Handwerk Special Nr. 72 vom 3. Januar 2000 - 100 Jahre Handwerkskammer Koblenz - page 14

SpätestensseitmanvonDingen
des täglichen Bedarfs verlang-
te, nicht nur funktionstüchtig,
sondernauchästhetischanspre-
chend zu sein, ist Design mehr
als nur eine Nebensache.
Um so mehr, als gutes Design
Dinge nicht allein schön, son-
dern auch sicher und benutzer-
freundlich macht und damit
deren Absatz fördern kann.
Design ist ein echter Wirt-
schaftsfaktor. Deshalb rief das
rheinland-pfälzische Wirt-
schaftsministerium1994fürden
Bereich „Produktdesign“ den
Designwettbewerb des Landes
ins Leben für Serienprodukte
aus Handwerk und Industrie,
die sich durch hervorragende
Gestaltung auszeichnen.
Zu denen, die in diesem Jahr
aus der Hand von Wirtschafts-
ministerHans-ArturBauckhage
Designpreis und Anerkennun-
gen entgegennahmen, gehören
zwei Handwerker aus dem Be-
reich der HwK Koblenz: der
Schmuckgestalter Hansjörg
Beck aus Kirchen-Freusburg
und Tischler Gregor Sommer
aus Breitscheid.
Hansjörg Beck, der in den 70er
Jahren Schmuckdesign an der
Fachhochschule für Gestaltung
in Schwäbisch-Gmünd studier-
te, erhält die Anerkennung für
seine „Tourbilons“:witzige,mit
Hilfe modernster Lasertechnik
des HwK-Metall- und Techno-
logiezentrums ausEdelstahl ge-
schnittene „Lichtspiele“, die
sich je nach Bewegung und
Lichteinfall ständig verändern
und reizvolle Reflexe zaubern.
Unverkennbar ist die Vorliebe
Becks, der mit dem Keramiker
Rainer Aepfelbach die „Kunst
am Bau“ bei der Erweiterung
des HwK-Bauzentrums gestal-
tet, für Geometrisches, das nie
kalt oder nüchtern wirkt, son-
dern immer mit spielerischem
Witz ausbalanciert wird.
Gregor Sommer empfängt eine
Anerkennung für seinen edlen
und funktionalen Kochtisch.
Der aus Holz gearbeitete, volu-
minöse Tisch mit seinen zahl-
reichen Schubladen in bester
handwerklicher Verarbeitung
steht für das Bemühen, Möbel-
stücke von zeitloser Eleganz
und ausgeklügelter Funktion zu
schaffen.
Informationen
zum Design-
preis, Galerie Handwerk,
Tel.: 0261/398-277,
Fax: -993, e-mail:
Int.:
Zeitlos-funktionelles Design,
perfekt behandelteundgeschlif-
fene Oberflächen: Gregor Som-
mer stellt sich täglich den Her-
ausforderungen in Holz mit be-
merkenswerter Konsequenz.
Kompromisslose Qualität und
handwerkliche Präzision bis ins
Detail. Das hat sich rum-
gesprochen: Kunden kommen
von Frankfurt, Düsseldorf und
Berlin. Junge Leute aus ganz
Deutschland wollen im Wester-
waldihrHandwerkerlernen.Auf
den ersten Blick scheint Breit-
scheid im Kreis Neuwied eine
abgeschiedene Gemeinde zu
sein. Näher betrachtet blühen
hier dieGewerbegebiete auf.Die
verkehrstechnischgünstigeLage
und die Nähe zur Millionenstadt
Köln eröffnen dem Mittelstand
positive Zukunftsperspektiven.
DennochistGregorSommer,der
in Verwaltung, Planung und
Marketing tatkräftig von seiner
Frau Barbara unterstützt wird,
aufdemTeppichgeblieben.Kein
Wachstum um jeden Preis, da-
für aber gute Entwicklungs-
möglichkeiten für die drei Ge-
sellen und drei Lehrlinge - und:
Kundennähe.Obwohlerdieneue
Werkstatt erst 1995 eröffnete,
sucht man bei Sommers vergeb-
lichcomputergesteuerteMaschi-
nen zur Serienherstellung. „Mit
unserenKundensuchenwir nach
einmaligen, direkt auf sie zuge-
schnittenenLösungen,wobei die
gesundeundökologischverträg-
licheHolzbehandlung selbstver-
ständlich ist“.
