Handwerk Special Nr. 86 vom 17. April 2002 - page 13

HwK Koblenz rückt schwarzen Schafen auf den Pelz
17. April 2002
Nr. 86
Die wirtschaftliche Lage in
Deutschlandistangespannt,das
ist keinGeheimnis. Nicht zuletzt
die konstant hohe Zahl an Ar-
beitslosen verursacht die derzei-
tigeKonjunkturdelle.EineBran-
che dagegen boomt, doch mit
der lässt sich die Misere nur
schwerlich beheben: die Schat-
tenwirtschaft. Nach Experten-
schätzungen werden im illega-
len Wirtschaftssektor jährlich
etwa 350 Milliarden Euro er-
wirtschaftet, das sind 16 % des
Jahreshaushaltes der Bundes-
republik. Und die Tendenz ist
steigend.
Am stärksten betroffen
Auch das Handwerk in unserer
Region ist in starkemMaße von
derSchwarzarbeitbetroffen.Den
Statistiken zufolge insbesonde-
re der Bereich Bau und Ausbau,
also u.a. das Maler- und Lackie-
rer-, Maurer- und Betonbauer-,
Installateur- und Heizungsbau-
er- sowie das Dachdecker-
handwerk. Daneben werden in
den Gewerken des Kfz- und
Friseurhandwerks die meisten
Fälle von Schwarzarbeit akten-
kundig. Hier tummeln sich die
„schwarzen Schafe“, die ohne
Eintrag in der Handwerksrolle
und Meisteranstellung Dienste
anbieten. Hinzukommt, dass die
Schattenwirtschafter weder
Lehrlinge ausbilden noch Sozi-
alabgaben leisten. Konsequenz:
Der volkswirtschaftliche Scha-
Schwarzarbeit schadet allen!
HwK Koblenz geht entschlossen gegen „schwarze Schafe“ vor
„Schwarzarbeit darf sich
nicht lohnen!“
Seit Dezember 2001 liegt ein
neuer Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Be-
kämpfung der Schwarzarbeit
vor. Wie beurteilen Sie als
Präsident der HwK die dort
vorgeschlagenen Schritte?
Generell begrüßt das Hand-
werk die Idee des Gesetzes,
schärfer gegen illegale Be-
schäftigung und Schwarzar-
beit vorzugehen. Denn eins
ist klar: Schaden wird vor-
allem den ehrlichen Betrie-
ben zugefügt, die Unter-
höhlung des Prinzips der
sozialen Marktwirtschaft
trifft die gesamte Volkswirt-
schaft. Einige Punkte des
Entwurfes halte ich jedoch
für mehr als fragwürdig, so
etwa die Generalunterneh-
Im Gespräch mit HwK-Präsident Scherhag
Karl-Heinz Scherhag (MdB), Präsident der HwK Koblenz, sieht in
der stärkeren Verfolgung von Schwarzarbeit eine nachhaltige
Entlastung des Mittelstandes und fordert: „Schwarzarbeit darf sich
nicht lohnen!“
merhaftung. Hier hat das
Handwerk Alternativ-Vor-
schläge gemacht, die Risiken
minimieren und Bürokratismus
verhindern.
Den größten Anteil an der
Schattenwirtschaft hat das
Bauhandwerk. Gerade dieser
Bereich hat auf der anderen
Seite unter der konjunkturellen
Lage zu leiden. Wo sehen Sie
den Zusammenhang?
Solange sich das Arbeiten
„ohne Rechnung“ für den
Auftraggeber lohnt, lässt sich
an diesem Zustand wohl auch
mit höheren Bußgeldern und
ähnlichen Maßnahmen nichts
ändern. Denn die Ursachen für
Schwarzarbeit liegen im We-
sentlichen in hohen Lohn-
nebenkosten und Steuerab-
gaben begründet. Ein Bei-
spiel: Um auf ein Nettojah-
reseinkommen von 23.765
Euro zu kommen, müssen
legal 40,50 Euro, illegal
15,10 in der Stunde verlangt
werden. Nimmt man als
Bauherr das billigere Ange-
bot an, fördert man wiederum
illegale Beschäftigung, ist
mitverantwortlich für ein
geringes Lehrstellenangebot
und höhere Arbeitslosigkeit
in diesem Sektor. Ein Teu-
felskreis der nur durchbro-
chen werden kann, wenn
nicht weiter an der Abgaben-
und Steuerschraube gedreht
wird. Und eines sollte auch
der „Auftraggeber“ beden-
ken: Den Ausfall an Steuern
muß auch er mit aufbringen.
