Handwerk Special Nr. 94 vom 12. Juni 2003 - page 12

Meisterhaft: Als Schornsteinfegermeisterin ganz nach oben
12. Juni 2003
Nr. 94
Kehrbesen und Messgerät
Schornsteinfegermeisterin Anette Pörings und ihr Traumberuf
„Noch bin ich eher untypisch“,
sagt Anette Pörings und blickt
auf ihre schwarze Arbeitskluft.
„Die Leute schauen mir immer
nach. Einmal weil wir Glück
bringen sollen, aber auch, weil
viele eben noch keine Frau un-
serer Zunft gesehen haben.“
Anette Pörings ist Schornstein-
fegermeisterin. Sie ist das erste
weibliche Innungsmitglied der
Schornsteinfeger-Innung Ko-
blenz, die zweite Frau mit eige-
nem Kehrbezirk in Rheinland-
Pfalz und sie gehört zu den 10
Bezirksschornsteinfegermeis-
terinnen in Deutschland.
Ihr Beruf ist für die 39-Jährige
der absolute Traumberuf. „Ich
wollte nie etwas anderes werden
als Schornsteinfeger. Jeder
Schornstein ist anders und jedes
Dach etwas ganz Besonderes“,
erzählt sie. Und genau das ist es
eben, was für sie den Reiz und
auch die Romantik ihres Beru-
fes ausmacht.
4. Generation auf demDach
„Auf demDach fühle ich so eine
ganz bestimmte Freiheit, das
kannmannichtbeschreiben,man
kommt mit Menschen zusam-
men, ist immer unterwegs. Ich
wollte einen vielseitigen Beruf
und nicht den Alltagstrott in der
feinen Bluse“, lacht sie. Dazu
kommt, dass das Schornstein-
fegerhandwerk in der Familie
Scherne seit dem 17. Jahrhun-
dert Tradition hat. Schon der
Urgroßvater vonAnettePörings,
geborene Scherne, übte das
Handwerk aus. „Mit meinem
Großvater Max bin ich als Kind
oft mitgegangen und war von
seiner Arbeit begeistert“, erin-
nert sie sich. DieseBegeisterung
für den Beruf ist ihr sozusagen
in die Wiege gelegt. Auch Vater
Wolfgang ist Schornsteinfeger.
Bei ihm geht die Tochter in die
Lehre. AnettePörings lernt nicht
nur die lange Leine, den Kehr-
besen sowie die schwere Kugel
zu handhaben, sondern auch mit
demEndoskopundanderenelek-
tronischen Messgeräten umzu-
gehen. „ErstwarmeinVater eher
skeptisch. Der Beruf ist nichts
fürMädchen,hatergesagt.Heute
ist er stolz auf mich“, erzählt sie.
Aktiv für die Umwelt
„Das Kaminkehren macht heute
nur etwa ein Drittel der Arbeit
aus.Abgasmessungen, zumBei-
spiel von Gasheizungsanlagen,
gehören ebenso dazu. Bei mo-
dernen Feuerstellen, die kaum
noch Ruß produzieren, wird der
freie Schornsteinquerschnitt
kontrolliert, da bereits geringe
AbweichungenvomSollzustand
im Schornstein zu gefährlichen
Funktionsstörungen der Feuer-
stätte führen können. Bei der
Planung von neuen Heizungs-
anlagen beraten wir die
Kunden, um die Feuerung
soenergiesparendundum-
weltfreundlich wie mög-
lich zu halten“, umreißt
Dieter Bohl, stellver-
tretender Obermeister
der Schornsteinfeger-
innung Koblenz, kurz
das Aufgabenspektrum.
1. Lehrling: ein
Mädchen
2.800Haus-
halte be-
treut
Anette
Pörings
in
Nie-
der-
zis-
sen und
den umlie-
genden Ortschaf-
ten. Ihre zusätz-
liche Qualifika-
tion als Ge-
bäudeenergie-
beraterin,
die sie 2002
erwarb,
kommt ihr
dabeizugute.
