Handwerk Special Nr. 72 vom 3. Januar 2000 - 100 Jahre Handwerkskammer Koblenz - page 32

Schmuckdesigner gibt es eini-
ge im Lande, und unter diesen
vielen eine eigene Handschrift
zu finden, ist alles andere als
einfach. Etliches deutet darauf
hin, dass es Clemens Leyen-
decker,KoblenzerGoldschmie-
demeister, gelungen ist. Das
zeigt schon der Blick in das
Schaufenstervon„Aurifex“,der
Goldschmiede, die Leyendek-
ker zusammen mit seinem Ge-
schäftspartner Anders in der
Rathauspassage betreibt.
Großzügigkeit
Das Besondere ließe sich viel-
leicht mit einer gewissen Groß-
zügigkeit umschreiben, Groß-
zügigkeit im Umgang mit Ma-
terial und Formen. Lieber eine
Verzierung zu wenig als eine
zuviel, lieber mehr Sachlich-
keit als allzu Spielerisches oder
Neobarockes. Groß sind die oft
bevorzugten Farbsteine in Rin-
gen, Broschen und Anhängern,
im Tafelschliff geschliffen, der
ihnen Tiefe verleiht und trotz-
dem noch genug Raum für die
Wirkung der Fläche lässt. Ket-
ten erhalten einen ganz beson-
deren und hier wörtlich zu neh-
menden „Dreh“, vieles ist dar-
über hinaus bemerkenswert va-
riabel, Anhänger lassen sich am
aufwendig gearbeiteten Gold-
collier ebenso aufhängen wie
am schlichten Kautschukband,
können mal betont elegant, mal
richtig sportivgetragenwerden,
je nach Lust und Laune der Be-
sitzerin. Variation ist selbst bei
den dekorativen großen runden
Ringen, die zu einerArtMarken-
zeichen von Aurifex avanciert
und mittlerweile nicht nur in
Farbsteinen, sondern auch in E-
mail zu haben sind, möglich.
Der kleine Diamant im Mittel-
punkt ist eigentlich der Kopf ei-
ner Schraube, so dass sich das
Oberteil blitzschnell abschrau-
ben, durch ein anderes, vielleicht
in einer anderen Farbe, ersetzen
lässt.
Schmuck in Variationen
„WirwollennichtSchmucknach
dem Bausteinprinzip anbieten,
denn das hat auch in großen
Schmuckkollektionen nur be-
grenzt funktioniert, aber wir
möchten ihnen schon Gelegen-
heit geben, mit den Schmuck-
stücken ein bisschen nach Lust
undLaunezuspielen,“kommen-
tiert Leyendecker, der das Gold-
Gespräch offen zugesteht, mitt-
lerweile ein eher gespaltenes
Verhältnis hat. „Das Problem
liegt einfach darin, dass wir hier,
was denMietpreis anbetrifft, In-
nenstadtniveau bezahlen, dass
wir aber von den Vorteilen, die
man sich im allgemeinen von
einer solchen Lage verspricht,
nur noch herzlich wenig mer-
ken.“ Die Laufkundschaft sei in
den letzten Jahren und Monaten
ständig zurückgegangen, zufäl-
lig komme kaum noch ein neuer
Kunde in das Geschäft, „den ge-
winnen wir imwesentlichen nur
durch gezielte Werbeaktionen
oder durch Mailings“. Schuld
daran, klagt Leyendecker, sei zu
einemTeil die schleppende Ent-
wicklungdesbe-
nachbartenZen-
tralplatzes, des-
sen mögliche
Nutzung undGe-
staltung noch
umstritten sei.
Gemeinschaftsprojekt
Aber er belässt es nicht beim
Klagen, sondern geht selbst in
die Offensive, wirbt in Konzert-
pausen oder in Gemeinschafts-
projektenmitderKoblenzerKür-
schnermeisterinMartinaSterz
um Kunden in der Aktion
„Umarbeiten“. „Es gibt
doch manchen, der ein
altes Stück geerbt hat
oder an einem anderen
besonders hängt, das er
verändert haben möch-
te.Dahabenwir eineChan-
ce gesehen, eine Nische, und
der Erfolg gibt uns recht,“meint
der Goldschmiedemeister, des-
sen Werkstattcrew zwei Gesel-
linnen und eine Aus-
zubildende zäh-
len.
schmieden an der Hanauer Zei-
chenakademielernte,danachsei-
ne Gesellenzeit in verschiede-
nen Betrieben absolvier-
te.
Zehn Jahre alt
ist „Aurifex“
jetzt, genau-
so lange exi-
stieren Werk-
statt und Be-
trieb in der Rat-
hauspassage. Ein
Standort, zu dem Cle-
mens Leyendecker, wie er beim
Goldschmiedemeister
Clemens Leyendecker aus
Koblenz fertigt nicht nur erst-
klassigen Schmuck oder arbeitet
Wertvolles seiner Kunden um, auch im
Bereich Marketing feilt er an seinen
Konzepten.
Nicht nur die Handwerker mit
ihren Unternehmen in den
Stadtzentrenberichtendarüber
- soGoldschmiedemeister Cle-
mens Leyendecker auf dieser
Seite oben - auch die HwKKo-
blenzweiß:DieRahmenbedin-
gungen in den Innenstädten
Handwerkskammer Koblenz: Individuelles Handels- und Handwerksangebot statt zusätzlicher Einkaufszentren
haben sich verschlechtert. Be-
sorgt registriert die HwK, dass
in vielen Citys Ladengeschäfte
des Einzelhandels und Hand-
werks schließen, Existenzen
vernichtet werden. Gehörenkul-
turelles und gesellschaftliches
Leben in der Stadt, Flanieren
und Einkaufen in der City be-
reits der Vergangenheit an.
Als Ursachen für den Attrak-
tivitätsverlust vieler Innenstäd-
te sieht die HwK den Struktur-
wandel in Einzelhandel und
Handwerk und die Verkaufs-
flächenexpansion auf der Grü-
nen Wiese, aber auch in den
Städten selbst. Die vonderKam-
mer beklagten Folgen: weniger
traditionelle Einzelhandelsge-
schäfte,wenigerHandwerk,mehr
Filialbetriebe großer Ketten,
mehr Einkaufszentren, Verlust
an Branchenvielfalt im Stadt-
zentrum. DieHwKwendet sich
nicht gegen jedes „blühende
Einkaufszentrum“ am Stadt-
rand. Die Frage ist jedoch, in-
wieweit die Innenstädte noch
weitere Handelseinheiten ver-
kraftet. „Kaufkraft“, so die
Kammer, „lässt sich inKoblenz
wie auch in der Region nicht
multiplizieren“. Es drohe eine
Verödung der Innenstädte.
Regen Zuspruch findet
gleich der erstmals
ausgelobte Salzbrand-
Wettbewerb der HwK
Koblenz. Er soll den
gerade im nahen Kan-
nebäckerland traditi-
onsreichen Salz-
glasuren wieder mehr
Aufmerksamkeit zu-
führen und moderne
Gestaltungsmöglich-
keiten aufzeigen.
1979 – Erster Salzbrand-Wettbewerb der Handwerkskammer
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