Design und Funktion
Besonders die ausgeklügelten
Möbel haben es den Auftragge-
bernangetan.DennSommer ent-
wirft nicht nur alles selber, son-
dern nimmt den Begriff „zeit-
los“ wörtlich: Schon beim er-
sten Federstrich macht er sich
Gedanken, wie er die Stücke
„unverwüstlich“ gestaltet. Bei
Küchenausstattungen etwa kann
das nur heißen: Stahlarmie-
rungen, die - völlig unsichtbar -
für Stabilität sorgen und Verfor-
mungen des Holzes ausschlie-
ßen, so dass Schubladen und
Schränke noch nach Generatio-
nen aufgehen, wie sie sollen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass
das Holz sich der Technik unter-
werfen muss. Der Meister will,
dass das Holz lebt, sich verän-
dert und mit der Zeit einen un-
verwechselbarenCharakterent-
wickelt. Deswegen lackiert er
Oberflächen nicht, sondern be-
handelt sie mit speziellen Ölen,
die das Material schützen und
Langlebigkeit garantieren. Sei-
nen Kunde empfiehlt er massi-
ve Stücke aus Hölzern der Re-
gion, zum Beispiel Ahorn, Ei-
che, Buche und Kirsche.
Dass die Sommers heute so er-
folgreich sind, liegt nicht nur
am handwerklichen Können,
sondern auch an der effektiven
Öffentlichkeitsarbeit: Sie stel-
len auf publikumswirksamen
Messen wie der MESSE AM
RHEIN: Handwerksmesse Ko-
blenz aus. Besonders stolz ist
das Ehepaar darauf, sich 1997,
1998 und 1999 für die Ausstel-
lung „Form“ qualifiziert zu ha-
ben, die Teil der internationa-
len Messe Frankfurt ist. Die
Bewerberliste ist lang. Wer
letztlich ausstellen darf, ent-
scheidet eine Expertenjury -
auch darüber, wer den einzigen
bundesoffenen, den hessischen
Staatspreis bekommt. Und da
hat Gregor Sommer bereits
mehrere Male den Sprung in
die engere Wahl geschafft.
Die sprichwörtliche Präzision
kommtnichtvonungefähr:Gre-
gor Sommer wagte früh den
Blick über den berühmten
Tellerrand, seine Ausbildung
führte ihn über das Lahntal in
den BayerischenWald, wo sein
Einsatz 1984 mit dem Gesel-
lenbrief belohnt wurde. Dort
verbrachteerauchdie Gesellen-
zeit, wo er seinWissen über die
Denkmalpflege im Handwerk
vertiefte. Dann ging’s auf die
Staatliche Meisterschule in
Saarbrücken, die er imJuli 1988
mit demMeisterbrief abschloss.
1989 eröffnete Gregor Sommer
in Neustadt/Wied seine erste
Werkstatt.
VonAnfangan stellte sichSom-
mer dem Wettbewerb. Schon
1985 gab’s auf der Münchner
Handwerksmesse für Sommers
Arbeitgeber den Bayrischen
Staatspreis.DieAusführungdes
Objektes - ein großer Küchen-
schrank - lag bei dem damali-
gen Gesellen Gregor Sommer.
1989 folgte die Auszeichnung
durch die Stiftung für Begab-
tenförderung imHandwerk.Ein
entscheidender Schritt gelang
mit der Aufnahme in den Bun-
desverband des Kunsthand-
werks, die denen vorbehalten
bleibt, die das kritische Urteil
einer Jurybestehen. Immerwie-
der beteiligt sich Sommer an
Ausstellungen und feilt am äu-
ßeren Erscheinungsbild seines
kleinen, aber feinen Unterneh-
mens, das bereits zweimal den
Messepreis der Koblenzer
Handwerksmesse erhielt.
Die attraktive Präsentation und Werbung ist Gregor Sommers logi-
sche Ergänzung zu handwerklich ausgefeiltem Design.
Arbeitsplanung und Lagebe-
sprechung: Gregor Sommer
bezieht seine Mitarbeiter ein.
Am 1. April 1900 setzt
Kaiser Wilhelm II. die
Regelungen der
Novelle zur Gewerbe-
ordnung in Kraft; 17
Tage später schon
wählt die konstituie-
rende Sitzung der
Vollversammlung der
„Handwerkskammer
zu Coblenz“ Bäcker-
meister Anton Neid-
höfer zum ersten
Kammervorsitzenden.
14.1
April 1900 – Erste Vollversammlung der Handwerkskammer
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...50
Powered by FlippingBook