Handwerk Special Nr. 61 vom 3. April 1998 - page 19

Senioren im Handwerk
Der 69jährige Buchbindermeister Josef Kneip
Buchbinder Josef Kneip legte
vor mehr als 40 Jahren seine
Meisterprüfung ab.
„Opa, Du schaffst es!“ Motivation für
den Senior unter den ‘Jungmeistern’,
Kfz-Mechaniker Ernst Bardey.
Ernst Bardey
aus Bad
Kreuznach feierte am8.März
seinen 55. Geburtstag. Der
Kraftfahrzeugmechaniker-
meister ist der älteste ‘Jung-
meister’, der am29.März seinen
Meisterbrief erhält.
„Mein Wunsch war es immer,
selbständig zu sein“, so der Kfz-
Mechanikermei-
ster.PrivateUm-
stände hinderten
den fünffachen
Familienvater
undmittlerweile
dreifachen Opa,
dieMeisterschu-
le früher zu be-
suchen.
Nach der Lehre
betreute er zu-
nächst 10 Jahre
die Zivilfahr-
zeuge der ameri-
kanischenStreit-
kräfte in Bad
Kreuznach. „Ei-
ne spannende
Aufgabe, aber
der Wunsch
nach Selbstän-
digkeit blieb“,
erinnert er sich.
Seinem Traum
ein Stück näher
kam Ernst Bar-
dey, als sich ihm
„Jungen Meistern, die sich
selbständigmachenwollen, lege
ich drei Dinge ans Herz: Er-
stens, sei sparsam. Das Geld,
dasDuverdienst, darfstDunicht
ausschließlich für Deinen per-
sönlichen Bedarf ausgeben. Du
mußt immer wieder in Deinen
Betrieb investieren, um auf dem
Laufenden zubleiben. Zweitens,
schau nicht auf die Uhr. Wer
selbständig erfolgreich sein
möchte, demdarf nicht die Stun-
de schlagen.Wer den geregelten
Feierabend liebt, soll die Hände
von der Selbständigkeit lassen.
Drittens, wähle einen Lebens-
partner, der mitzieht. Sonst ist
Unzufriedenheit in der Partner-
schaft vorprogrammiert“, so Jo-
sef Kneip, Buchbindermeister
aus Koblenz. Der 69jährige
Handwerksmeister hat selbst
nach diesen Grundsätzen gelebt
und ist „anständig damit gefah-
ren.“
1929 wurde Josef Kneip in Ko-
blenz geboren. Weil es in sei-
nem Wunschberuf, Uhrmacher,
1943 mit der Lehrstelle nicht
klappte, folgte er demRat seiner
Mutter und wurde Buchbinder.
„Der Spruchmeiner Mutter, den
sie von einem befreundeten
Buchbinder gehört hatte, klingt
mir heute noch im Ohr: ‘Ich
schwinge jeden Tag den Ham-
mer und spüre am Abend keine
Ermüdung.’ Mutter wollte, daß
ich es leichter habe als ihr Vater,
der den Schmiedehammer
schwang.“ Kriegsbedingt
mußteKneip die Lehre un-
terbrechen,
setzte sie
1945 fort
und ver-
brachte sieben Gesel-
lenjahre imLehrbetrieb.
Anschließendzoges den
jungen Mann auf die
Walz.„DieErfahrun-
gen, die ich wäh-
rend dieser Zeit in
unterschiedlichenBe-
trieben im grafischen
Handwerkgemachthabe,
möchte ich nicht missen“, erin-
nert er sich. Jungen Handwer-
kern, die sich selbständig ma-
chen möchten, empfiehlt er,
ebenfalls erst das Rüstzeug da-
für in unterschiedlichen Firmen
und Arbeitsgebieten zu erwer-
ben.
1956 legte Josef Kneip die Mei-
sterprüfung ab und eröffnete
1959 im Keller seines Hauses
die erste Werkstatt. Von Jahr zu
Jahr erweiterte er seinen Betrieb
an veränderten Standorten.1989
gründete er eine GmbH und ist
bis heute gemeinsammit seinem
Sohn Markus Geschäftsführer.
Neben seinenSöhnenUlrichund
Volker, die von ihm das Buch-
binderhandwerkerlernten,arbei-
ten noch drei weitere Mitarbei-
ter in der Firma mit.
Goldener Meisterbrief:
„Ehre, wem Ehre gebührt!“
Mit dem Goldenen Meister-
brief ehrt die HwK Koblenz
am 23. September Hand-
werksmeister, die 1947 und
1948 ihreMeisterprüfung bei
derHandwerkskammer abge-
legt haben.
In den Nachkriegsjahren ha-
ben die Handwerkssenioren
ihr meisterliches Können
nachgewiesen und den Titel
eines Handwerksmeisters er-
worben. Sie waren es, die mit
bescheidenenMittelnundun-
ter schwierigenBedingungen
ihre Betriebe wieder in Gang
setzten oder neu gründeten.
Den Handwerkssenioren ge-
die Gelegenheit bot, eine
Tankstelle zu pachten. Der
Vertrag lief 1978 aus. „In ei-
ner Werkstatt als Angestell-
ter wollte ich nicht wieder
arbeiten, deshalb habe ich ei-
nen Ölwechsel-Wartungs-
dienst für Kraftfahrzeuge er-
öffnet“.
AusschlaggebendesMotivfür
den damals 52jährigen, den
Meistervorbereitungskurs bei
der Handwerkskammer Ko-
blenz zu besuchen, war es,
seine Angebotspalette zu er-
weitern und sich somit stär-
ker am Markt zu behaupten.
„Vor allem der betriebswirt-
schaftlicheundrechtlicheTeil
istmirschwergefallen“,räumt
er ein. „Meine Enkel fanden
es echt cool, daß ich wie sie
‘die Schulbank drücken’
mußte. Opa, du schaffst es,
haben sie mir Mut gemacht.
Ich konnte sie nicht enttäu-
schen.“
Jetzt bietet der Kfz-Me-
chanikermeister seinen Kun-
deneinenRundumservicevon
der Wartung bis zur Instand-
setzung ihrer Fahrzeuge.
bührt Dank und Ehre, schrie-
ben sie doch ein Stück Wirt-
schaftsgeschichte unseres
Landes. Die meisten von ih-
nen sind demBeruf weiterhin
verbunden und geben ihre
Erkenntnisse und Lebens-
weisheiten heute gern an die
junge Generation weiter.
Zahlreiche Betriebe und auch
die Selbstverwaltung profi-
tierenvomumfangreichenEr-
fahrungsschatz der Hand-
werkssenioren. Mit der Alt-
meisterfeier will die Hand-
werkskammer Koblenz auch
die Tradition und die Erinne-
rung daran wachhalten.
Beteiligungsmöglichkeiten
bei der EXPO 2000
Der Mittelstand wird in die
Vorbereitung und Durchfüh-
rung der Weltausstellung
EXPO 2000, die vom 1. Juni
bis 31. Oktober 2000 in Han-
nover stattfindet, einbezogen.
Wie die HwK mitteilt, bietet
der Veranstalter gerade dem
Handwerk viele Möglichkei-
ten: vom EXPO-Dienstlei-
stungspool über Projekt-
partnerschaftenbeiKunst und
Kultur bis zum Lizenzneh-
mer und Konzessionär auf
dem Ausstellungsgelände.
Informationen und Anforde-
rung von Unterlagen,
Tel.: 0261/398-131
,
Fax: -997, e-mail:
Internet:
1...,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24,25,26,27,28
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