Handwerk Special Nr. 71 vom 24. November 1999 - page 12

Tradition & Zukunft
Unternehmen mit 373 Jahren Geschichte / Strom heute.
In den Ratsprotokollen
der Stadt Sobernheim
wird Philipp Kehl na-
mentlich in den Jahren
1589, 1595, 1608, 1615
und 1622 genannt. Die
Familienforschung weist
darauf hin, dass der in-
zwischen erwachsene
Findling das Schmiede-
handwerk erlernt und in
Bad Sobernheim ansässig
wurde. In den Urkunden
ausgewiesen ist die Aus-
übungdesSchmiedehand-
werks jedocherst für Phil-
ipp Jakob Kehl, geboren
etwa 1600-1606, einen
Sohndes „Stammvaters“.
Er gründete in Staudern-
heim an der Nahe eine
Dorfschmiede, die von
Generation zu Generati-
on weiter vererbt wurde.
Die Schmiede war zunächst mit
einerLandwirtschaftkombiniert,
die allerdings später aufgegeben
wurde. Die Werkstatt jedoch
blieb über die Jahrhunderte hin-
weg immer in Betrieb.
DIE ELFTE GENERATION
Schmiedemeister Philipp Karl
Kehl ist heute der elfte Metall-
handwerker, der den traditions-
reichenHandwerksbetrieb inun-
unterbrochener Generationen-
folge leitet. Er lernte im väterli-
chen Betrieb und legte 1960 die
Betritt man das Betriebsgelände
der Metallbauerfirma Kehl in
BadSobernheim, fällt nichtsUn-
gewöhnliches auf. Es gibt je-
doch eine Besonderheit, die lan-
desweit ihresgleichen sucht.Das
Unternehmen blickt auf eine
373jährigeBetriebgeschichtezu-
rück. Ausstattung und Technik
haben sich im Laufe der Jahr-
hunderte stark verändert. Der
Name der Inhaber jedoch ist seit
1626 gleich geblieben.
DAS FINDELKIND
Die FamilienchronikKehl ist im
Wappenregistereingetragenund
liest sich abenteuerlich. Sie be-
ginnt mit einem Findelkind.
Nach mündlicher, von Ahn zu
Ahn weitergegebener Überlie-
ferung, soll der „Stammvater“
Philip Kehl, etwa um 1568 als
Kind einer Hugenottenfamilie
geboren sein. Im Alter von ein
bis zwei Jahren wurde er von
den Eltern getrennt und in Kehl
am Rhein aufgefunden. Mitlei-
digeMenschennahmenden Jun-
gen nach Sobernheimmit, wo er
in einemWaisenhaus aufwuchs.
Da er selbst seinen Namen nicht
kannte, ist er vermutlich nach
seinem Fundort benannt.
Meisterprüfung ab. Nach dem
Tod des Vaters erweiterte er den
Betrieb umeine Bauschlosserei.
Heute gehören eine Produkti-
onsstätte von 400 Quadratme-
tern und ein moderner Maschi-
nenpark zum zeitgemäss einge-
richteten Betrieb. „Wir haben
uns auf die Ausführung diffizi-
ler und komplizierter Kunden-
wünsche spezialisiert, von Ge-
ländern für freitragende Trep-
pen bis zu ausgefallenen Kunst-
schmiedearbeten“, so Philipp
Karl Kehl. Ein „Kehlfachmann“
hilft aber auch, wenn das Fen-
ster knarrt, der Türschlüssel ver-
lorenging, die Tür klemmt oder
ein Schloss auszuwechseln ist.
DIE SPUREN DER AHNEN
Mittlerweile ist Sohn Heiko in
die Fussstapfen seiner Ahnen
getreten. „Aus freien Stücken
und Lust am Beruf“, betont er.
Gelernt hat er sein Handwerk
allerdings nicht vom Vater, wie
dieGenerationen vor ihm. „Man
muss über den eigenen Garten-
zaun hinaus sehen und selbst
Erfahrunen machen“, kommen-
tiert Heiko Kehl seine damalige
Entscheidung. Der Metallbau-
ermeister und ausgebildete
Schweißfachmann wird in Kür-
ze denFamilienbetriebüberneh-
men und das Werk von elf Ge-
neration fortführen.
In Kürze soll Junior Heiko
Kehl das 1626 gegründete
Traditionsunternehmen wei-
terführen. Der 28jährige
legte vor drei Jahren den
Meisterbrief ab.
Setzen das Werk von Generationen
fort: Bernd, Uta und Heiko Kehl (v.l.)
Mit individueller, 100prozentig auf die Kun-
denwünsche zugeschnittener Fertigung werden
die traditionsreichen Metallbauer aus Bad So-
bernheim ihr Unternehmen in die Zukunft führen.
Schmiedewerkzeuge
finden sich auch im
Familienwappen Kehl
wieder.
Zwar ist der Markt schon seit
April 1998 frei, doch offenbart
der Wettlauf um die Gunst der
Kunden erst jetzt seine ganzen
Dimensionen. Auch das Hand-
werk setzt auf billigen Strom.
Der Aufklärungsbedarf ist rie-
sig. Aus diesem Grund lud die
HwKzu einer Podiumsdiskussi-
on ins Koblenzer Schloss ein.
Zentrale Botschaft: Ausser der
Stromrechnung gibt es für ge-
werbliche Abnehmer keine ne-
gativen Veränderungen. Im Ge-
genteil: Kostensenkungen zwi-
schen 20 und 40 Prozent sind
drin, wenn man sich zu einer
„Einkaufsgemeinschaft“ zusam-
menschließt. Das Handwerk hat
diesen Königsweg gewählt.
Kreishandwerksmeister Detlef
Börner berichtete, dass rund
4000 Handwerksbetriebe über
die Kreishandwerkerschaften
einen Rahmenvertrag mit RWE
und ihren regionalen Vertriebs-
partnern abgeschlossen haben.
Trotz dieser positiven Zahlen
sehen HwK-Präsident Karl-
Heinz Scherhag (MdB) und
Börner noch einen großen Auf-
klärungsbedarf. Denn die Skep-
sis der Handwerker ist groß:
Schon jetzt leide dieQualität des
Services durch von Rationali-
sierungsmaßnahmen.
Stefan Herzberg von EuroPo-
werEnergy erwartet weitere
Preissenkungen: Die Gebühren
der lokalen Netzbetreiber diffe-
rierten stellenweise bis zu 100
Prozent. Er sieht einenHarmoni-
sierungstrend, der nicht zu Ver-
lust bei der Netzqualität führe.
Kurt Schmitt vom Mayener
Blockheizkraftspezialisten sieht
die Entwicklung kritischer und
prophezeit Erhöhungen zum
Ende von Preiskrieg und Kon-
zentrationsprozess. Er rät Groß-
abnehmern zur Investition in al-
ternative Stromerzeugung.
Ort für den HwK-Strom-Kongress: Das Koblenzer Schloss.
Das Podium(v.l.): Kreishandwerksmeister Detlef Börner,
Maschinenbaumeister Kurt Schmitt, Stefan Herzberg,
EuroPowerEnergy, Wirtschaftsredakteur Jörg Hilpert,
GünterHoffmann, StadtwerkeNeuwied,Dr. LotharOelert,
RWE-Energie, Ulrich Elsenberger, Kevag.
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