
mit Steinen aus und erhitze diese
mit einem schönen Feuerchen.
In diesem vorgeheizten „Koch-
topf“ lassen sich, noch dazu au-
ßerordentlich geschmacksscho-
nend, die besten und saftigsten
Braten zubereiten.Mag dasVer-
fahren auch verfeinert worden
sein – am Grundprinzip änderte
sich wenig. Und ganz nebenbei
bemerkte man dann wohl, dass
sich so nicht nur lecker die Jagd-
beute braten, sondern auch Brot
backen ließ. Die Geburtsstunde
des Steinbackofens hatte ge-
schlagen.MancheGesteinsarten
eigneten sichmehr oder weniger
gut für einen solchen Ofen. Gut
verwendenließensichbestimmte
rheinischeTuffsteine,dieimWe-
sterwald, bei Königswinter und
in der Eifel, z. B. in Bell, abge-
baut wurden.
Das kleine Bell entwickelte sich
zu einer regelrechten „Hoch-
burg“ des Backofenbaus; Back-
öfenwurdenhierbereitsvoretwa
500 Jahren gebaut und werden
es heute noch, von der Hermann
Heuft GmbHBackofenbau. Die
beiden Brüder Hermann und
Claus Bell, 37 und 34 Jahre alt,
die zusammen mit ihrem Vater
Franz die Firma betreiben, sind
bereits die fünfte Generation in
der Familie, die Backöfen baut.
Auch die Großväter verdienten
damit ihr Brot und wahrschein-
lich, selbst wenn sich das bisher
noch nicht hundertprozentig si-
cher belegen ließ, ebenso deren
Vorfahren.
ÖFEN VOLL IM TREND
Nicht, als ob sich nicht einiges
im Laufe der Jahrzehnte im
Backofenbau verändert hätte.
Ende der 50er und in den 60er
Jahren, erinnert sich Heuft se-
nior, seit 51 Jahren in dem Ge-
schäft, habe es gerade um die
Steinbacköfen sehr schlecht aus-
gesehen, „da wollten alle nur
noch Dampf- und Elektro-
backöfen haben, weil sie glaub-
ten, da läge die Zukunft“. Späte-
stens seit der zweiten Hälfte der
80er Jahre hat sich der Trend,
wie Claus Heuft meint, umge-
kehrt. „Das hängt sicher ein
bisschen zusammen mit der
Ökologiebewegung, damit, dass
man sich bewusster und natürli-
cher ernährenmöchte. Auchvie-
le Biobauern, die ihre Produkte
direkt vermarkten, haben sich
für einen Steinbackofen interes-
siert, mit dem sie aus ihrem Ge-
treide gleich das Brot für ihre
Kunden backen konnten.“
BeimbackendenÖko-Bauern ist
es jedoch nicht geblieben; in den
vergangenen Jahren haben sich
geradekleinereundmittlereBäk-
kereien, auf der Suche nach
Marktnischen,wiederaufs hand-
werklicheBacken zurückbeson-
nen und bei den Heufts einen
Steinbackofen in Auftrag gege-
ben. „Sie schmecken eben doch
den Unterschied, ob ein Brot
oder ein Brötchen im Stein-
backofen gebacken sind oder
nicht,“ kommentiert ClausHeuft
die Entwicklung. Bruder Her-
mann erläutert die Gründe da-
für. Beim Steinbackofen wer-
den vor dem eigentlichen Back-
vorgang die Steine stark erhitzt;
so bildet sich schnell eine knus-
prige Kruste aus, die das Innen-
leben von Broten oder Brötchen
vor dem Austrocknen schützt.
