Handwerk Special Nr. 72 vom 3. Januar 2000 - 100 Jahre Handwerkskammer Koblenz - page 13

152 Jahre ist es her, da
wanderte Engelbert Kraus-
kropf, seines Zeichens ein
Bendorfer Tischler, der
seine Werkstatt in der
Bachstraße hatte, in die
Vereinigten Staaten aus. Er
landete in Texas und sattel-
te dort beruflich noch ein-
mal um, lernte Büchsenma-
cher und Waffenschmied
und das augenscheinlich so
gut, dass die von ihm gefer-
tigten Waffen heutzutage
als Sammlerobjekte hoch
geschätzt sind. Aber selbst
wenn Krauskropf der
Tischlerei in der Neuen
Welt untreu wurde - seine
Werkstatt gibt es in Ben-
dorf immer noch.
Und immer noch liegt sie in
der Bachstraße 54. Nur der
Besitzer hat, logischerweise,
gewechselt, seit den 50-er Jah-
ren dieses Jahrhunderts arbei-
tet hier die Familie Beeskau,
Vater Helmut und, seit Ende
der 70-er Jahre, auch Sohn
Ralf.
Helmut Beeskau haben Krieg
und Vertreibung aus Stettin an
den Rhein verschlagen. „Erst
sindwir inSchleswig-Holstein
gelandet, aber da war in der
Tischlerei nicht viel los, dafür
gab es zu viel Bauern, die alles
selber machen wollten. Später
war ich in Lüneburg, wo ich
auch meinen Meister gemacht
habe, in einem Betrieb, der
sich auf Apotheken- und La-
boreinrichtungen spezialisiert
hatte, und auf diese Weise bin
ich dann insRheinland gekom-
men,“ erzählt Beeskau. InBen-
dorf heiratete er eine Tochter
des Tischlermeisters Eduard
Schwerter und übernahm spä-
ter dessen Betrieb. „Der war
auch vorher schon praktisch
immer durch Einheiraten wei-
ter gelaufen, daher die ständi-
ge Änderung des Namens.“
Wanderbuch aus alter Zeit
Engelbert Krauskropf war je-
denfalls wohl durchaus nicht
der erste, der in der Bachstraße
mit der Tischlerei begann.
Nicht umsonst tragendieBrief-
bögen und Rechnungen den
Vermerk „Gegründet 1775“.
„Dieses Datum können wir
Der erste Tag nach der gro-
ßen Datumsumstellung ist
sein erster Tag als Selbstän-
diger. Der Neuwieder Tisch-
lermeister Kai Schütz über
seine guten Gründe und
Hoffnungen, als „Jungun-
ternehmer“ ins neue Jahr-
tausend zu starten.
Erst mal will er als Einmann-
betrieb arbeiten, denn unnöti-
ge Risiken möchte er vermei-
den, niemanden einstellen, den
er nach ein paar Monaten wie-
der entlassen muss, weil es an
der Arbeit und am Geld fehlt.
Kai Schütz peilt den 1. Januar
eher vorsichtig an, wenn er of-
fiziell dieTischlerei seinesVa-
ters Dieter in der Neuwieder
Beringstraßeübernimmt, inder
er bisher mitgearbeitet hat.
Der Gründer
„ihrer“ Werk-
statt suchte sein
Glück in der
„neuen Welt“,
sie haben es in
ihrer Arbeit in
heimischen
Landen gefun-
den: Helmut
Beeskau und
Sohn Ralf,
beides Tischler-
meister.
Auch wenn der Betrieb eine
lange Tradition besitzt –Groß-
vater Philipp gründete ihn vor
100 Jahren -, bei den Aufträ-
genmüsseman heute überwie-
gend kurzfristig kalkulieren,
derAusfall beispielsweise grö-
ßerer Aufträge könne schnell
Probleme verursachen. Dem
will er durch kluge Beschrän-
kung und ein möglichst breit-
gefächertes Angebot aus dem
Weg gehen. „Wir können alles
machen, Innenbausbau, Türen
und Fenster, Möbel anfertigen
oder restaurieren.“ Dass ihm
gerade das Möbelbauen viel
Spaß macht, beweist seinMei-
sterstück, einVitrinenschrank.
