Handwerk Special Nr. 72 vom 3. Januar 2000 - 100 Jahre Handwerkskammer Koblenz - page 27

Wenn Ingo Caspary über die
Geschichte seines Unterneh-
mens spricht, dann über seine
eigene indiesemUnternehmen,
bekommt das ganze eine bildli-
che Dimension: Da ist ein riesi-
ger, vollgepackter Sack, den ein
Kleinkind wegziehen will.
Glasermeister Caspary ist we-
der klein, noch schwach, und
was in dem riesigen Sack drin-
steckt, sind Leistungen seiner
Vorfahren, denen der 28jährige
gerade ein paar Pfund drauf-
legt. Königliche Hofglaser wa-
ren die Casparys, haben bereits
vor 100 Jahren Bücher als
„Praktische Ratgeber für die
Lehrzeit nebst Gesellen-Prü-
fung“ geschrieben, versorgen
die Region seit über 150 Jahren
mitFenstern,GläsernoderSpie-
geln. Seit sechs Generationen
ist das so, mit dem 28jährigen
Koblenzer Ingo Caspary wird
es so bleiben.
Doch nicht nurmit ihren gläser-
nen Leistungen hat das Unter-
nehmen Geschichte geschrie-
ben, seit vielen Jahren wird
„schreiben gelassen“: Bereits
aus dem Jahr 1921 datiert eine
Anzeige des Unternehmens in
einer von drei Koblenzer Ta-
geszeitungen, dem „Coblenzer
Generalanzeiger“, in den kom-
mendenJahrzehntenhabenCas-
parys immer wieder medien-
wirksam auf sich aufmerksam
gemacht. Bis zumheutigenTag.
Dabei wurde seit jeher auf ein
handwerkliches Umfeld in die-
senZeitungenWert gelegt, heu-
te unterstützt das Koblenzer
Traditionsunternehmenmit sei-
nerAnzeige regelmäßig „Hand-
werk special“, das Magazin der
Handwerkskammer Koblenz
für das Handwerk und seine
Kundeninder„Rhein-Zeitung“.
Meister werben
„Wir legenWert auf die direkte
Verbindung zum Handwerk,
werben als Meisterbetrieb“, so
Ingo Caspary, der wie die Jung-
frau zumKindemit seiner Posi-
tion als Chef im Betrieb kam.
„Mein Vater, jahrelang Ober-
meister der Glaser-Innung, er-
krankte 1996 so stark, dass er
mich bat, die Glaserei zu über-
nehmen“. DieKonsequenz:Die
Bank an der Universität hat der
damals 23jährige direkt gegen
die der Meistervorbereitung ge-
tauscht, der bestandenen Mei-
sterprüfung 1996 folgte der
„Chefsessel“ im Hauptsitz der
Glaserei in der Koblenzer Fried-
rich-Mohr-Straße.
Dass er trotz seines Alters sehr
genau weiß, wohin das Unter-
nehmen steuert, beweisen Auf-
tragslage und Mitarbeiterzahl:
Die 14 „Casparys“ – darunter
ein Lehrling – haben gut zu tun,
die Auftragsbücher sind voll.
Gefragt sind zur Zeit besonders
Glaselemete für die Innenein-
richtung, Spiegel,Duschkabinen
und „Ganzglasanlagen“wie glä-
serne Eingange. „Besonders im
Trend sind Türen oder Raum-
elemente aus Glas, die individu-
ell mit Motiven gestaltet sind.“
So wollte eine Bank Eingangs-
türenauseinbruchsicheremGlas,
auf dem hundertfach das Logo
des Geldinstitutes zu sehen ist.
„Soetwaswird sandgestrahlt und
anschließend farblichabgesetzt“
erklärt Fachmann Caspary.
TonnenschwererGlasgigant
Solche „Glasgiganten“ sind we-
niger in der Herstellung und
handwerklichenBearbeitungein
Problem, vielmehr ist es der
Transport und der Einbau, der
handwerliches Geschick und oft
auch Kraft erfordert. „Manche
Schreibe wiegt bis zu einer Ton-
ne, die Größe reicht bis zu 15
Quadratmetern“.
Vielseitigkeit spielt längst auch
imGlaserhandwerk eine wichti-
geRolle:Obeinbruchhemmende
Spezialgläser („Einbrecher ver-
suchen sich heute eher am Fen-
ster- oder Türrahmen, anstatt die
Scheibeeinzuschlagen“),schuss-
sichere Gläser oder schall- und
wärmeschluckendeScheibe–die
Kundenwünsche sind so viel-
schichtig wie deren Zahl.
Die grössten Veränderungen in
seiner Branche macht der junge
Casparyheute imRückgangdes
Neubaugeschäftes in Richtung
„Nachrüstung“ oder Reparatu-
ren aus.
Eines hingegen wird sich nicht
ändern: Wie es bei Casparys
Generationen hielten, soll sich
der Name auch künftig in Zeit-
schriften und Zeitungen der
Region als Markenzeichen re-
präsentieren.Denn,wieesschon
inder „MittelrheinischenHand-
werkszeitung“ 1928 geschrie-
ben stand: „Die Reklame arbei-
tetauchwennDuschläfst,Druk-
kerschwärze ist das Blut des
geschäftlichen Lebens, darum
inseriere...!“
„Königlicher“ Handwerker seit über
150 Jahren: Die Glaserei Caspary
mit ihrem ehemaligen Koblenzer
Firmensitz am Altenhof.
Seit über 70 Jahren inseriert die
Koblenzer Glaserei Caspary
regelmäßig in Publikationen des
Handwerks, so auch in der „Mit-
telrheinischen Handwerkszeitung“
aus dem Jahr 1928.
Glasermeister Ingo Caspary
führt mit seinen 28 Jahren eine
über 150jährige Unter-
nehmensgeschichte fort.
Schwarzarbeit ist ein
ebenso leidiges wie
umstrittenes Thema.
Nach Jahren zähen
Ringens erlässt der
Bundestag das
Gesetz zur Bekämp-
fung der Schwarzar-
beit, um Schaden für
Handwerk, Staat und
Sozialversicherung
abzuwenden. Auch
die Auftraggeber
sollen künftig
bestraft werden.
1957 – Bundestag erlässt Gesetz gegen Schwarzarbeit
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