Handwerk Special Nr. 96 vom 15. November 2003 - page 14

„Kein Lehrstellengau im
Bezirk der HwK Koblenz“
Riesenerfolg des Aktionstages„Chancengarantie 2003“
„Sind in Einzelfällen an Grenzen gestoßen“
Mit Unverständnis reagieren die Ausbildungsberater auf die Haltung einiger Jugendlicher
Ein Lehrstellenanwärter zog ei-
nen Urlaub der Lehrstelle vor.
Auf die Frage „Urlaub oder
Lehrstelle?“ entgegnete er:
„Wenn Sie die 1000 Euro
Stornogebühren zahlen, mache
ich ein Praktikum.“ In einem
weiteren Fall waren einem 19-
jährigen jungen Mann 30 Kilo-
meter zur Lehrstelle als Kälte-
anlagenbauer zu weit, obwohl
er zunächst beteuert hatte, den
Führerschein zumachen. Selbst
den Termin mit einem Paten,
der sich dank seines Amtes und
dem Ansehen seiner Person für
eine Lehrstelle engagiert hatte,
hielt ein junger Mann nicht ein.
Er erschien auch nicht in dem
ihm nachgewiesenen Ausbil-
dungsbetrieb. Einer jungenFrau
mitmehreren fehlgeschlagenen
Bewerbungen bot ein Ausbil-
dungsbetrieb gleich zwei Aus-
bildungsmöglichkeiten an: als
Fleischereifachverkäuferinund
als Einzelhandelskauffrau. Am
zweiten Tag erschien sie nicht
mehr und war auch telefonisch
nicht erreichbar.Ähnlich erging
es einem Ausbildungsberater
mit einem Jugendlichen, der
nach seinem Grundwehrdienst
InteresseanderBundeswehrbe-
kundet hatte. Der Berater holte
entsprechende Informationen
beim Beratungszentrum Bun-
deswehr-Handwerk ein, gab
diese optimistisch klingenden
Infos direkt weiter und bat um
Rückruf. Nichts geschah. Un-
zählige Nachrichten bei der Fa-
milie des jungen Mannes blie-
ben unbeantwortet. Jetzt ist der
Anschluss nicht mehr erreich-
bar.
Fest steht trotzdem: Jeder Ju-
gendliche, der eine Lehrstelle
möchte, wird nicht allein gelas-
sen. Die HwK-Ausbildungs-
berater betreuendiejungenLeu-
te vom Vorstellungstermin bis
zum Abschluss des Lehrvertra-
ges und darüber hinaus. „Wir
geben alle erdenklichen Hilfen,
sind rund um die Uhr für
Lehrstellensuchende da. Erfolg
stellt sich aber nur dann ein,
wenn eine 100-prozentige Be-
reitschaft und der Wille zur
Ausbildung bei den Jugendli-
chen da ist. Und die jungen
Menschen sollten immer daran
denken: Es ist nicht unser Er-
folg, sondern der eigene, um
den es hier geht!“
14 junge Leute haben sich trotz intensivster Bemühungen der HwK-
Berater nicht mehr gemeldet oder waren nicht zu erreichen bzw. ha-
ben auf Nachfrage Gründe für das Nichtantreten oder den kurzfristi-
gen Abbruch von Praktikum oder Lehrstelle angegeben, „die uns
mehr als nachdenklich gemacht haben“, so die Berater und schildern
einige ihrer Erfahrungen, „bei denen wir an Grenzen gestoßen sind“.
„Wir sagen es hier und heute
ganz deutlich: Im Bezirk der
Handwerkskammer Koblenz
gibt es keinen Lehrstellengau.
Zusammen mit den Betrieben
und den Partnern unserer um-
fangreichen Bemühungen „pro
Lehrstelle“ aus Politik, Kom-
mune, Kirche und Arbeitsver-
waltung haben wir jedem Ju-
gendlichen, der eine Lehrstelle
suchte, einen konkreten Ausbil-
dungsplatz anbieten können“,
so Karl-Heinz
Scherhag, Präsident der HwK
Koblenz, und Karl-Jürgen
Wilbert, Hauptgeschäftsführer.
