Handwerk Special Nr. 76 vom 16. August 2000 - page 32

Zu ihrem 100. Geburtstag
beweist die HwK, wie viel
ihr an Innovation im Hand-
werk liegt durch ein gan-
zes Bündel von Wettbe-
werben. Im Architektur-
wettbewerb geht es um die
Entwicklung eines preis-
günstigen und flexiblen
„Starterhauses“ für den
durchschnittlichen Geld-
beutel, in einem anderen
um die Gestaltung von
Dingen des Alltags.
Es ist einer der vielseitigst ein-
setzbaren Werkstoffe über-
haupt: Kunststoff. Genauso
vielseitig sind die handwerkli-
chen Be- und Verarbeitungs-
möglichkeiten.
Mit dem neuen Kunststoff Cen-
ter geht die HwKKoblenz gera-
de in dieser Technologie ganz
neue Wege: Hier werden Proto-
typen aus Kunststoff gegossen,
Teile wie Fensterrahmen oder
Kunststoffrohre präzise zusam-
mengeschweißt, könnenKunst-
stoffverbindungen auf ihreQua-
lität überprüft werden.
Es vergeht keine Sekunde, und
dort, wo in der Gussform Raum
für das Werkstück war, hat sich
millimetergenau ein neues Pro-
dukt „breit gemacht“. „Geburts-
ort“ ist die Vakuumkammer ei-
ner Spritzgussmaschine imneu-
en Kunststoff Center, das Aus-
gangsmaterial ein Plastik-
granulat, das unter großer Hitze
und Druck in die Form gepresst
wird. Teile mit hochkompli-
zierten Formen (Sicherungs-
und Relaissteckschienen im
Auto oder Griffe für Bohrma-
schinen) lassen sich hier von
einem Original tausendfach
formgenau kopieren- einige der
Arbeitsbereiche im neuen Cen-
ter, das Handwerker schult und
über die Service-GmbH der
HwK auch Aufträge ausführt.
Eine besonders heiße Sache ist
das Schweißen von Kunststoff-
rohren. Hier steht im neuen
HwK-Center eine von nur zehn
Maschinen bundesweit (!), die
Rohre mit einem Durchmesser
von 630 mm und einer Wand-
stärke bis zu 50 mm an den
Enden plan fräst, via Stahl-
scheibe auf 220° C erwärmt und
dann über eine Reihe von Stell-
motoren fixiert und miteinan-
der verschweißt. Moderner
geht’s zur Zeit nicht, wer sich in
Rheinland-Pfalz über Zukunfts-
technologien in der Kunststoff-
bearbeitung informieren will,
wird am Koblenzer HwK-Zen-
trum also nicht vorbeikommen.
nem HwK-Meistervorberei-
tungskurses als Meisterstück.
Materialprüfung wird dabei
nicht nur an Produkten aus dem
eigenen Hause betrieben, auch
die „Fremdüberwachung“ ge-
winnt stetig an Bedeutung. So
ist ein HwK-Experte für die
Qualitätsüberwachung vonErd-
gasleitungen aus Kunststoff in
der Region verantwortlich. Pro-
ben werden vor Ort genommen
und im HwK-Materiallabor un-
tersucht.
Dass mit der Technologie-
offensive im Kunststoffbereich
ein Stück Zukunft bei der HwK
Koblenz bereits heute Realität
ist, beweist der ständig steigen-
de Kunststoffeinsatz, gerade im
Rohrleitungsbau.WederMetall-
noch Betonrohre schaffen die
Haltbarkeitszeiten und sind
weder in der Herstellung noch
beiVerlegen sopreisgünstigwie
Kunststoffrohre.
BeimRecycling sindKunststof-
fe, die chemisch auf einer Koh-
lenstoff-Wasserstoffverbin-
dung basieren, gleichfalls im
Vorteil: Kleingeschreddert las-
sen sich wieder neue Produkte
herstellen. Beim Bau von
Kleinstteilen im Gießverfahren
überzeugen Preis und Qualität.
