Handwerk Special Nr. 71 vom 24. November 1999 - page 14

Durchdacht:
Heinz Rosstäuscher steuerte seinen Westerwälder Metallbaubetrieb auf Erfolgskurs.
Stahl und Glas. Suchte man
nach den wichtigsten Materia-
lien zeitgenössischer Architek-
tur, wären diese beiden sicher
darunter. Da Heinz Ross-
täuscher, der gelernte Maschi-
nenbauer, ohnehin ein Faible
für den Stahlbau besaß - „Mit
Stahl und Edelstahl hatte ich
schon immer gearbeitet, diese
Schiene wollte ich nicht aufge-
ben!“ -, war es nur konsequent,
dass er das Metallbauunter-
nehmen, das er imJanuar 1977
inDiez übernommenhatte, vor-
ausschauend in dieseRichtung
steuern, denUmgangmit Stahl
und Glas zu einer Spezialität
seiner noch jungen, aber rasch
expandierenden Firma ma-
chen würde.
Dabei hatte er klein angefangen,
1974,alsEin-Mann-Schlosserei-
werkstatt in Wasen-bach. 1977,
nach der Übernahme der Me-
tallbauabteilungder FirmaWild,
hatte er schon 15 Mitarbeiter,
und fünf Jahre später, als er in
die Werkstatt auf dem heutigen
Betriebsgrundstück in der Die-
zerWerner-von-Siemens-Straße
umzog, waren es bereits 32.
GÜNSTIGER START
„Die Zeiten damals waren auch
günstig für den Aufbau eines
Unternehmens,“ meint Ross-
täuscher, der in diesemJahr sein
25jährigesBetriebsjubiläumfei-
erte, realistisch. „Da blieb bei
denAufträgennochdie eineoder
andere rostige Mark übrig, die
manwieder in das Unternehmen
investieren konnte.“ Das, kom-
mentiert er kritisch, habe sich
leider geändert. Die wirtschaft-
lichen Rahmenbedingungen für
einen mittelständischen Betrieb
seien jetzt alles andere als ein-
fach. Wachsende Konkurrenz
zwinge zu knappster Kalkulati-
on; dieGloba-lisierung undHar-
monisierung des europäischen
Marktes werde dies noch ver-
stärken. „Wenn ein Betrieb aus
Osteuropa Aufträge um 30 oder
40 Prozent günstiger ausführt,
verdient der unterm Strich im-
mer noch was daran. Da können
wir nicht mehr mithalten.“
Schuld daran seien nicht zuletzt
die hohen Lohnneben- und Be-
triebskosten. „Wenn wir eine
Stundemit 70 oder 72Mark dem
Kunden berechnen müssen und
der Mitarbeiter erhält am Ende
kaummehr als 13 oder 14Mark,
kann doch allgemeineUnzufrie-
denheit nicht ausbleiben.“ Auf
der anderen Seite kollidiere der
Zwang zur knappenKalkulation
mit wachsenden Kundenan-
sprüchen und sinkender Zah-
lungsmoral. Bestehen könne da
nur der, der sich durch „Spezia-
litäten“ von der Konkurrenz ab-
hebe. „Ohne die ist man aufge-
schmissen.“
Dank kluger Unternehmenspo-
litik kann sein Betrieb mit einer
ganzen Reihe solcher „Speziali-
täten“ aufwarten, z. B. die hoch-
wertige Ausführung von Stahl-
bauarbeiten bei der Gestaltung
vonFassaden,Wintergärtenoder
Eingangsbereichen.Dankzweier
kranbewehrter Lastkraftwagen
können jetzt Aufträgemit einem
Volumen von 20 Tonnen rei-
bungslos abgewickelt werden.
Zu den „Spezialitäten“ gehört
aber auch die handwerklich per-
fekte Edel-stahlverarbeitung
(„Da muss man höchste Genau-
igkeit undSauberkeitwalten las-
sen, wenn das Endergebnis be-
friedigend sein soll!“). Nicht zu
vergessendieZulassungzurHer-
stellung von verglastem Brand-
schutz, die dem Betrieb in den
80er Jahren erteilt wurde, ein
Jahr nach der Verleihung des
RAL-Gütezeichens „Gütege-
prüfteHerstellung“vonFenstern
und Türen, das 1995 um die
Montage bei Fenster, Türen und
Fassaden erweitert wurde. Das
alles in Ergänzung zum „ganz
normalen“ handwerklichenMe-
tallbau.
