Handwerk Special Nr. 72 vom 3. Januar 2000 - 100 Jahre Handwerkskammer Koblenz - page 30

Nicht nur mit Leistungen
und einem guten Angebot
überzeugt das Optikerunter-
nehmen „Brillen Becker“
seit 75 Jahren, auch mit
Anzeigen - zu sehen ein
Inserat aus der „Mittel-
rheinischen Handwerks-
zeitung“ 1928 - hat man
Kunden angesprochen.
„Korrekt passende Brillenglä-
ser kauft man bei Brillen-
Becker“. Schon in den 20er
Jahren des 20. Jahrhunderts,
als das Unternehmen noch in
denKinderschuhen steckt, ver-
raten Anzeigen wie dieseMar-
keting- und Selbstbewusstein.
Zu letzterem hatte Augenop-
tikermeister Andreas Becker
auch allen Anlass, denn als er
am 25. November 1925 in der
Casinostraße 47 seinenBetrieb
eröffnete, tat er es mit für die
damalige Zeit nach modern-
sten Gesichtspunkten einge-
richtetenVerkaufs-, Brillenan-
pass- und Augenprüfräumen.
Offensichtlichwardies,zusam-
menmit den regelmäßigenAn-
zeigen, die der Optiker u. a. in
der „Mittelrheinischen Hand-
werkszeitung“ aufgab, genau
das richtige Rezept, um das
Unternehmen rasch wachsen
zu lassen. Bereits vier Jahre
später eröffnete Becker ein
zweites Geschäft in der Emil-
Schüller-Straße,mit Fotoladen
und Labor, und verlegte den
Hauptbetrieb in die Schloß-
straße, an den heutigen Stand-
ort. Ein weiterer Zweigbetrieb
kam in der Rheinstraße dazu.
Wie das Hauptgeschäft fiel
auch er den schweren Bom-
benangriffen auf Koblenz zum
Opfer. Unmittelbar nach
KriegsendemachtesichBecker
daran, die Schäden zu beseiti-
gen, den Laden zu renovieren.
Schon am 7. März 1946 konn-
te er wieder in die Geschäfts-
räume in der Schloßstraße ein-
ziehen.Mochten auchdieRäu-
me Schäden genommen haben
– dasGeschäftsrenommee hat-
te die harten Zei-
ten unzerstört
überstanden,
der
alte
Grundsatz
„Sorgfalt–
Auswahl –
Präzision“
b e w ä h r t e
sich, so dass im
April 1950 in der Rheinstraße
wieder ein separater Verkaufs-
raum für Foto-, Kino und
Vermessungsgeräteeröffnetwer-
denkonnte,mit einemmodernen
Fotolabor, mit einer fortschritt-
lichen feinmechanischen Werk-
statt für optische und fotografi-
sche Geräte und Instrumente.
Neu mit dabei: ein Kino-,
Ausstellungs-undVorführraum.
Mittlerweile war auch Beckers
Sohn Hansherbert in das Unter-
nehmen eingetreten, das 1955 in
Bad Ems die erste Filiale außer-
halb von Koblenz einrichtete.
Nach demTode des Seniorchefs
wurden dieAbteilungenAugen-
optik und Foto und Hörgeräte
getrennt. Becker junior über-
nahm die Führung des augen-
optischen Teils, die von Brillen-
Becker; Becker-Hörakustik ent-
wickelte sich zu einem eigen-
ständigen Zweig.
Hervorragende handwerkliche
Leistung zieht sich wie ein roter
Faden durch alle siebeneinhalb
Jahrzehnte des Unternehmens,
so viel sich auch in der Augen-
optik gewandelt habenmag. Mit
der „optischen Krücke“, der
„Sehhilfe“, die die Brille einst-
mals war, haben die schicken
Brillen von heute nichts mehr
gemein, sind abgespeckt in je-
der Hinsicht (früher brachte eine
Brille bis zu 100 Gramm auf die
Waage, heute sind es kaummehr
als 40 Gramm).
„Leicht ist der absolute Trend
bei den Brillen,“ kommentiert
Frank Natschke, Geschäftsfüh-
rer von Brillen-Becker. Leich-
tigkeit beim Brillengestell, ge-
fertigt aus Titan, Edelstahl oder
Aluminium, Leichtigkeit auch
beim Glas, das sich selbst bei
starker Fehlsichtigkeit dank hö-
herer Gläserdichte und –qualität
angenehm dünn macht, das in
derWerkstatt desUnternehmens
mitCNC-gesteuertenSchleifma-
schinen den letzten Schliff er-
hält.
„Für den Kunden heute ist die
Brille als modisches Attribut
mindestens ebenso wichtig wie
als Sehhilfe,“ erklärt Natschke.
Da habe sich in den letzten Jahr-
zehnten einiges geändert, beson-
dersauchnachdemsichdieKran-
kenkassen aus demGeschäft mit
den Brillen weitgehend heraus-
zogen. Die Kunden, nun selbst
erheblich stärker zur Kasse ge-
beten, reagieren selbst- und
preisbewusst, informieren sich
vor dem Brillenkauf, entschei-
den sich bewusst für einModell,
an das sie auch höhere Ansprü-
che stellen. „Wenn wir früher
eine Art Austeilerbranche wa-
ren, sind wir jetzt eine Ser-
vicebranche, die sich um den
Kunden bemühen muss.“
Nur zufriedene Kunden kom-
men wieder; die sind gerade für
einen Optiker in einer Großstadt
mit der größten Optikerdichte
in Deutschland und damit auch
der größten Konkurrenz
überlebenswichtig. Wichtig
auch,meintNatschke,wenn sich
die Situation in der Innenstadt
selbst für alteingesessene Un-
ternehmen immer schwieriger
gestaltet, Einkaufsstraßen ver-
öden und an Attraktivität ein-
büßen. „Drinnen können wir
alles tun, um aktuellen Ent-
wicklungen dicht auf der Spur
zu bleiben – wenn das Umfeld
vor der Tür aber nicht mehr
stimmt, sind wir als Einzel-
betrieb machtlos. Da wird es
höchste Zeit, dass sich eine
Stadt ernsthafteGedankendar-
über macht, wie man dem
Trend gegensteuern könnte.”
Das „Becker-Logo“ im Wan-
del der Zeit: 1950 (links)
und heute (unten).
Gute Adresse Schlossstraße? Das Stadtzentrum verliere als Geschäftsstandort Jahr für Jahr an Attraktivi-
tät, so die Erfahrung des Unternehmens, dass seit über 50 Jahren ihr Hauptgeschäft im Herzen Koblenz
betreibt. Da wird es höchste Zeit, dass sich eine Stadt als Ganzes ernsthafte Gedanken darüber macht.
Neue Kurse für den modular
aufgebauten „Gestalter im
Handwerk“ im Jahr 2000:
Ab 4. Februar: Zeichnen (in
Koblenz)
Ab 24. März: Corel Draw
(auch in Herrstein und Bad
Kreuznach)
Ab 7. April: Werben und
Verkaufen (in Koblenz)
Ab 12. Mai: Ideen-
realisierung (in Koblenz)
Weitere Information: 0261/
398-110, Fax -990, e-mail
Jetzt hat die HwK
auch eine Galerie,
eingerichtet in ihrem
Gebäude in der
Rizzastraße. Auf
über 300 Quadrat-
metern werden
immer wieder u. a.
Ausstellungen
gezeigt, die die
wechselseitigen
Beziehungen zwi-
schen Handwerk und
Kunst verdeutlichen.
1975 - Eine Galerie für Handwerk und Kunst
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