Handwerk Special Nr. 60 vom 11. Februar 1998 - page 5

Kostengünstiges Bauen
fenen Bereiche durch die Mie-
ter zeigen deren Identifikation
mit der Idee. Durch die Anord-
nung der Balkone werden die
Wohnbereiche erwei-
tert, der Lebensraum
vergrößert. Schlosser-
meister Ottmar Heuser
von der Firma Heuser
& Scherer aus Thür hat die
Geländer aus feuerverzinktem
Stahl gebaut. Auch die filigra-
ne Treppe im Inneren fertigte
er nach Architektenplan: „Die
Ständerstäbe im Geländer sind
aus gelochtem Stahl, und die
blau lackierten Füllstäbe ver-
laufen parallel zum Handlauf.
Das macht den eigenwilligen
Reiz der Treppe aus.“
Die verwendeten Baustoffe
sind traditionelle Materialien
wie Bimsmauerwerk mit Wär-
medämmputz und Holz, die
punktuell durch beschichtetes
Blech ergänzt werden. ImRoh-
bau wurden Betonfertigteile
wie beispielsweise runde Fen-
sterschalungenundBalkonbrü-
stungselemente eingesetzt,was
Kosten spart. Geheizt wird mit
moderner Brennwerttechnik.
Durch das Ausnutzen der Ab-
gaswärme wird eine Energie-
ersparnis von bis zu 15 Prozent
erreicht.
Das Dach rundet die ästheti-
sche Stimmigkeit des Hauses
ab. Die sichtbar belassene, also
statisch „ablesbare“ Holzkon-
struktion mußte so ausgeführt
werden, daß sämtliche Metall-
verbindungen verdeckt wur-
den. Eine anspruchsvolle Auf-
gabe für den Bauingenieur und
gelernten Zimmermann Peter
Müller aus Mendig. „In einer
sehr frühen Baustufe wurde
bereits der Innenzustand der
Decke imDachgeschoß herge-
stellt, Unregelmäßigkeiten las-
sen sich später nicht mehr ver-
Wir sind offener geworden
für das, was nicht die Norm
ist“,beantwortenDirkKeipund
seine Frau Daniela die Frage,
welche Wirkung das Mehrfa-
milienhaus inAndernach-Eich,
in dem sie seit Ende ’97 zur
Mietewohnen,aufsiehat:„Mo-
derne Architektur findet man
im ländlichen Raum kaum.
Viele Menschen reagieren mit
Ablehnung. Viel-
leicht fühltmanch
einer, der vor die-
sem Haus steht,
seine ‘traditionellen’
Werte in Frage gestellt.“
„Die Lage und der Marktbe-
darf gaben die Idee zur
Planung dieses
Mehrfamilien-
wohnhauses“, so
der Andernacher
Architekt Her-
mann Josef Kä-
fer nach Erwerb
desGrundstücks
inEich: „Der
Traum vom
Eigenheim läßt
sich nicht unbe-
schränkt verwirk-
lichen. So ist Individualismus
auch in Mehrfamilienhäusern
gefragt. Imöffentlichgeförder-
ten Wohnungsbau für Famili-
en mit mittlerem Einkommen
bedeutet das eine besondere
Herausforderung für jeden Ar-
chitekten. Man muß die Mate-
rialien kennen, wissen, wieviel
Geldman ausgeben kann. Des-
halb braucht man ein Gespür
für dasBesondere unddennoch
Machbare.“ Das Resultat sei-
nerAuseinandersetzungmitder
Individualität kann sich sehen
lassen: Fünf Wohnungen in ei-
nemHaus von kubischer Form,
das sichdurch ausgefalleneAr-
chitektur und hochwertigen In-
nenausbau auszeichnet. Ent-
wickelt aus einem Highlight:
Die Dachgeschoßwohnung als
Penthouse mit Wintergarten
angelegt und umgeben von ei-
ner 40 m
2
großen Dachterasse.
