Handwerk Special Nr. 76 vom 16. August 2000 - page 28

80er Jahre: Für Kreativität im Handwerk.
17.500 Handwerksbetriebe haben derzeit ihren Sitz im nördlichen
Rheinland-Pfalz. Jeder achte Betrieb, das sind 12 Prozent oder ca.
2.100 Betriebe, wird von Frauen geführt. Die Tendenz ist seit Jah-
ren steigend.
Doppelmeisterin: Susanne Höchst,
27 Jahre, Damenmaßschneider-
und Raumausstattermeisterin
„Eigentlich haben meine beiden
Berufe sehr viel gemeinsam.Das
stilvolle Gestalten dominiert,
sowohl im Schneider- als auch
im Raumausstatterhandwerk.
Dabei versuche ich in individu-
ellem Beratungsgespräch die
Wünsche der Kunden und mei-
ne Ideen unter einenHut zu brin-
gen, auch wenn ich mal wider-
sprechen muss. Schließlich
möchten meine Kunden ihren
persönlichen Stil unterstreichen
und sich von der Masse abset-
zen“, erklärt SusanneHöchst aus
Dreisbach.Die27-jährigeallein-
erziehende Mutter ist Damen-
maßscheider-
und Raum-
ausstatter-
meisterin.
Angefangen hat
ihre berufliche
Karrieremit einer
Lehre als Beklei-
dungsschneiderin in einem In-
dustrieunternehmen. „Leider
habe ich nach demRealschulab-
schluss keine Lehrstelle bei ei-
ner Schneidermeisterin in der
Umgebung gefunden“, erinnert
sie sich. Ihr Faible für Mode, für
Stoffe und flippige Accessoires
wollte sie aber unbedingt zum
Beruf machen. „Ich habe mich
schon als Kind immer gern ver-
kleidet.“Während der Gesellen-
zeitlern-
te sie in der Frei-
zeit von
einer Schneider-
meisterin ver-
schiedenste
Hand-
werkstechnikenwie
Knopflöcher ste-
chen und mit der
Handpikieren. „In
der Industrie ge-
schieht dies alles
maschinell.“
BeimBesucheiner
Schnittschule in
Frankfurt bekam
sie das Feeling für
passendes Design
und den richtigen
Schnitt - der Startschuss für das
eigene Unternehmen. 1995 leg-
te sie die Meisterprüfung ab.
Vom Gardinennähen zum
Raumausstattermeisterkurs
„Ich wollte nur einen Gardinen-
nähkurs besuchen“, beschreibt
sie ihren Start ins Raumausstat-
terhandwerk, das heute ihr zwei-
tes Standbein ist. „Mit Farben
und Formen stylen, mit Ideen
spielen, um eine attraktive Op-
tik zu erzielen, fasziniert mich
beiMenschundObjekt gleicher-
maßen. Ich habe vier Monate
täglich bis abends spät geübt.
Boden gelegt, Stühle gepolstert
und Wände bespannt.“ Der Ein-
satz hat sich gelohnt. Seit De-
zember 1999 ist SusanneHöchst
auchMeisterin imRaumausstat-
terhandwerk.
Die Geburt der Tochter verän-
derte auch ihrBerufsleben. „Wie
geht es weiter mit Kind?, fragte
ich mich. Von morgens bis
abends als Bekleidungsschnei-
derin zu arbeiten war nicht mehr
möglich. Deshalb habe ich das
Damenmaßschneiderhandwerk
zum Haupterwerb gemacht.“
Zusätzlich bietet sie ihre Diens-
te als Raumausstatterin an. In
ihrem Haus hat sie sich zwei
Werkstätteneingerichtet. Susan-
ne Höchst hat keine Probleme
sich von der Anprobe eines Bla-
zers auf das Anbringen vonGar-
dinenstangen umzustellen. Mit
der Nadel geht die zierliche Frau
genauso geschickt um wie mit
der Bohrmaschine. „Meine Ar-
beit ist nie langweilig. Wichtig
ist, dass ich mir als Selbständige
meineZeit super einteilenkann“,
betont die handwerkliche Dop-
pelmeisterin.
