Handwerk Special Nr. 82 vom 15. August 2001 - page 17

l des Deutschen Bundesta-
kerplan.
nks ein Klappbett mit
pinnt auf 10 qm, rechts
ge Hauptstollen im Bunker-
d oder E-Karren befahren.
bunker junge Leute aus: Sanitär-
und Heizungsbauer, Klima- und
Lüftungsbauer,Elektriker,Schlos-
ser. In riesigen Werkstätten – im
Verhältnis zu anderen Räumen
des Schutzbaus – wurde ge-
schweißt, gebogen, gelötet, ge-
bohrt. Schaltschränke von der
DimensioneinesReisebussesver-
sorgten alle Bereiche mit Strom,
Dieselmotoren lieferten imErnst-
fall Energie. Hier arbeiteten so-
gar Kfz-Mechaniker.
Tunnel-Flitzer
Einer, der ineinemsolchenKraft-
werk für den runden Lauf der
Aggregate sorgt, ist Schlosser-
meister Karl-Heinz Knebel. Der
61Jährige erlebte seinen Berufs-
start im Bunker 1963 – mitten in
der Bauphase. Ab 1970 gehörte
er zum festen Inventar, tief unter
dem Weinberg. Verantwortlich
war er für die Mobilität im Berg:
22 Elektrokarren mit 50 Anhän-
gern – ähnlich der Kofferwagen
auf Flughäfen – und über 180
Fahrräder sowie die Verbren-
nungsmotoren standen unter sei-
nem Kommando. E-Karren und
Fahrräder waren quasi die Tun-
nelflitzer in den Röhren mit 5
MeterDurchmesser, die zumTeil
zweigeschossig und auf beiden
Ebenen mit Räumen und Sälen
ausgebaut waren.
Alle zwei Jahre der Ernstfall
Alle zwei Jahre kamLeben in die
unwirkliche Bunkerszenerie, die
U-Boot-Atmosphäre ausstrahlt.
Dann stand im Rahmen eines
NATO-Programms der Ernstfall
auf der Tagesordnung. Innerhalb
von30MinutenmusstendieBon-
ner Bunkernutzer das Haupttor
passieren, wurde das ganze Sy-
stemmit seinen über 30 Ausgän-
gen innerhalb von 20 Sekunden
mit einem einzigen Knopfdruck
„dichtgemacht“. Laute Warn-
hupen, rote Blinkleuchten. Fünf
Sekunden später sprangen die
RelaissteuerungenindenSchrän-
ken neben jeder Tür an, schlos-
sen und verriegelten Hydraulik-
pumpen über die großdimen-
sionierte Mechanik alle Türen
und machten die Anlage zu ei-
nem der abgeschiedensten Orte
der Erde.
Stille Nacht
Doch so bedrückend das Szena-
rio auch heute noch wirken mag
- imBerg ging das Leben und der
Alltag weiter. Bernd Schröder:
„Die Übungen waren eine ange-
nehme Abwechslung, die Leute
nichtdüsteroderkriegsversessen.
Es war eine Übung - das hieß
auch gutes Essen, Gespräche, Er-
läuterungen zu unserer Arbeit.“
UndderHandwerkererinnertsich
anmancheWeihnachtsfeier: Stil-
le Nacht ausgerechnet an einem
Ort, an dem es meistens ruhig
zugeht und immer dunkel ist. „Es
gab bunt geschmückte Tannen-
bäume, ein Glas Wein, Geschen-
ke unter Kollegen.“ Erinnerun-
gen, und Bernd Schröder gibt auf
die Frage nach seinen Gefühlen
mit Blick auf das baldige Ende
unumwunden zu: „Man könnte
heulen.“ Für den Lauf der Ge-
schichte ist es ein Riesenerfolg,
das nun Handwerker und nicht
Soldaten die als uneinnehmbar
geltende Festung „erobern“ und
der Arbeitsplatz nie seine Be-
stimmung in letzter Konsequenz
wahrnehmen musste.
Doch noch sind die Lichter in
dem Tunnellabyrinth nicht erlo-
schen: Die Arbeit der letzten
Handwerker im „intakten“ Bun-
kerwird fließend indie derHand-
werker übergehen, die mit dem
Rückbau in den nächsten Tagen
beginnen. „Würden einfach alle
Maschinen abgestellt, würde das
WasserdenBunkerkampflosein-
nehmen, 300.000 Liter täglich
hineindrücken.“ Das Wasser ist
auch der Grund für die aufwendi-
ge und kostenintensive Baumaß-
nahme: Es würde in jede Ecke
der Anlage vordringen, eineVer-
unreinigung des Grund- und
Quellwassers nach sich ziehen.
Damit die „Rückbauer“ arbeiten
können, muss also der Koloss am
Leben erhalten werden, und das
so lange, bis alles, vom komple-
xen Kraftwerk bis zur kleinsten
Kabelspange abgebaut ist. Dafür
müssen die Tunnel entkernt wer-
den,Ausgänge gesprengt, die rie-
sigenBunkertore zerlegtwerden.
Noch viel Arbeit in einem Berg,
der seinen Inhalt in Pension
schickt...
Nach-
geschaut
Wie sieht ein „normaler“ Bunker von innen
aus, wofür ist er heute noch da?
Über50JahreFriedeninDeutsch-
land - und doch gehören Bunker
zum Stadtbild. So auch in Ko-
blenz. 15 öffentliche Schutzräu-
me mit fast 13.000 Plätzen gibt
es heute in der Stadt, einige wie
der imInnenhof Friedrich-Ebert-
Ring sind längst von Pflanzen
bewachsen und fallen - trotz sie-
benMeter Höhe - kaumnoch auf.
Gebaut im zweiten Weltkrieg,
dient die Anlage heute auch dem
ZivilschutzbeiKatastrophen.Die
spartanische Einrichtung ist für
10 Stunden Verweildauer ausge-
legt, Betten oder Stühle gibt es
nicht. Vorhanden sind u.a. Luft-
filtersysteme, drucksichere Tü-
ren. Auch hier wurdenHandwer-
ker aktiv. So installierte das Ko-
blenzer Elektrounternehmen
Pretz vor Jahren eine neue Be-
leuchtungsanlage, die regelmä-
ßig gewartet wird.
Ein viergeschossiger Hochbunker mitten in Koblenz (Friedrich-Ebert-Ring): Wandstär-
ke drei Meter, Panzertüren aus Stahl, 453 Schützplätze für 10 Stunden.
Bunker - Verbindung aus Handwerk, Architektur und Funktion
15. August 2001
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