Handwerk Special Nr. 71 vom 24. November 1999 - page 6

Süßes Handwerk
Junges Konditorehepaar und ihre „alte Villa“ / Backwettbewerb / „Stollen-Oskar“
Ein leicht melancholisch stim-
mender Novembertag, grau der
Himmel,graudievorbeiströmen-
den Moselfluten. Farbe bringt
allein das letzte Weinlaub ins
Spiel,leuchtendgelbgefärbt.Ein
Wetter zum Frösteln. Drinnen
aber ist es anheimelnd warm,
und aus dem Fenster her-
aus und bei
Traumhaf-
ter Beruf
in traum-
hafter
Umge-
bung:
Werner
Sander und
Ehefrau
Mona in
ihrem
Niederfell-
er Kondi-
torei und
Bäckerei.
einer duftenden Tasse Tee oder
KaffeeundeinemleckerenStück
Kuchenbetrachtet sieht das spät-
herbstliche Moseltal schon er-
heblich freundlicher aus. Ruhig
ist es jetzt, an einem ganz nor-
malen Werktag, auch in dem
hübschenCaféSander inNieder-
fell geworden.
„Manmerkt,dassdieSaisonjetzt
endgültig vorbei ist,” kommen-
tiert Werner Sander, der zusam-
men mit seiner FrauMona Café,
Konditorei undBäckerei erst vor
wenigen Monaten, im April 99
eingerichtet hat. Er stellt es ganz
sachlichundohneBedauernoder
Melancholie fest. Den Saison-
betrieb an der Mosel kennt er
seit seiner Lehre, „da sind wir
von November bis Februar in
Urlaub geschickt worden, dafür
ging’s in den anderen Monaten
ohne Pause durch“. Erst hat er
eine Bäckerlehre im benachbar-
tenBrodenbach absolviert, dann
noch Konditor gelernt und nach
dem Zivildienst als Geselle in
Konditoreien und Cafés in
Bullay und
Cochem
gearbeitet. „Mich hat es nie von
der Moselweggezogen,“ kom-
mentiert Sander, in Niederfell
geboren, seine Sesshaftigkeit.
Auch seine Frau Mona, die aus
Jugoslawien stammt, hat er an
derMosel kennengelernt, inBul-
lay, wo sie ihre Lehre als Kondi-
toreifachverkäuferin machte.
Deshalb war es für Werner San-
der, dessen Vater eine Bäckerei
inNiederfell besaß, keine Frage,
dass er sich, wenn er sich selb-
ständig mache, dies an der Mo-
sel tun würde. Dass er sich selb-
ständig machen würde, stand
genauso wenig in Frage. „Beim
Klassentreffen hat mir meine
Lehrerin erzählt, ich hätte schon
ab dem fünften Schuljahr immer
steif und fest behauptet, dass ich
mich mal selbständig machen
würde. Tatsächlichhabe ichvom
ersten Lehrtag an mein ganzes
Leben und Arbeiten darauf aus-
gerichtet.“
1997 machte er die Meisterprü-
fung; jetzt, zwei Jahre danach,
ist aus den Jugend-
träumen Realität
geworden, schönste Realität so-
gar. Denn Café, Backstube und
Verkaufsraumsind in einement-
zückendenFachwerkhaus unter-
gebracht, Niederfellern als „die
Villa“ bekannt. Ein Jahr vor ih-
rem 100. Geburtstag zeigt sie
sich restauriert und geschmack-
voll ausstaffiert von ihrer „Scho-
koladenseite“.
Der Ausdruck passt zu dem, was
Sander an Köstlichkeiten, Tor-
ten, Kuchen, selbstgemachten
Pralinen seinen Kunden anbie-
tet. Dass er nur die allerbesten
und-frischestenZutatenverwen-
de, meint Werner Sander, sei so
selbstverständlich, dass er das
gar nicht mehr extra feststellen
möge. Dies gelte auch fürWeih-
nachtsplätzchen und Christstol-
len, den seine Stammkunden be-
sonders schätzten.
Angesichts der Atmosphäre in
dem alten Haus versteht man,
dass ihn keine großen Expansi-
onsgelüste umtreiben. „Wenn
mansicheinengewissenLebens-
standard gönnen kann - was
braucht man mehr?“ Und nach
kurzemNachdenken fügt er hin-
zu: „Wenn mir meine Tochter
mit 27 oder 28 mal erklärt: „Va-
ter, jetzt kannst du dich zur Ruhe
setzen,“ dann werde ich das an-
standslos machen.“ Eile hat es
damit noch nicht, denn die Klei-
ne ist gerade sieben Monate alt.
Zum100. Geburtstag der Handwerkskammer Koblenz findet ein Back-
und Kochwettbewerb für Schulklassen, Schülergruppen und AGs der
Sekundarstufe I aller Schularten statt. Es gilt, Back- und Kochrezepte
der letzten 100 Jahre zu finden und in einem eigenen Kochbuch
zusammenzustellen.
GesuchtwerdenRezepteausdrei
Epochen: aus der Jahrhundert-
wende, der Nackriegszeit und
der heutigen Zeit. Rezepte aus
der Region sollen besonders ge-
kennzeichnet werden. Die ge-
sammelten Werke müssen dann
phantasievoll zusammengestellt
und zu einem Back- und Koch-
buch gebunden werden.
Eine von der Handwerkskam-
mer Koblenz in Zusammenar-
beit mit der Bezirksregierung
berufene Jury prämiert die be-
sten Arbeiten. Die Preisträger
dürfen zurGeburtstagsfeier bak-
ken und kochen. Außerdem
gibt’s Geldpreise für die Klas-
senkasse.
Die Rezeptbücher werden im
Rahmen einer grossen Hand-
werksausstellung imKurfürstli-
chen Schloss zu Koblenz vom
17. August bis 24. September
2000 gezeigt. Darüber hinaus
sind die tollsten Rezepte im
Internet und anderen Medien
nachzulesen.
Anmeldeschluss für dieTeilnah-
me ist der 15. Dezember. Ab-
gabeschlussderRezeptbücherist
der 5. Mai 2000.
Informationen und Anmeldun-
gen bei der Pädagogischen An-
laufstellederHwKKoblenz, Tel.
0261/398-342, Fax. –989, e-
mail:
Den Oscar kennt jeder. Noch
weniger bekannt ist der vonMei-
sterMarkengesponserte und all-
jährlichbei der Leipziger „Sach-
senback“ verliehene „Stollen-
Oskar“, mit dembesondereVer-
dienste zur Imagepflege des
handwerklichen Stollenbackens
belohnt werden. Ihn eroberte
jetzt Kütscher’s Backstube aus
Mendig. Bernd und Stephanie
Der rheinland-pfälzische Finanzminister Gernot Mittler (rechts)
und Karl-Heinz Scherhag, MdB und Präsident der HwK Koblenz,
gratulierten den Preisträgern Bernd und Stephanie Kütscher.
Kütscher - sie führen den 1910
gegründeten Betrieb in der vier-
ten Generation und betreiben ei-
neKonditorei,BäckereiundCafé
- haben z. B. einen früchtelosen
Stollen für alle diejenigen kre-
iert, die allzu Süßes nicht mögen
und damit der weihnachtlichen
Leckerei zusätzliche Liebhaber
erobert. Kütscher´s setzten sich
gegen 1338Mitbewerber durch.
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