den ist immens. Ein Zustand,
der den ehrlichen Betrieben gro-
ßen finanziellenSchadenzufügt,
den fairen Wettbewerb verhin-
dert und für dieHandwerkskam-
mern unhaltbar ist. Aus diesem
GrundarbeitenauchfürdieHwK
Koblenz professionelle Ermitt-
Schwarzarbeit:
Kein Kavaliersdelikt
16 % des offiziellen Brutto-
inlandsprodukts, rund 350
Milliarden Euro, erbringt die
Schattenwirtschaft jährlich in
der Bundesrepublik. Damit
steht Deutschland im G 7-
Vergleich hinter Italien und
Spanien an dritter Stelle. Seit
1995 ist dies eine Steigerung
um100MilliardenEuro. Den
Löwenanteil (133Mrd. Euro)
daran hat der Bereich Bau-
wirtschaft,gefolgtvonTrans-
portgewerbe und Autorepa-
raturen (60 Mrd. Euro). Bei
der Fahndung der Delikte
wurden im Jahr 2000 von der
Bundesanstalt für Arbeit ins-
gesamt 340.000Bußgeldver-
fahren eingeleitet und Buß-
gelder in Höhe von 309 Mil-
lionen DM verhängt.
Daten & Fakten
ler, die die illegalen Dienstlei-
ster aufspüren. Nach § 17 Abs. 1
HwOhabendieHandwerkskam-
mern das Recht zur „Durchfüh-
rung handwerksrechtlicher Be-
triebsprüfungen“. Einer dieser
AußendienstmitarbeiteristKlaus
Clemens (Name v. d. Red. geän-
dert). Handwerk special beglei-
tete den pensionierten Polizei-
oberkommissar, Experte in Sa-
chenBetrug undWirtschaftskri-
minalität und zuletzt in diesen
Kommissariaten tätig, bei einem
seiner Einsätze.
Professionelle Ermittler im
Einsatz
Es mutet ein bisschen wie
im Krimi an, wenn Klaus Cle-
mens sich an eines seiner rund
120 Beobachtungsobjekte im
Jahr „herantastet“, wie er es im
Fachjargon ausdrückt. Am„Tat-
ort“ beobachtet er dann zunächst
aus der Distanz, ob bei dem ver-
dächtigen Betrieb tatsächlich
Fahrzeuge und Arbeiter in Be-
wegung sind, oder ob „die Lage
ruhig“ ist. Bestätigt sich auf die-
se Weise, dass tatsächlich gear-
beitet wird, obwohl dies nicht
der Fall sein dürfte, macht der
ehemalige Polizist Fotos. Der
Grund ist einfach: „Geräte und
Arbeiter können im Nachhinein
leicht ‚verschwinden‘. Beweis-
sicherung ist daher das A und
O“, erläutert Klaus Clemens.
Erfolgreiche „Spürarbeit“
Wenndie ermittlungstechnische
Vorarbeit geleistet ist, steht das
Gespräch mit den Handwerkern
imMittelpunkt. Erhärtet sich die
Vermutung des Ermittlers, leitet
erweitereSchritte über dieHwK
ein, die ihrerseits die Fälle an die
staatlichenErmittlungsbehörden
weitergibt. Dort wird die Arbeit
zwischen Finanzämtern, Ar-
beitsämtern und Kreishandwer-
kerschaften koordiniert. Dass
man es mit der Ahndung dieser
Delikte ernst meint, bestätigt ein
Rückblick auf das vergangene
Jahr: Je nach Höhe und Ausmaß
der Tätigkeit, ggf. nach Berech-
nung des wirtschaftlichen Vor-
teils, wurden Strafen zwischen
500 Euro und 100.000 Euro ver-
hängt.
Schwarzarbeit
Info-Tel.: 0261/398-202
Was ist Schwarzarbeit, wie
wird gegen sie vorgegangen,
welche Strafen gibt es?
Aufgabe der HwK ist es
auch, darüber zu informieren
und Hinweisen auf Schwarz-
arbeit nachzugehen.
Infos bei der HwK-Rechts-
abteilung:
Tel.: 0261/398-202
Fax: 0261/398-983
E-Mail:
HwK-Infostelle
1...,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12 14,15,16,17,18,19,20,21,22
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