Handwerk Special Nr. 70 vom 29. September 1999 - page 14

Neue Serie:
Handwerkstradition findet
Gürtler- und Metalldrü-
ckerarbeiten werden von
Werkstattleiter Walter
Valentin (l.) und Norbert
Simonauch selten ausge-
führt.
Traditionelle Schmiede-
technik: Hier werden die
Stäbe für ein Torgitter in
Durchstecktechnik ge-
schmiedet.
Wer in die Werkstatt hinein
will, kann sich gleich draußen
von der Qualität dessen über-
zeugen, was drinnen gefertigt
wird. Ein schmiedeeisernesTor
schließt die Abteilung Metall-
gestaltung der Kunstwerk-
stätten Maria Laach ab.
Und auch sonst trifft, wer ein
wenigherumwandert,anetlichen
Stellen der Klosteranlage auf
Produkte der eigenen Schmie-
de, allesamt aufwendig, kunst-
und qualitätvoll gefertigt. Ge-
nau das ist, wie Werkstattleiter
Walter Valentin erläutert, das
Markenzeichen: „schließlich
kommt keiner mehr nach Maria
Laach, nurweilwir eineKloster-
werkstatt sind.“
Auch das Handwerk hinter Klo-
stermauern muss sich heutzuta-
ge an nüchternen betriebswirt-
schaftlichen Fakten orientieren,
nicht allein kostendeckend, son-
dern auch mit Gewinn arbeiten.
Trotzdem, meint Valentin, habe
man doch noch etwasmehr Frei-
heit „als ein Handwerker drau-
ßen“, könne sich eben auch auf-
wendigere, traditionelle Tech-
niken erlauben.
Er selber stammt voneinemBau-
ernhof in der Eifel und lernte in
den 60er Jahren in der Laacher
Werkstatt Gürtler und Metall-
drücker. „Ich habe als Kind
schon gerne gezeichnet und ge-
staltet, aber damit ich hier tat-
sächlich lernen durfte, musste
auch der Pastor mit meinem
Vater reden!“ Von einigen
Gesellenjahrenabgesehen,arbei-
tete Valentin kontinuierlich in
der Laacher Werkstatt, ist für
alle Entwürfe zuständig.
ZEICHNEN KÖNNEN
Aus einer Schublade zieht er ei-
nigeSkizzen, sogezeichnet, dass
man sich die fertige Arbeit vor-
stellen kann. „Das richtige, per-
spektivische Zeichnen ist in un-
serem Beruf ungeheuer wich-
tig”, erklärt Valentin. „Wer als
Metallbildhauer arbeiten will,
muss zeichnen können.“ Des-
halb erteilt er nebenbei auch den
angehenden Meistern in den
HwK-Meistervorbereitungs-
kursen Zeichenunterricht.
Repräsentative Haustoranlagen
mit allen technischen Raffines-
sen, Treppengeländer, die sich
den Stufen wirklich anschmie-
gen, „Lebensbäume“ als indivi-
duelle Umrahmung eines Haus-
eingangs, ungewöhnlich gestal-
Peter Friedhofen, 1819 in Weiters-
burg geboren, erlernte den Beruf des
Schornsteinfegers, den er mit der
Meisterprüfung abschloss. Seine
Stelle in Vallendar legte er mit 31
Jahren wegen eines Lungenleidens
nieder. Von tiefer Religiosität geprägt,
fühlte er sich berufen, Kranken und ge-
sellschaftlichGestrandeten zuhelfen. Auf sei-
ne Bitte hin erhielt er 1850 vom Trierer Bischof Arnoldi den Auftrag,
die Kongregation der Barmherzigen Brüder zu gründen. Aus beschei-
denen Anfängen entwickelte sich ein weltumspannender Orden der
Krankenpflege. 1860 starb Friedhofen in Koblenz, 1985 wurde er
selig gesprochen.
Seine heutigen Handwerkskollegen verehren ihn als Schutzpatron.
Erstmals bei der Feier zu ihrem 100-jährigen Bestehen verlieh die
Schornsteinfeger-Innung Koblenz verdienten Mitgliedern die Peter-
Friedhofen-Medaille.
Schornsteinfeger und Ordensgründer
Peter Friedhofen
Schornsteinfeger bringen bei
BerührungGlück! Früher war
es Brauch, dass der Kamin-
kehrer am Neujahrstag in Be-
rufskleidung und rußschwarz
von Haus zu Haus ging, um
das Kehrgeld zu erheben. Da-
bei wünschte er ein glückli-
ches neues Jahr - und gilt bis
heute als Glücksbringer.
Die Schornsteinfeger-Innung
Koblenz,zuder139Kehrbezirke
zählen, feierte jetzt in der altehr-
würdigen Abtei Maria Laach ihr
100-jähriges Jubiläum.
„Wir brauchen Ihren Sachver-
stand, Sie sind unsere Partner im
Umwelt- und Klimaschutz“, be-
tonte Klaudia Martini, Umwelt-
ministerin in Rheinland-Pfalz,
in ihrer Festansprache. Sie wür-
digtedie verantwortungsbewuß-
te Arbeit der Schornsteinfeger,
die im „staatlichen Auftrag die
Abgasverluste und Schadstoff-
emissionen von Feuerungsanla-
gen prüfen“ und zum Energie-
sparen in den 280.000 Haushal-
ten im Land beitragen.
Obermeister Hans-Joachim
Ciupek erinnerte daran, dass die
Tätigkeit der Schornsteinfeger
zum Gründungszeitpunkt der
Innung in erster Linie in der
Reinigung und Überwachung
vonFeueranlagenbestand.Heute
gehören neben den traditionel-
len Reinigungswerkzeugen mo-
derne Prüf- undMessgeräte zum
Handwerkszeug: „Technische
Veränderungen sowie der Ein-
satz moderner Brennstoffe be-
stimmen die Entwicklung unse-
res Handwerks maßgeblich.“
HwK-Präsident Karl-Heinz
Scherhag (MdB) würdigte die
Schornsteinfeger-Innungalseine
der ältesten im Kammerbezirk:
„Sie stehen für die Anpassungs-
fähigkeit des Handwerks an ver-
änderte Herausforderungen.“
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