„In diese Richtung möchte ich
mich stärker engagieren.“
Seit über 150
Jahren ist in
der Bendorfer
Bachstraße das
Tischlerhand-
werk zuhause.
Der Gründer,
Engelbert
Krauskropf,
wanderte in die
USA aus.
Heute arbeiten
in der
Traditions-
werkstatt Vater
und Sohn
Beeskau.
zwar nicht hundertprozentig
anhand von Urkunden belegen,
aber mein Schwiegervater hat
es so schon von seinen Vorfah-
ren erzählt bekommen,“ erläu-
tert Helmut Beeskau und holt
zur Bestätigung gleich einige in
der Familie überlieferte vergilb-
te Urkunden und Dokumente
aus der Schublade, darunter das
Wanderbuch „des Tischlerge-
sellen Carl Heinrich Götz“,
1822 geboren, von „mittlerer
Statur“, „starkerNase“ und „ge-
sunder Gesichtsfarbe“, wie das
kleine Büchlein verrät.
1841 ging er auf die Walz, quer
durch das Land, Chemnitz,
Dresden, Meißen, Bayreuth,
Augsburg, Hof, Hamburg. Die
letzte Eintragung findet sich
vom21. April 1853 inNeuwied;
da war Götz immerhin schon
fast in Bendorf angekommen.
benbei gearbeitet und war ei-
gentlich Bauer, denn rings um-
her waren in dieser Straße frü-
her viele Bauernhöfe.“
Spuren der Vergangenheit
Wer suchet, der findet sie denn
auch überall in der Werkstatt,
die Spuren der in die vorigen
Jahrhunderte zurückreichenden
Vergangenheit, alte Werkzeu-
ge, Bohrer, Sägen, mit denen
man sich einst die Bretter zu-
„Schauen Sie sich doch mal die
Mauern hier an,“ zeigt Beeskau
senior, der trotz seiner 72 Jahre
noch immer im Betrieb mitar-
beitet („Ich wüsste sonst ja gar
nicht, was ich machen sollte!“)
auf das Mauerwerk im ältesten
Teil der Werkstatt, bei dem
durch den Putz überall die ur-
sprünglich verwendetenBruch-
steine durchgucken. „Die war
zunächst sicher nicht größer als
dieser kleine Raum, vielleicht
hat der erste Tischler nur ne-
recht schnitt, Profilhobel z. B.,
die Ralf Beeskau gleich einmal
ausprobiert. „Funktioniert im-
mer noch ganz gut, wenn auch
ein bisschen langsam, damals
hatte man halt mehr Zeit.“ Und
arbeitete nicht mit Spanplatten,
sondern mit solidemHolz, weil
die Dinge, die man beim Tisch-
ler fertigen ließ, auchmöglichst
lange leben sollten und muss-
ten. Beeskau junior, der bei sei-
nem Vater in die Lehre ging
und zu Beginn der 90-er Jahre
seinenMeister machte, setzt für
die Zukunft in jedem Fall wei-
terhin auf ein möglichst breites
Angebot von Produkten und
Dienstleistungen, von Fenster
und Türen bis hin zu Möbeln
und Aufarbeitungen.
Die nächsten Meistervor-
bereitungskurse für Tisch-
ler: Am 28. Januar beginnt
ein Kurs in Teilzeit in
Koblenz; am 6. November
ein Kurs in Vollzeit. Der
nächste Vorbereitungskurs
für Tischler in Rheinbrohl
startet am 26. Januar 2001.
Infos und Anmeldung bei
der HwK-Meisterakademie,
Tel.: 0261/398-400, Fax: -
Seit 1848 wird regel-
mäßig die Einrich-
tung von Handwerks-
kammern gefordert.
Die Grundlage dafür
schafft die Novelle zur
Gewerbeordnung, die
am 25. Juli 1897 ver-
abschiedet wird. Sie
definiert die Voraus-
setzungen für die Ein-
richtung der Hand-
werkskammern und
deren Aufgabenkreis.
14.1
26. Juli 1897 – Handwerkerschutzgesetz für Kammergründung
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