„Techni-
sches Ver-
ständnis
muss man
in unserem
Beruf
schon ha-
ben“, erklärt
Anette. „Dar-
über hinaus er-
warte ich vom
zukünftigen
LehrlingguteNo-
ten inMathematik,
PhysikundChemie,
natürlich muss man
schwindelfrei sein,
wenn es hoch hinaus
geht.“ Ihren ersten
Lehrling hat die
Schornsteinfe-
germeisterin be-
reits gefunden: Zum
1. August wird sie ein
Mädchen einstellen.
Stolz, Meister zu sein
„Ich freue mich, ausbilden zu
können. Die Ausbildungsleis-
tung ist einwesentlichesKriteri-
um für den Meisterbrief. Die
Meisterprüfung ist ein Güte-
siegel und bleibt für mich die
Regelvoraussetzung für die
Selbstständigkeit imHandwerk.
Ich bin stolz, Meisterin
zu sein.“
Keine Angst
vorm schwar-
zen Mann: Die
schwarze Kluft
des Schornstein-
fegers hat es
Anette Pörings
schon als Kind
angetan.
Christian Pabst
Tischlermeister
aus Rettershain
Einen Büro-
schrank in Ahorn
mit Multiplex und
Edelstahl hat
Christian Pabst
als Meisterstück
angefertigt. „Er
passt zu meinem
Gesellenstück,
einem Schreib-
tisch“, erklärt er.
Sein Ziel ist die
Selbstständigkeit.
„Es ist etwas
Besonderes,
Meister zu sein.
Ohne Meisterprü-
fung sinkt das
handwerkliche
Niveau“, urteilt
er.
Ich bin Meister und habe etwas erreicht!
Gesundheit am
Arbeitsplatz
HwK Koblenz beteiligt sich an Modellprojekt
Die Handwerkskammer
Koblenz unterstützt ihre
Mitgliedsbetriebe bei der
Gesundheitsförderung ihrer
Mitarbeiter. Schwerpunkt
des Modellprojektes “Ge-
sundheit am Arbeitsplatz”
ist die professionelle Unter-
stützung von Handwerksbe-
trieben mit bis zu 100 Be-
schäftigten bei allen
Mitarbeiterproblemen, die
mit seelischen Konflikten zu
tun haben.
Hierbei handelt es sich erfah-
rungsgemäß um Probleme
mit Suchtmitteln, Konflikte
am Arbeitsplatz, Erschöp-
fung und Stress sowie Ängs-
teundDepressionen.Schwer-
wiegende menschliche Pro-
bleme beeinträchtigen durch
Ausfallzeiten und Leistungs-
abbauzugleichdieLeistungs-
fähigkeit eines Betriebes.
HiergreiftdasModellprojekt,
das am 1. Mai durch die
rheinland-pfälzischeMiniste-
rin Malu Dreyer auf der
MESSE AM RHEIN: Hand-
werksmesseKoblenz gestar-
tet wurde.
Die HwKKoblenz führt es in
Kooperation mit dem rhein-
land-pfälzischenMinisterium
für Arbeit, Soziales, Familie
und Gesundheit, der Landes-
zentrale für Gesundheits-
förderung und der AHG Ge-
sundheitsdienste Koblenz
durch. Das Projekt ist zu-
nächst auf ein Jahr befristet.
Weil Handwerksbetriebe in
aller Regel nicht über dieKa-
pazität einer speziell ausge-
statteten Personalabteilung
verfügen, stellt dieHwKeine
entsprechend qualifizierte
DienstleistungbeiderLösung
schwieriger Personalpro-
bleme zur Verfügung.
Die Beratung erfolgt telefo-
nisch durch Fachkräfte der
Gesundheitsdienste und ist
für die Mitgliedsbetriebe der
Handwerkskammer bis zu
einemUmfang von 3 Telefo-
naten und einer Beratungs-
zeit von 1,5 Stunden pro
Anlass kostenfrei. Sie ist ver-
traulichund aufWunsch ano-
nym.
Informationen zum Mo-
dellprojekt:
Tel.: 0261/ 398-324
Fax: 0261/ 398-994
E-Mail:
Internet:
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