Handwerk Special Nr. 60 vom 11. Februar 1998 - page 19

Nachgelesen
„Gott schütze das ehrbare Handwerk!“
Ich bin auch heute davon
überzeugt, daß die Güte
des Handwerks nicht wegzu-
denken ist und im Gegenteil
sich verbessert und gebraucht
wird!“ August Molz, 96jähri-
ger und außerordentlich rüsti-
ger Schneidermeister aus Idar-
Oberstein verfolgt das Hand-
werk auch heute noch mit wa-
chem Blick.
Für Handwerk special berich-
tet er aus seinem Berufsleben:
„Ich erlernte imWeltkrieg 1916
Mode und Zeitgeist
schlugen sich gerade
im Schneiderhandwerk
stark nieder: Meister-
arbeit von 1951.
bei meinem Vater das Schnei-
derhandwerk. Er war ein be-
gabter Meister und hatte auf
der „Walz“ das Glück, in einer
Hofschneiderei zu arbeiten.
Nach meiner Gehilfenprüfung
August Molz (rechts) mit
seinen Gehilfen in der eigenen
Schneiderei 1941. Da war der
Idar-Obersteiner schon 39
Jahre alt.
Trotz seines
hohen Alters
von 96 Jahren
steht August
Molz fest im
Leben: Er
schreibt
Gedichte und
Geschichten
über die
Geschichte, die
er selbst
mitprägte.
in Trier ging ich ins Saargebiet
in einen der bestenMaßschnei-
derbetriebe für fünf Jahre zur
Weiterbildung. Dann besuch-
te ich die Gewerbeförderungs-
anstalt in Köln für ein Viertel-
jahr und machte am Schluß
1927 meine Meisterprüfung.
Ich lernte dort in demFachleh-
rer einen begabten Kenner der
gesamten Maßschneidereien
kennen und bewundern. Er
entwarf die Schnittmodelle der
gesamtenDamen- undHerren-
schneider Kölns. Er riet mir
auch, vor meiner Selbständig-
keit, sämtliche Arten der Be-
kleidung zumeistern, wie auch
zu einer „Anatomie“ (hier:
Körperlehre für verwachsene
Menschen), wozu ich die Süd-
deutsche Bekleidungsakade-
mieMünchen absolvierte. Hier
wurde bei einerAbformtechnik
dem betreffenden Körper eine
Plastikfolie übergezogen und
darüber mit Pappe eine Büste
vom Körper hergestellt, die es
erlaubte, die Anfertigung des
Kleidungsstücks in Ruhe vor-
zunehmen. Ich ging dann spä-
ter ein zweites Mal nach Mün-
chen zwecks Erarbeitung von
Uniformen und Sportkleidung
aller Art, besonders der Reit-
hosen. Es erfolgte nun meine
Selbständigmachung 1929 in
unserer Stadt. Mit dem Erfolg,
besonders in derDamenbeklei-
dung ging es sofort zügig vor-
wärts. So konnte ich schon
nach einigen Jahren mein ei-
genes Geschäftshaus in der
Tiefensteinerstraße 276 bau-
en, wobei ich stets vier bis fünf
Gehilfen beschäftigen konnte.
Meine Tochter Margarethe
wurde eine begabte Damen-
schneidermeisterin und über-
nahm alsdann diesen Sektor.
Ich kann darauf dankbar und
glücklich hinweisen, daß sie
beiModelehrtagungenmit Vor-
führung ihrer Modelle mehre-
re erste Preise errang.
Ich widmete meine Freizeit
weiterhin in entsprechenden
Kursen der Weiterbildung wie
auch als Modewart der Vorbe-
reitung von Modelehrtagun-
gen.