„Mein Beruf erfordert Einfüh-
lungsvermögen“, betontAugen-
optikermeisterin Eva Kapsner
aus Adenau. „Ich möchte mei-
nen Kunden helfen gut zu sehen
und attraktiv auszusehen. Ich
kenne die aktuelle Brillenmode
und habe einen Blick, welches
Gestell am besten zum Kunden
passt“, schätzt sie ein.
EvaKapsner, 39 Jahre,AugenoptikermeisterinausAdenau
Eva Kapsner erinnert sich an
ihre Augenoptikerlehre nach
dem Abitur in Bonn. Sie denkt
an den Ausbildungsbetrieb, in
dem sie auch ihre Gesellenzeit
und ihre erstenMeisterjahre ver-
bracht hat. „Ich war vor allem
für Werbung und Ausbildung
zuständig.“ Da es sich um eine
Filialkette handelte, war sie heu-
te hier und morgen dort. „Solan-
ge man allein lebt, geht das“,
sagt sie. Die Geburt ihrer Toch-
ter war auch beruflich ein Wen-
depunkt. In einemGespräch mit
dem Betriebsberater der HwK
Koblenz informierte sie sichum-
fassend über die Existenzgrün-
dung. 1997wagte siedenSchritt.
Sie übernahm eine Filiale ihres
Lehrbetriebs. Ein Geselle unter-
stützt dieMeisterin imGeschäft.
Zur Zeit bildet sie einen Lehr-
ling aus. „Die Selbständigkeit
habe ich noch keinen Tag be-
reut“, so die Augenoptikermei-
sterin heute. „Der Umsatz ist
zwar geringer als erwartet. Im
Augenoptikerhandwerk dauert
es aber auch ungefähr vier Jahre,
bis ein Ersatzkauf einer Brille
erfolgt“, sagt sie. Sie sieht sich
als „Brillenpsychologin“ und
möchte durch individuelle Be-
ratung neue Kunden gewinnen.
Auf Handzetteln und selbst ent-
worfenen Plakaten weist sie auf
ihrenspeziellenService,dieFarb-
undStilberatung bei Brillen, hin.
Im Vordergrund steht natürlich
auch bei Eva Kapsner das Glas
mit demrichtigenSchliff für bes-
seres Sehen oder die entspre-
chenden Kontaktlinsen.
Die Brille ist für Eva Kapsner (links) Gestaltungs-
element, das ins Gesicht passen muss.
Susanne
Höchst
betreibt als
zweifache
Meisterin zwei
Werkstätten
für zwei
Handwerke.
Die HwK Koblenz unterstützt ExistenzgründerInnen durch ein
umfassendes Informations-, Beratungs- und Qualifizierungsan-
gebot. In einem persönlichen Gespräch können betriebswirtschaft-
liche Fragen, z. B. zur Erstellung des Unternehmenskonzeptes,
Möglichkeiten öffentlicher Fördermittel, betriebliche und private
Versicherungen, erörtert werden. Infos: Tel.: 0261/398-257, Fay:
994, Email:
HwK-Betriebsberatung hilft beim Start
Die HwK richtet in diesem
Jahr die Eröffnungsveranstal-
tung des 14. Jugend-Länder-
Cups der Deutschen Behinder-
ten-Sportjugend aus. Die Teil-
nehmer sind am Donnerstag,
den 14. September, 19.00 Uhr
zu einem Empfang eingeladen
Grillen, Luftballonaktion,
Tanzeinlage der Rollsuhl-
tanzgruppe der RSG Koblenz,
Kistenklettern mit einem Team
des Jugendrotkreuzes runden
die Veranstaltung ab.
„Im Handwerk ist Musik“,
„Kunsthandwerk und Ar-
chitektur“, „Handwerk
und Gesundheit“. Einige
der Ausstellungen, die die
HwK seit den 70er Jahren
in ihrer Galerie Handwerk
zeigt. Ohne Angst vor
Grenzüberschreitungen
begegnen sich hier Kunst
und Handwerk.
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