Handwerk Special Nr. 76 vom 16. August 2000 - page 25

1983: Gesellenprüfungen erreichen Höchststand.
„Wernichtsieht,verliertdieDin-
ge, wer nicht hört, verliert den
Menschen” (Immanuel Kant).
Sich dieser Tatsache bewusst zu
werdenforderteAndreasBecker,
GründervonHörakustikBecker,
schon 1925. Denn individuelle
Kundenberatung und hohe
Gerätequalität waren zu seiner
ZeitkeineSelbstverständlichkeit.
Eigenes Labor
Damals war es nämlich noch
üblich, dass Hörgeräte - neben
Schnürsenkeln, BürstenundSei-
fen - an der Haustür verkauft
wurden. EinunhaltbarerZustand
für Andreas Becker, der sich
gleich für hohe Qualitätsmaß-
stäbe aussprach. Und so warnte
er schon 1954, zwölf Jahre, be-
vor der Beruf Vollhandwerk
wurde, in einer Anzeige vor
Haustürgeschäften.Alternativen
„Mecha-
nische“
Hörhilfe
aus dem
Jahre
1950
namens
„KaWe
Ohren-
brille“:
Sie fängt
den
Schall ein
und leitet
die
Wellen
direkt ins
Ohr.
hatte er zu bieten: gut
ausgebildeteMitar-
beiter,
eigene
Sprach-
tests, eine
eigeneReparaturwerk-
statt und ein Labor, in dem die
Hörgeräte den Bedürfnissen der
Kunden entsprechend fertigge-
stelltwurden.Heutewerdendort
Im-Ohr-Geräte selbst gefertigt.
Es verwundert nicht, dass der
engagierte Mann auch maßgeb-
lichander StrukturierungderAus-
bildungs-undMeisterordnungbe-
teiligt war: 1965 war er Grün-
dungsmitglied der „Union der
Hörgeräteakustiker“, aus der
später die Bundesinnung der
Handwerks hervorgegangen ist.
„Die drei Säulen des Betriebs-
erfolges - gut ausgebildete Mit-
arbeiter, fachmännische Bera-
tung und Handwerkskunst - ha-
ben sich bis heute bewährt“, so
Brigitte Hilgert-Becker, Tochter
des „Mannes der ersten Stunde“
und heutige Geschäftsführerin.
Erzählwettbewerb
InderTraditionihresVaterssteht
BrigitteHilgert-Becker,wennsie
sich außerhalb des Alltagsge-
schäftsfürdieBelangeihrerKun-
denunddesHandwerks einsetzt.
Sie hat sich zum75-jährigenBe-
triebsjubiläum einiges einfallen
lassen, sodenErzählwettbewerb
zum Thema „Hören verbindet“,
der bis zum 1. September 2000
läuft. „Erwachsene und Schüler
sind aufgerufen, einen Text über
die verbindende Wirkung des
Hörens zu schreiben“, erläutert
Brigitte Hilgert-Becker.
Hilfe für Betroffene
Als Vorsitzende des „Vereins
für besseres Hören e.V.“ küm-
mert sie sich auch außerhalb ih-
res Berufs um Menschen, die
unter Hörproblemen leiden. Der
Verein bietet zahlreiche Ange-
bote für Betroffene, u.a. Mund-
ablese- und Sprachpflege unter
fachmännischer Betreuung. So
stellt z.B. die Betreuung der Pa-
tienten mit einem Cochlea-Im-
plant (Implantat, das die Hör-
nerven stimuliert) eine wichtige
Aufgabe des Vereins dar: „Die
Implantträger müssen teilweise
das Hören ganz neu lernen, ein
Prozess, dermit einigenSchwie-
rigkeiten verbunden ist und bei
dem Hilfe notwendig ist“, so
Brigitte Hilgert-Becker.
Die „3. Generation“
Um ihre Nachfolge im Betrieb
muss sich die engagierte Frau –
ebensowenig wie ehemals ihr
Vater–keineGedankenmachen:
Ihre beidenKinder Eva undDan,
ebenfalls Hörgeräteakustiker,
sind heute schon Stützen des
Familienunternehmens,dasmitt-
lerweile 38Mitarbeiter beschäf-
tigt und in 11 Filialen im nördli-
chen Rheinland-Pfalz die Fir-
menphilosophie des Gründers
weiterführt.
Was aussieht wie eine
Grubenlampe, ist einer der
ersten „elektroakustischen
Hörverstärker“ aus den 20er
Jahren. Heutige Geräte -
im Bild unten - sind um
ein Vielfaches kleiner
und leistungsstärker.
Die Geschichte der Hörgeräte
ist eine Erfolgsstory, die ohne
den technischen Fortschritt im
20. Jahrhundert undenkbar ist.
Angefangen aber hat alles mit
dem Hörrohr, das so alt ist wie
die Menschheit selbst. Schon
die Steinzeitjäger wussten,
dass hohle Knochen oder Mu-
scheln eine hörverstärkende
Wirkung erzielen. 1613 „er-
fand“ der italienische Hand-
werker Paolo Aproino das
Hörrohr, wie wir es heute
kennen. Bis zum Ende des 19.
Jahrhunderts wurde es stetig
weiterentwickelt, am Prinzip
änderte sich nichts. Dann kam
der Durchbruch: man entdeck-
te die Möglichkeit der elektro-
akustischen Übertragung. Das
erste Hörgerät, das sich dieser
Technik bediente, entwickelte
Bertram Thornton 1896. Es
bestand aus einem Kohle-
mikrofon, einem magnetischen
Hörer und drei Batterien. Ob-
wohl nicht wesentlich effekti-
ver als ein Hörrohr, begann
mit der Erfindung der Anfang
einer neuen Epoche: immer
mehr neue Geräte kamen auf
den Markt. Die Erfindung der
Transistortechnik, die erstmals
die Herstellung von Im-Ohr-
Geräten ermöglichte, stellte
einen weiteren Meilenstein in
der Entwicklung dar. Effekti-
vere Lötverfahren und der
digitale Chip ermöglichten in
den folgenden Jahrzehnten
immer kleinere und bessere
Geräte zu konstruieren, die
kaum noch erkennbar sind
oder allenfalls als Schmuck-
stücke wahrgenommen wer-
den. Die neueste Entwicklung
sind Implantate, die selbst von
Geburt an hochgradig Schwer-
hörigen die Möglichkeit ge-
ben, das Hören zu lernen.
Hör-
akustik
Becker
beschäf-
tigt heute
insgesamt
38 Mitar-
beiter in
11 Filia-
len im
Norden
von
Rhein-
land-
Pfalz.
Mehr Freude am Leben! Mit
einem Aktionstag grüßen am
Freitag, 15. 9., die Gesund-
heitshandwerke. Ganztägig
werden Seh-, Farb- und Hör-
tests durchgeführt. Ebenfalls
wird eine Gangbildanalyse
erstellt. Eine Ernährungs- und
Bewegungsberatung sowie
Möbelberatung für Behinderte
gibt’s ebenfalls. Wer möchte,
kann Körperfett, Blutdruck
und den Cholesterienwert
bestimmen lassen.
6.124 Lehrlinge legen ihre
Prüfung ab, die höchste
Zahl in den 80er Jahren.
Insgesamt werden von
1980 bis 1988 im Kam-
merbezirk fast 50.000 Ge-
sellenprüfungen durchge-
führt. Spitze sind auch die
Ergebnisse, die ein bis
zwei Prozent über dem Bun-
desdurchschnitt liegen.
1...,15,16,17,18,19,20,21,22,23,24 26,27,28,29,30,31,32,33,34
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