Handwerk Special Nr. 60 vom 11. Februar 1998 - page 12

International
ie kommen nicht aus dem
Handwerk, doch sie haben
damit zu tun. Sie nehmen
Leitungsaufgaben wahr und
müssen sich erst die notwendi-
gen Strukturen aufbauen. Sie
sind dankbar für je-
denTip, der siewei-
terbringt: Frauen
und Männer aus
Bulgarien lernen
die HwK Koblenz
unddieArbeit in ih-
ren Einrichtungen
kennen, holen sich
Informationen aus
erster Hand. Marie-
la Miteva schreibt
in Handwerk spe-
cial, was sie bei der HwK für
ihre Arbeit erfahren haben:
Ich komme aus Bulgarien und
nehme mit sechs Kollegen aus
Pazardzik an einem Qua-
lifizierungslehrgang bei der
HwK Koblenz teil. Bevor ich
meine Eindrücke vom Besuch
bei der HwKmitteile, stelle ich
mich und das Projekt, in dem
ich tätig bin, vor: Ich bin 28
Jahre alt und in Pazardzik, ei-
ner Stadt zwischen Sofia und
Plovdiv, geboren. 1988 habe
ich das Fremdsprachengym-
nasium ‘Berthold Brecht’ ab-
geschlossen, und ein Jahr spä-
ter begann ich an der Sofioter
UniversitätGermanistik zu stu-
dieren. 1993 erhielt ich ein
6monatiges Forschungssti-
pendiuman der Universität des
Saarlandes.NachdemStudien-
abschluß 1994 nahm ich an
Weiterbildungsmaßnahmen in
Betriebswirtschaft teil. Seit
1995 bin ich als wissenschaft-
licheMitarbeiterinimBetriebs-
beratungsbüro des Deutsch-
BulgarischenAus- undWeiter-
bildungszentrums für moderne
Technologien und kaufmänni-
sche Berufe in Pazardzik tätig,
einem Ausbildungsprojekt des
BulgarischenMinisteriums für
Arbeit und soziale Angelegen-
heiten mit finanzieller Unter-
stützung des deutschen Bun-
desinnenministeriums.
Die Tätigkeit unseres Büros
umfaßt die individuelle Bera-
tungvonExistenzgründernund
vonUnternehmenzurExistenz-
sicherung im wirtschaftlichen
und technischen Bereich, Wei-
terbildungssemina-
re, aktuelle betriebs-
wirtschaftliche In-
formationen und die
Kontaktvermittlung
zwischen bulgari-
schen und ausländi-
schenHandwerkern.
Unsere Zielgruppen
sind hauptsächlich
produzierende Be-
triebe des Hand-
werks undderKlein-
und Mittelindustrie, Betriebe
des technischen Dienstlei-
stungsgewerbes sowie Exi-
stenzgründer dieser beiden
Gruppen.
AufGrundderwirtschaftlichen
Situation in Bulgarien und der
Möglichkeiten, nationale und
internationale Förderprogram-
me in Anspruch zu nehmen,
konzentriert sich unser Ange-
bot auf die Qualifikation und
Beratung. Deshalb war es für
mich sehr interessant, bei der
HwK zu sehen, wie die Be-
triebsberatung organisiert ist.
Mit der HwK vor Ort
Nach der theoretischen Infor-
mationüberdieGrundlagendes
Marketings konnte ichmit dem
HwK-TechnologieberaterRolf
MüllerunddemBetriebsberater
Rolf Weidmann fünf Hand-
werksbetriebe aus unterschied-
lichenGewerkenmit ihren spe-
zifischenProblemen(Personal-
führung, Vertrieb, QM-Syste-
me, Gründung neuer Gesell-
schaft, etc.) kennenlernen. Be-
sonders beeindruckt war ich
vom Vertrauen, das die Unter-
nehmen zu den Beratern ha-
ben. Sie lassen sich auf ihre
Ratschläge ein und sind bereit,
ihre Vorschläge umzusetzen.
Immer flexibel, diszipliniert
und informiert zu sein - das
sind die Eigenschaften, die je-
der Betriebsberater besitzen
muß. Denn außer Fachkennt-
nissen und schnellem Infor-
mationszugriff spielt meiner
Meinung nach die Fähigkeit,
die Leute von der Richtigkeit
eines Weges zu überzeugen,
eine erstrangige Rolle. Wenn
diese psychologische Barriere
zwischen Unternehmen und
Berater überwunden wird, ist
das der erste Schritt für eine
fruchtbare Zusammenarbeit.