Meine Bemühungen galten
auch öfter der Bekleidung ver-
wachsener Personen. Um nur
eine zu erwähnen:Mein dama-
ligerArzt, den ich öfter konsul-
tierte, sagte mir, daß er seine
Anzüge in Wiesbaden arbei-
ten ließe. Ich sagte ihm: „War-
um nicht, wenn Sie zufrieden
sind.“ Seine Antwort: „Ich bin
es aber nicht.“ „Und warum
nicht?“ Er erklärte mir: „Bei
meiner Hose rutscht mir die
Mittelnaht immer nach links
über dieGesäßbacken und kei-
neReklamationhatmir bis jetzt
geholfen.“ Bei mir hatte es
gefunkt. Ich erklärte ihm, daß
ich seinen Körper in der Un-
terwäsche sehen muß. Bei ei-
nem entsprechenden Termin
nahm ich Maß von beiden Sei-
ten der Gesäßpartie und stellte
fest, daß seine linke Seite bis
zu acht Zentimeter stärker war
als die rechte, wobei die Linke
sich den Bedarf an sich her-
überzog und die Hosennaht
ebenfalls nach links rutschte.
Ich frug ihn, wie es zu diesem
Zustand kam und er eröffnete
mir, daß dies von einer Kinder-
lähmung stammte. Ich fertigte
zunächst die Hose und als ich
sie anprobieren wollte, bat er
mich - wohl aus Mißtrauen -
hinaus und seine Sprechstun-
denhilfe herein. Sie kam nach
einer Viertelstunde heraus und
klopfte mir auf die Schulter
mit dem Ausruf: „Herr Molz,
Sie haben gewonnen!“
Die neue Ausgabe IV/97 der
Betriebsbörse ist bei der
Handwerkskammer Koblenz
erschienen. Sie faßt die Inse-
rate zusammen, die im vier-
ten Quartal des vergangenen
Jahres eingegangen sind.Die-
ser HwK-Service gibt einen
Überblick zu Angeboten und
Nachfragen von Betriebs-
übergaben, Beteiligungen,
Gewerberäumen und Be-
triebsleiterstellen. Der Inter-
essent erhält einen direkten
undumfangreichenbranchen-
übergreifenden Überblick.
Die Handwerkskammer Ko-
blenz stellt den Kontakt zwi-
schen den Interessenten her.
Neue Betriebsbörse ist da!
Die hier abgedruckten Infor-
mationen sind natürlich auch
sonst bei der HwK-Betriebs-
beratung abrufbar. Sie berät
Anbieter und Suchende in al-
len Fragen der Betriebsüber-
gabe- oder übernahme sowie
der Existenzgründung indivi-
duellundfachkundigzumNull-
tarif.
Informationen zur aktu-
ellen Betriebsbörse gibt
die HwK-Betriebsbera-
tung, Tel. 0261/398- 241,
Fax: 0261/398-994,
Erscheint viermal im Jahr: Die
Betriebsbörse der HwK Koblenz
DieHwK-Schriftenreihe „Leh-
rerinformation“ wird von der
Pädagogischen Anlaufstelle
derHwKKoblenz speziell für
Lehrer aller Schularten her-
ausgegeben.Sieerscheintvier
mal jährlich und ist in ihrer
Art einmalig in Deutschland.
Zetrale Themen widmen sich
der Berufsorientierung in
Handwerk und Wirtschaft.
Handwerksberufewerdenvor-
gestellt und wichtige Adres-
sen aus dem Handwerk für
Lehrer undSchüler veröffent-
licht. Lehrer erfahren so, wel-
che Richtung und Trends die
Berufsentwicklung imHand-
werk einschlägt und können
Lehrerinfos neu erschienen
ihre Schüler bei der Berufs-
wahl aktivunterstützenundbe-
raten. Die „Lehrerinforma-
tionen“ können kostenlos bei
derPädagogischenAnlaufstel-
le der HwK bezogen werden
und sind auch auf dem Markt
der Möglichkeiten (14. + 15.
Februar imMETZ) erhältlich.
Infos: Tel.: 0261/398-342,
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