„Wir können von einem Rie-
senerfolg bei der Vermittlung
Jugendlicher in ihre berufliche
Zukunft sprechen!“
Die Gründe für diesen Erfolg
sieht die HwK “im Engagement
auf allen Seiten, von den Aus-
bildungsberatern und Ausbild-
ungsakquisiteuren der Kammer,
die in engem Kontakt mit Lehr-
stellensuchenden und Hand-
werksbetrieben gleichermaßen
stehen und hier quasi rund um
die Uhr im Einsatz waren, über
die Arbeitsverwaltung bis zum
Pfarrer oder Bürgermeister, die
sich mit ihren Kontakten vor Ort
für zusätzliche Ausbildungs-
stellen starkgemacht haben, vom
Lehrlingswart bis zum Minister,
die ihre Verantwortung für die
Zukunft Jugendlicher sehr ernst
genommen haben. Ein ganz gro-
ßes Lob sprechen wir unseren
Handwerksbetrieben aus. Sie
haben mit ihrem Ausbildungs-
engagement den Grundstein für
denErfolg gelegt, sindwie in den
Jahren zuvor ihrer wirtschaftli-
chen und gesellschaftlichen Ver-
antwortung mehr als gerecht ge-
worden!” Ein Ergebnis: In der
LehrstellenbörsederHandwerks-
kammer
sind aktuell über 80 freie Lehr-
stellen in 35 Berufen gemeldet -
von A wie Anlagenmechaniker
für Sanitär,- Heizungs- und Kli-
matechnik bis Z wie Zupf-
instrumentenmacher.
Zahlen sprecheneindeutigeSpra-
che. Nach der jüngsten Offensi-
ve, der „Chancengarantie 2003“,
nennt die HwK Koblenz Zahlen:
324 Jugendliche, die bis zum 30.
September bei der Arbeitsver-
waltung ohne Lehrstelle und mit
dem Wunsch nach einer hand-
werklichen Ausbildung gemel-
detwaren,wurdendurchdieHwK
eingeladen. “Es ging uns an die-
sem Tag nicht nur um Beratung
oder das Gespräch mit den Ju-
gendlichen, sondern um ganz
konkrete Angebote, um die di-
rekte Vermittlung in ein Prakti-
kum oder Ausbildungsverhält-
nis”,fassenScherhagundWilbert
das Ziel der Chancengarantie zu-
sammen. 182 Jugendliche sind
zur Handwerkskammer oder in
ihre regionalenAnlaufstellen ge-
kommen. 17 von ihnen haben
bereits einen Lehrvertrag unter-
schrieben, 73 werden momentan
durchdieAusbildungsberaterder
HwK betreut, 39 davon haben
ein Praktikum in Unternehmen
angetreten. 78haben sich für eine
andereberuflicheLaufbahnent-
schieden.
Oberregierungsrätin Bettina Winter (mi.), Beauftragte der Staatskanzlei
Rheinland-Pfalz für arbeitsmarktpolitische Fragen, übernahm im HwK-
Citybüro in Koblenz die Aufgaben eines Lehrlingscoaches.
„Wer Intere
soll eine Ch
Tischlerei Balzar aus D
Rund 12.000 Jugendliche im
nördlichen Rheinland-Pfalz
legen derzeit mit einer Ausbil-
dung im Handwerk den Grund-
stein für ihre berufliche Zu-
kunft. Mit ihrer Initiative „Aus-
bildungsbetrieb der Woche“
würdigt die HwK Koblenz das
vorbildliche Ausbildungs
engagement ihrer 17.500
Mitgliedsbetriebe.
Sie sichern mit einer Ausbildung
denqualifiziertenNachwuchs für
das Handwerk. Die neue Ini-
tiative hat bereits
ein Riesenecho
hervorgerufen.
Unser aktuel-
ler „Ausbil-
dungs-
be-
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