Kein Wunder also, dass das In-
teresse der Handwerker an dem
jüngsten Technologie-Zentrum
der HwK Koblenz seit dem
Startschuss riesengroß ist. Hier
können verschiedenste Aufga-
ben erledigt, Anlagen und Fer-
tigungsverfahren erlernt und
ausprobiert, Kunststoffver-
arbeitungsaufträge ausgeführt
und der Beratungsservice der
HwK-Experten kostenlos ge-
nutzt werden. Darüber hinaus
kann auch die Qualitätsüber-
wachung beimBau von Versor-
gungsleitungen für Gas-, Trink-
und Abwasser gewährleistet
werden - alles aus einer Hand,
alles unter einem Dach.
Informationen
zu Arbeit und Weiterbil-
dungsangebot des Kunst-
stoff Centers der HwK,
Tel.: 0261/398-110,
Fax: -990, Email:
„Verleihung
des roten
Nagels“,
Erkennungs-
zeichen am
HwK-Neu-
bau, an den
Präsidenten
des Bundes-
instituts für
Berufsbil-
dung (BiBB)
in Berlin,
Prof. Dr.
Helmut
Pütz. In der
Bildmitte:
Folkmar
Kath,
Hauptabtei-
lungsleiter
beim BiBB.
Vielfältige Möglichkeiten der Kunststoffbe- und -verar-
beitung bietet das neue Kunststoff Center der HwK Ko-
blenz: vom Spritzguss in der Vakuumkammer (o.) bis
zum Kunststoffschweißen.
Nach nur 14-monatiger Bau-
zeit fiel der Startschuss zum
Aus- und Weiterbildungs-
betrieb in einem der moderns-
ten Zentren des Handwerks in
Rheinland-Pfalz, dem Neubau
auf dem Gelände des HwK-
Bauzentrums.
Gäste aus Politik undWirtschaft
zeigten sich bei der Eröffnung
von der technologischen Ein-
richtungunddemErscheinungs-
bilddesNeubaus überzeugt. Auf
2100 Quadratmetern und drei
Etagen entstandenWerkstätten
für Maler und Lackierer, die
Kunststoffbe- und -verarbeitung
und die theoretische Ausbil-
dung.
Die Ausstattung, die in enger
Abstimmung mit den Fachver-
bänden konzipiert wurde, be-
rücksichtigt neueste Technolo-
gien in den Werkstätten und
Schulungsräumen. Finanziert
wird der neue Teil des Bau-
zentrums - Gesamtinvestition
mehr als acht Mio. Mark - durch
dieBundesregierung (50%), das
Land Rheinland-Pfalz (20%)
und die HwK.
Zur Eröffnung begrüßten die
„Hausherren“, Hwk-Präsident
Karl-Heinz Scherhag (MdB)
undHauptgeschäftsführer Karl-
Jürgen Wilbert, den Präsiden-
ten des Bundesinstituts für Be-
rufsbildung, Prof. Dr. Helmut
Pütz, und den Ministerialdiri-
gent imWirtschaftsministerium
des Landes, Dr. Wolfgang
Hielscher. Die symbolische
Schlüsselübergabe nahmArchi-
tekt Günter Heinrich vor.
Die neue Einrichtung ergänzt
die bestehenden Aus- und
Weiterbildungsmöglichkeiten
von Bau-, Metall- und Techno-
logiezentrum, Zentrum für Um-
welt und Arbeitssicherheit und
Schweißtechnischer Lehran-
stalt. Bei den Ausstattungs-
komponenten setzt dieHwKauf
Synergieeffekte vor Ort. Die
Werkstätten „der kurzenWege“
ermöglichen eine berufsüber-
greifendeVerbindung verschie-
dener Einrichtungen.
2000: Wettbewerbe zur Innovationssteigerung.
Größte Biegemaschine
Auch das, was bei den HwK-
Experten verbunden wird, lässt
sich anschließend auf seineHalt-
barkeit untersuchen. Das Prüf-
labor unterzieht Werkstoffe
Zug- und Biegebelastungen bis
zu 5 Tonnen. Aufgrund ihrer
Erfahrungen in der Praxis ha-
ben dieKoblenzerKunststoffler
eine Biegemaschine mit flexi-
bler Winkeljustierung entwik-
kelt, die es so kein zweites Mal
in Deutschland gibt. Bis zu 20
Tonnen Pressdruck werden
selbst größte Rohre auf ihre
Haltbarkeit an den Schweißnäh-
ten „abklopfen“. Gebaut wird
die neue Superpresse von ei-
HwK-Präsident Karl-Heinz
Scherhag (MdB) begrüßt die
Gäste zur Eröffnung.
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