Handwerk Special Nr. 76 vom 16. August 2000 - page 18

Joachim Lohner.
Der Hand-
werksmeister aus Polch ist mit
seiner Bäckerei seit Jahren auf
Wachstumskurs: 1998 führte
ihn die „Rangliste“ aller deut-
schen Handwerksbäckereien
auf Platz 63 (48 Shops; 27,4
Mio. Umsatz), ein Jahr später
hatte sich der Polcher mit 49
Shops und 34 Mio. Umsatz
bereits auf Platz 53 vorgearbei-
tet.
Zum Jahresende 2000 sollen
mehr als 60 Shops den Schrift-
zug „Die Lohner´s“ tragen, der
Umsatz die 40 Mio.-Hürde
nehmen. Joachim Lohner sieht
sich und seine 500 Mitarbeiter
dann unter Deutschlands 50
größten Bäckereien.
Wie beurteilt er die künftige
Entwicklung seines Unterneh-
mens? Was denkt er über die
Meinung u.a. von Obermeister
Geisbüsch (im Gespräch rechts
auf dieser Seite), mit dem ihn
ein gutes, kollegiales Verhält-
nis verbindet: „Wer den Weg
zum Filialbäcker geht, ist zum
Wachstum verdammt.“
Joachim Lohner: „Wer auf
Wachstumskurs ist, muss da-
vor keine Angst haben. Wir
werden unser Verkaufsnetz
und die Produktion auch künf-
tig erweitern. Das schließt die
Übernahme von Backunter-
nehmen der Region nicht aus.
Ein Weg also wie der des
Vorzeigebäckermeisters Heiner
Kamps (2000: 4 Mrd. DM
Umsatz)?
Der Weg ist ähnlich, die Di-
mensionierung natürlich klei-
ner. Kamps hat die Zeichen der
Zeit erkannt und Probleme
anderer Backunternehmen
genutzt. Die Marktkonsolidie-
rung wird auch in unserer
Region kommen. Aber gut
geführte Unternehmen mit
guten Produkten und einer
geregelten Nachfolge werden
in diesem Markt erfolgreich
bestehen. Eine Meinung, die
auch Bäcker Kamps vertritt,
dessen Mut und Durchset-
zungskraft ich bewundere.
Hat er Angst, als expansives
Unternehmen selbst einmal
„geschluckt“ zu werden?
Nein, auch hier gilt: Stimmen
Management, Produkte und
Nachfolge, gibt es keine Pro-
bleme. Ich erkenne eine Markt-
konsolidierung, keine Verdrän-
gungsschlacht.
134Meter und34Zentimeterwar
der „Döbbekuche“ lang, den Joa-
chim Lohner zusammen mit sei-
nem Team 1999 zum Kartoffel-
fest inMünstermaifeld gebacken
hatte. Damit hat er nicht nur ei-
nenneuenWeltrekord aufgestellt
und darf jetzt auf einen Eintrag
im Guinness-Buch der Rekorde
hoffen, sondern auch eine ganze
Menge Geld eingenommen. Die
stolze Summe soll demnächst ei-
nemgutenZweck zugeführt wer-
den.
Eine Superlative mehr, die „Die
Lohner’s“ vorzuweisen haben.
Eine weitere ist die Größe des
Unternehmens:DieBrötchen aus
der eigenenBackstubewerden in
49Filialen in einemUmkreis von
60 km verkauft. Bis Jahresende
sollen es 60 Verkaufsfilialen
werden. Damit gehört das Unter-
nehmen zu den führenden Fi-
lialbäckern der Region und in
einer deutschlandweiten Rangli-
ste rangierten „Die Lohner’s“ im
vergangenen Jahr auf Platz 53.
Angefangen hat alles ganz an-
ders.
Wer auf Wachstum setzt, setzt - zwangsläufig - auf Expansion des
Unternehmens. Das schließt auch im Handwerk immer häufiger
neben der Erweiterung des Produktionsstandorts die Filialiserung -
also den Aufbau eines flächendeckenden Verkaufsnetzes - mit ein.