ZUR AUSBILDUNG
Kein Wunder, dass das Wachs-
tumder Rosstäuscher GmbHbis
indie90erJahreandauerte.Rund
40 Mitarbeiter gibt es jetzt, acht
davon zugelassene Schweißer,
sieben Lehrlinge. Bisher wur-
den insgesamt 90 Lehrlinge als
Metall-, Heizungs- und Lüf-
tungsbauer, Technischer Zeich-
ner oder Kauffrau bzw. Kauf-
mann ausgebildet. Der Aus- und
Weiterbildungs-bereich liegt,
wie sich beim Gespräch, beim
GangdurchdieüberlegtArbeits-
und Produktionsabläufe struk-
turierende Werkstatthalle zeigt,
demBe-triebsgründerbesonders
am Herzen. Trotz aller ökono-
mischen Zwänge investiert er in
ihn nach wie vor. Drei Mitarbei-
ter hat er auf Kosten des Unter-
nehmens den Meister machen
lassen, um sie in anspruchsvol-
leren Positionen einsetzen zu
können; einLehrlingsmeister ar-
beitet wöchentlich acht Stunden
mit den Lehrlingen, vermittelt
ihnen das nötige handwerkliche
Rüstzeug. Zwar habe er, gesteht
HeinzRosstäuscher zu, auch für
sich schon mal überlegt, ob er
nicht, wie andere Betriebe der
Branche, Facharbeiter anstellen
und sich die Kosten der Ausbil-
dung sparen sollte. Aber davon
sei er dann wieder abgekom-
men, „schließlich haben wir mit
den Leuten, die bei uns im Haus
ausgebildet wurden, den mei-
stenErfolg, diemüssenwir nicht
erst lange einarbeiten, die wis-
sen, wo’s lang geht, kennen von
vornherein unseren Weg und
unser Ziel.“
FAMILIÄR
Auch seine beiden Söhne bilde-
te er im eigenen Betrieb aus.
Beide sind nach dem Studium
auch wieder in das Unterneh-
men zurückgekehrt, der eine, zu-
ständig für Objektplanung und -
beratung, als Diplomingenieur
im Maschinenbau und als
Schweißfachingenieur, der an-
dere, in der Kalkulation tätig, als
Techniker und Metallbauer,
SchweißfachmannundBetriebs-
wirt. „Wer heute ein Unterneh-
men führen will, kann gar nicht
gut genug ausgebildet sein.“
Dass er sich immer wieder neu-
en Anforderungen stellen muss,
hat auch Ehefrau Marie-Luise,
Finanzchefin der Firma, erfah-
ren. „Eigentlich hatte ich ge-
hofft,“ erzählt sie augenzwin-
kernd, „dass wir mit der Einfüh-
rung der EDV noch warten wür-
den, bis ich nicht mehr im Be-
trieb wäre, aber das war verge-
bens. Da habe ich mich halt da-
mit auseinandergesetzt und auch
daran gewöhnt.“ Jetzt läuft alles
per Computer, ob Abrechnung
oder Konstruktion. CAD
macht’s möglich, „das geht
schneller und ist dazu prakti-
scher und anschaulicher, ein
Reißbrett steht nur noch bei mir
im Büro,“ erklärt Rosstäuscher,
„ganz nebenher“ auch noch eh-
renamtlich aktiv, als stellvertre-
tender Obermeister der jungen
Rhein-Lahn-Westerwald-In-
nung seines Gewerbes, „früher,
vor der Zusammenlegung, war
ich 15 Jahre lang Obermeister,
das langt, da kann man auch mal
andere ins erste Glied lassen.“
Bei aller Expansion ist das Un-
ternehmen ein echter Familien-
betrieb geblieben, auch die
Schwiegertöchter arbeiten heu-
te mit. Das merkt man nicht zu-
letzt anderHerzlichkeit desUm-
gangstons, wenn der Seniorchef
durch die Werkstatthalle geht,
in der alle Arbeiten montagefer-
tig vorbereitet werden – ein
bisschen wie ein Patriarch, des-
sen Nachfolge gesichert ist, der
das Zepter selber noch in der
Hand hält und sein Unter-
nehmensschiff auch in unruhi-
gerenGewässern sicher und ent-
schlossen steuert.
Heinz Rosstäuscher: der
gelernte Schlosser mach-
te aus einem Ein-Mann-
Betrieb ein florierendes
Metallbauunternehmen
in Diez.
Rosstäuscher
im Gespräch
mit einem
Mitarbeiter:
vor allem
deren Aus-
und Weiter-
bildung liegt
ihm als Basis
für Qualität
der Arbeit am
Herzen.
In der durchdacht eingerichteten Werkstatthalle werden
alle Teile montagefertig vorbereitet.
Meisterkurs
Am 12.4.2000 beginnt
in Koblenz der Meister-
kurs für Metallbauer,
in Vollzeit.
Info-Tel: 0261/398-400,
Fax: -990, e-mail:
Internet:
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