Das eigentlicheBacken, bei dem
dieSteine die gespeicherteHitze
kontinuierlich abgeben, wird re-
lativ langsamund schonendvoll-
zogen. „Das merkt man auch am
Geschmack. Vor einiger Zeit ha-
ben wir für einen Bäcker in ei-
nem kleineren Ort einen Stein-
backofen gebaut. Das Ergebnis
war, dass alle Leute nur
noch bei ihm die Bröt-
chen kauften.“
Nicht jeder Steinbackofen muss
traditionell mitHolzbeheiztwer-
den. Auch im Backofenbau hat
moderne Technik Einzug gehal-
ten,mitelektrischbeheizten,teil-
weise gar elektronisch gesteuer-
ten Steinbacköfen. Alles, Elek-
trik und Elektronik, Metallteile
wie Ofentüren oder Scharniere
und die Steinauskleidung bzw.
der Steinmantel sind selbst ge-
macht. „Man muss gleichzeitig
Maurer und Schlosser, Schmied
undElektriker und, bei denÖfen
mit Dampfanlage, auch Installa-
teur sein.“
Der Kunde kann wählen, u. a.
zwischen dem Stein auf Stein
gemauerten,mitHerdplatten aus
Beller oder mittlerweile auch
Weiberner Tuffstein und einem
freitragenden Kreuzgewölbe
versehenen,holzbefeuertenStein-
backofen oder der elektrisch be-
heizten Version.
Dafürhabensich
die Heuft-Brü-
der einiges ein-
fallen lassen.
„Die massiven,
sieben bis acht
Zentimeter dik-
ken Tuffstein-
platten würden
zu viel Energie
kosten. Deshalb
haben wir einen dünneren und
energiespa-renderen, gleich in
die richtige Form gebrachten
Kunststein entwickelt, den wir
aus gemahlenem Tuffstein her-
stellen,“ erzähltHermannHeuft.
Der hat die gleichenEigenschaf-
ten wie der Natur-
stein,schlucktaber
nur einen Bruch-
teil an Strom. Der
Bäcker, der noch
mehr Energie spa-
ren will, kann die
Abwärmefürswar-
meWasser nutzen,
durch Edelstahl-
tanks, die auf dem
Backofen instal-
liert werden. War-
tungsfreundlich
sind die Öfen der
Heufts noch oben-
drein.
Wer sein eigener
Bäcker seinmöch-
te, dem verhelfen
dieHeuftszumpas-
senden Hausback-
ofen. Kleiner als
seine großen Vet-
tern, aber gleich-
falls handgefertigt
und ein Einzel-
stück wie sie.
Daneben restaurieren die Brü-
der auch alte, historische Stein-
backöfen, wie den im Stockgut
Reipisch in Dahmen an der
deutsch-belgischenGrenze. Da-
fürkonntensiebeimBundespreis
für Handwerk in der Denkmal-
pflege sogar einen Preis mit in
ihreWerkstatt „einfahren“. „Das
war kein einfaches, dafür aber
ein ausgesprochen interessantes
Projekt“,sodiezufriedenenPreis-
träger.
„Hit“ der Heufts sind
handgefertigte Stein-
backöfen, traditionell mit
Holz oder auch elek-
trisch beheizt, dank
speziell entwickelter
Kunststeine.
ELEKTRO-STEUERUNG
Brot macht Beine - jedenfalls
am 27. November. Dann näm-
lich führt dieBäcker-Innung des
Kreises Bad Kreuznach ihren
15. „Brotpfenniglauf“ durch, an
dem sich auch in diesem Jahr
ungefähr 50Marathonläufer be-
teiligen. Der Startschuss für den
Lauf fällt an diesem Samstag
um 12 Uhr; Start ist am Markt-
platz in Kirn. Über Bad Sobern-
heim und Bad Münsteram Stein
erreichen die Läufer gegen
16.15 Uhr das Ziel des Laufs,
die Fußgängerzone EckeMann-
heimer Straße/Römerstraße von
Bad Kreuznach.
Der 15. Brotpfenniglauf findet
im Rahmen der Aktion „Brot-
pfennig 1999“ statt. Der Erlös
kommt in diesem Jahr der „Ru-
mänienhilfe“ und der „Herzens-
sache 99“ des SWR zugute.
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