Da sich die bulgarische Wirt-
schaft erst entwickelt, wird die
Betriebsberatung eine bedeu-
tendeRollefürExistenzgründer
und kleine private Firmen spie-
len. Ich werde versuchen, die
Erfahrungen, die ich hier ge-
sammelt habe, entsprechend
unseren Bedürfnissen und Be-
sonderheitenanzuwenden.Ger-
ne helfen wir, neue Kontakte
zu bulgarischen Handwerkern
zu knüpfen.
Informationen und
Kontaktadressen beim
HwK-Referat Inter-
nationale Beziehungen,
Tel.: 0261/398-124,
Fax: -997, e-mail:
S
lickpunkt Osteuropa:
Nach der politischen und
wirtschaftlichen Talfahrt
Anfang der 90er Jahre haben
viele ehemals sozialistische
Staaten auch nach der „Wen-
de“ eine wechselvolle Ge-
schichte hinter sich: Regie-
rungen verschiedenster poli-
tischer Richtungen wechsel-
ten, Währungsreformen, In-
flationoder ungeklärteEigen-
tumsrechtebremstendenwirt-
schaftlichenAufschwung.Da-
von besonders schwer betrof-
fen waren große Staatsbetrie-
be, mittelständische Unter-
nehmen erfüllten die markt-
wirtschaftlichen Ansprüche
weitaus besser.
BeimAufbau regionaler, mit-
telständischer Wirtschafts-
strukturen hilft die HwK Ko-
blenzseit1993miteinemBüro
in Sofia, mehrere Berufsbil-
dungsstätten wurden geplant
und mit Hilfe der Bundesre-
gierung gebaut. Heute wird in
diesenZentren der handwerk-
licheNachwuchs ausgebildet,
sowohl in fachlicher wie auch
betriebswirtschaftlicher Hin-
sicht. Diese Zusammenarbeit
fördert, so die HwK, die „Hilfe
zur Selbsthilfe“.
Der Bundesminister für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit,
Carl Spranger, an diesen Pro-
jektenbeteiligt,informiertesich
jetzt vor Ort im bulgarischen
Plovdiv. Sowohl in der Arbeit
imAusbildungszentrumMutz-
po wie auch in künftigen Ge-
meinschaftsprojektenzwischen
der HwK Koblenz, der Stadt
Plovdiv sowieder bulgarischen
Wirtschaftskammer sieht Carl
Spranger eine sinnvolle Hilfe:
An den praktischen Verhält-
nissenorientiertwerdedieWirt-
schaft gefördert. Nach den gu-
ten Ergebnissen, die mit dem
Bau neuer Ausbildungswerk-
stätten erzielt wurden, ist jetzt
die Einrichtung eines Zen-
trums zur Pflege und Restau-
rierung historischer Bauten
geplant. Es soll bei der Erhal-
tung wertvoller Bausubstanz
helfen. Viele der historischen
Bauten müssen in den näch-
sten Jahren einer grundlegen-
den Sanierung unterzogen
werden, um sie vor dem Ver-
fall zu retten.
Dabei wird die HwKKoblenz
ihre Erfahrungen auf diesem
Gebiet und die Ergebnisse der
Arbeit des neuen Herrsteiner
Zentrums für Denkmalpflege
undRestaurierungeinbringen.
Finanziert wird das Bildungs-
zentrum in Plovdiv durch die
Bundesregierung, die Stadt
Plovdiv sowiedas bulgarische
Wirtschaftsministerium. Es
soll Bauhandwerkern, aber
auchArchitektenbei der fach-
gerechten Restaurierung be-
raten und unterstützen.
Bundesminister Spranger: HwK-Initiative in Bulgarien zeigt Erfolge
B
Minister Spranger (Mitte)
bei den Konditoren im Aus-
bildungszentrum Mutzpo.
Lernen die überbetriebliche Lehr-
lingsunterweisung in den HwK-
Berufsbildungszentren kennen:
Bulgarische Ausbilder bei einem
Qualifizierungslehrgang in Koblenz.
Mariela Miteva zur deutsch-bulgarischen Zusammenarbeit
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...28
Powered by FlippingBook