Der Vorteil: Produktionskosten können gesenkt, der Einkauf und die
Lagerbestände optimiert werden. Der Nachteil: Die Logistik muss
stimmen, das Größenverhältnis zwischen Einkauf, Produktion und
Absatz ebenso. Eine Herausforderung, die über die reine „Hand-
werksarbeit“ hinausgeht und vom selbständigen Handwerksmeister
Managementqualitäten verlangt. Stimmen die Voraussetzungen, steht
dem Wachstum nichts im Wege, wird filialisiert und auch über die
Übernahme anderer Betriebe nachgedacht - wie das Beispiel von
Bäckermeister Joachim Lohner aus Polch zeigt.
Geschichte der Bäckerei
1912 erwarb der Großva-
ter von Joachim Lohner
einCaféundeineGast-
wirtschaft in Co-
chem an der Mo-
sel. Als dessen
Sohn Josef Lohner
1950 den Betrieb
übernahm, begann
er erstmals damit,
Bäckerei und Café
zu vergrößern.
Auch für Joachim
Lohner stand früh
fest, dass er das
Bäckerhandwerk
erlernen wollte.
1966gingerbeisei-
nem Vater in die
Lehre, dannachzog
es ihn erst einmal in die Ferne:
„Meine erste Stelle hatte ich in
Bonn, später war ich in Gar-
misch-Partenkirchen und in
Stuttgart bei der Bäckerei Hum-
mel“,erinnertsichJoachimLohn-
er. 1972 machte er seinen Bäk-
kermeister und kehrte in den
elterlichen Betrieb zurück, den
er 1976 nach dem plötzlichen
Tod des Vaters übernahm. „Da-
mals waren wir nur zu sechst,
drei in der Backstube und drei im
Verkauf“, kommentiert der Un-
ternehmensleiter. Heute gehört
dasUnternehmen„DieLohner’s“
mit seinen knapp 500 Mitarbei-
tern zu den bedeutendsten und
innovativsten Großbäckereien
des Kammerbezirks der Hand-
werkskammer Koblenz.
Wettbewerb wagen
Wird gelegentlich Kritik laut,
dass kleine Betriebe sich nicht
gegeneinesogroßeFilialbäckerei
behaupten können? In solchen
Fällen gibt Joachim Lohner zu
bedenken, dass auch er einmal
klein begonnen und sich nur
durch jahrelanges und intensives
Engagement hochgearbeitet hat.
Bis 1991 stand er noch täglich
mit in der Backstube und auch
heute greift er ab und zu noch
einmal selbst zum Teig, wenn
beispielsweise die Zeit drängt
oder Neues ausprobiert werden
soll.
Zufriedene Mitarbeiter
Joachim Lohner weiß, dass sein
größtesUnternehmenskapitalsei-
ne Mitarbeiter sind. „Die Quali-
tät unserer Produkte hängt von
der Zufriedenheit unserer Mitar-
beiter ab.“ Wie eine unabhängi-
ge Agentur ermittelte, können
sich93%derMitarbeitermit dem
Unternehmen identifizieren und
sind stolz auf ihre Leistungen.
Da fällt es auch Joachim Lohner
nicht schwer, stolz auf sein Team
zu sein.Weltrekordversuche und
Betriebsfeiern gehören für ihn
selbstverständlich dazu, zusam-
men mit einer guten Bezahlung,
umMotivationundGemeinschaft
der Mitarbeiter zu stärken. „Und
wenn unsere Produkte von hoher
Qualität sind, ist der Kunde zu-
friedenundkommtwieder“, führt
Joachim Lohner einen seiner
Grundsätze fort. So werden die
Brötchen in der Zentrale nur vor-
bereitet und erst in denVerkaufs-
stellen fertig gebacken. Frische
ist oberstes Prinzip.
Joachim Lohner liegt mit seinem Unternehmen auf Platz
53 in der Rangliste aller deutchen Handwerksbäckereien
- und will sich weiter nach vorne arbeiten. Erfolgs-
garanten sind die Qualität seiner Produkte, motivierte
Mitarbeiter und das flächendeckende Filialnetz, dass er
auch über Zukäufe ausbauen will.
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