Blickfang ist eine Wandver-
kleidung ausAlu-Wellprofil an
der Fassade des Dachgeschos-
ses. „Sie ist Wetterschutz und
Fassadenschmuck zugleich.
Technikwird bewußt gezeigt“,
sagt derKlempnermeisterDiet-
rich Werhand aus Neuwied.
Die Philosophie dieses Hauses
beruht auf dem Prinzip, daß
Raum nicht allein in Kubikme-
tern ausgedrückt wird, sondern
eine besondere Wohnqualität
erreicht. Persönlich unter-
schiedliche Gestaltung der of-
ändern“, so Müller. Der An-
dernacher Dachdeckermeister
Anton Elzer hat das Flachdach
durch eine wurzelfeste Folie
mit Wärmedämmung für die
Begrünung vorbereitet. „Eine
Oase für’s Auge“, nennt es
Elzer. Im Vergleich mit der
konventionellenDachdeckung
kann sich die Begrünung mehr
als blicken lassen, denn die
Mehrkosten rentieren sichnach
kurzer Zeit. „Die Heizkosten
sinken, Lärm, Schadstoffe und
UV-Strahlung werden absor-
biert, das gesamte Klima im
Haus verbessert sich“, erklärt
derDachdeckermeister. Er hebt
dielangeLebensdauerder„grü-
nen“ Dächer hervor und ver-
weist auf regionaleBezuschus-
sung.
Die Bauzeit des Fünffamilien-
hauses in Andernach betrug
neun Monate. Die Kosten be-
laufen sich auf 2.200 DM/m
2
,
weniger als die sonst üblichen
Preise im Wohnungsbau. Ar-
chitekt Käfer führt die Kosten-
und Zeitersparnis trotz hohen
Standards in Ausstattung und
Architekturauchdaraufzurück,
daß er das „große Einsatzpo-
tential des Handwerks“ bereits
bei der Planung nutzte. „Per-
sönliche Gespräche mit den
Handwerksfirmen über Aus-
führungsdetailsmotivierenund
sind sehr effektiv.“
Kleine Details, wie nach außen verlagerte
Architektur- und Funktionselemente, geben
dem Mehrfamilienhaus das gewisse Etwas.
Ohne daß ansehnliche Bauweise sich gleich
in hohen Baukosten niederschlagen muß.
Günstig bauen und trotzdem
nicht auf Komfort verzich-
ten? Eine schwierige Aufga-
be für Architekten und Bau-
handwerker.
Der HwK-Arbeitskreis „Ko-
stengünstiges Bauen“ unter
Leitung von Ulrich Brink,
Architekt,Maurermeisterund
LeiterdesHwK-Bauzentrums
hat das Ziel, Architekten und
Bauunternehmer für das The-
ma zu sensibilisieren und Al-
ternativen für das Eigenheim
aufzuzeigen: „Damit können
neue Eigenheimbauer als
Kunden gewonnen werden.
Gedacht ist vor allem an jun-
geLeute undFamilienmittle-
rer Einkommen.“
HwK-Arbeitskreise auf dem
Auch die anderen HwK-Ar-
beitskreise sind auf demMarkt
der Möglichkeiten am 14./15.
Februar im HwK-Metall- und
Technologiezentrum, Indu-
striegebiet Koblenz, vertreten.
Die Themen reichen u.a. von
Arbeitssicherheit und Ausbil-
dung über Kommunalpolitik,
Lasertechnik oder gesunde Er-
nährung, bis zu Messewesen,
Multimedia, Qualitätsmanage-
ment und Partnerschaftspro-
jekte mit dem Ausland.
Der Markt der Möglichkeiten
informiert außerdem über die
mehr als 200 verschiedenen
Aus- undWeiterbildungsange-
bote, die das neue HwK-Wei-
terbildungsprogramm 1998,
das kostenlos angefordert
werden kann, enthält.
Informationen
:
Markt der Möglichkeiten,
Tel.: 0261/398-110,
AK „Kostengünstiges
Bauen, Tel.: 0261/
398-601, Fax: -991,
Internet:
erbindet das Besondere mit dem Machbaren
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