Handwerk Special Nr. 73 vom 16. Februar 2000 - page 9

Mai 1900 - HwK-Vorstand tagt im Ballotagesaal
Der Zugang ist ein bisschen
versteckt. Ein imposanter Tor-
bogen, ein Hof, an der Tür ein
Schild, das auf Fotostudio und
Fotogalerie hinweist. Hat der
zunächst leicht verunsicherte,
suchende Besucher einmal die
Tür geöffnet, merkt er dann
schnell, dass er an der richtigen
Adresse ist.
Fotos überall, Fotos schon im
geräumigen Treppenhaus, erst
recht im Studio, im Büro, in al-
len Nebenräumen, darunter eine
ganze Serie mit Motiven des ve-
nezianischen Karnevals, ebenso
markante wie kunstvolle Mas-
ken, Vögel. Stimmungsvoll vor
der Kulisse der Lagunenstadt,
dämmrigen Kanälen, noch im
UntergangprachtvollenPalästen
in Szene gesetzt.
Mit einer Ausstellung eigener
Arbeiten weiht Petra Camnitzer
die Räume ein, in die sie erst vor
Informationen
Fotografenhandwerk: Ein
Beruf mit Vergangenheit
und guten Aussichten für
die Zukunft, denn dank
neuer Technologien - so in
der digitalen Bildbearbei-
tung - erschließen sich das
Fotografenhandwerk ganz
neue Möglichkeiten. Das
spiegelt sich auch in den
Unternehmenszahlen wi-
der: 78 Fotografen sind zur
Zeit bei der HwK Koblenz
eingetragen, in ihnen wer-
den 48 Lehrlinge ausgebil-
det. Freie Lehrstellen im
Fünf Wochen nach der ers-
tenSitzungderVollversamm-
lung der „Handwerkskam-
mer zu Coblenz“ versammelt
sich der Vorstand im Bal-
lotagesaal des Katholischen
Lesevereins und entscheidet
u. a. über das Amt des Ge-
schäftsführers.
wenigen Monaten eingezogen
ist, um sich als selbständige Fo-
tografin in Koblenz zu etablie-
ren. Die gebürtige Wiesbadene-
rin („MeinVater kamaus Frank-
furt und war auch, wie sich das
für einen richtigen Frankfurter
gehört, Banker!“) ist Ende letz-
ten Jahres wieder in die Stadt am
Deutschen Eck zurückgekehrt,
wo sie ihre Jugend verbrachte
und ihre Fotografenlehre absol-
vierte. Eigentlich, erzählt sie,
habe sie Kunstgeschichte stu-
dieren wollen, „aber bis zum
Abitur habe ich nicht durchge-
halten“.
Mit Kunst und Kreativität sollte
ihr Beruf aber trotzdem zu tun
haben. Petra Camnitzer machte
ihre Gesellenprüfung und ging
andieFachhochschule fürKunst
und Design in Köln, „lernte viel
von deren damaligem Leiter,
Arno Jansen“, mochte sich auch
damit aber nicht bescheiden,
belegte Seminare in Typogra-
phie und Sachzeichnen. „Ich bin
einunruhiger undunsteterGeist,
der glaubt, er müsse immer noch
etwas anderes machen.“
Nach dem Studium arbeitete sie
als Fotografin bei der damaligen
Landesbildstelle (heute Landes-
medienzentrum), fotografierte,
u. a. für die Reihe „Kunst in
Rheinland-Pfalz“, Kunstwerke,
Architektonisches vor allem,
auchLuftaufnahmen. „Ichkonn-
teganz selbständigarbeiten, des-
halb war das, rückblickend be-
trachtet, eine ausgesprochen
schöne Zeit,“ erinnert sich Petra
Camnitzer. Damals, in der er-
stenHälfteder80-erJahre,mach-
te sie auch ihren Meister als Fo-
tografin, zog dann, als Nach-
wuchs kam, nach Königstein.
„Ich war allein erziehend und da
brauchte ich dieGroßmutter, die
sich mit um meinen Sohn küm-
mern konnte.“ In Königstein er-
öffnetesieeinPorträtstudio, „mit
allem, was dazu gehört, vom
Passbild bis zumHochzeitsfoto,
das ließ sich auch mit der Kin-
dererziehung gut vereinbaren“.
Die Porträtfotografie habe zwar
durchausSpaßgemacht,abervor
ein paar Monaten sei ihr der
Gedanke gekommen, nun in
Koblenz noch einmal etwas an-
deres anzupacken.
Objektfotografiebeispielsweise,
für die ihr großzügiges Atelier
guteVoraussetzungenbietet, an-
spruchsvoll gestaltete Werbe-
oder Architekturfotografie, der
immer noch ihre heimliche Lie-
begilt,ProjektefürKundeneben,
die Wert auf anspruchsvolle fo-
tografische Arbeit legen. Wie
sie selber, und deshalbmacht sie
auch keinen Hehl daraus, dass
siedigitaleBildbearbeitungzwar
durchaus reizvoll findet („Wahr-
scheinlich geht es manchmal
nicht mehr ohne!“), im übrigen
aber für eine Fotografie plädiert,
bei der das Foto als solches noch
erkennbar ist, das Original, das
von der Kunst des Sehens, des
Weglassens, der Perspektive
lebt. Sowie ihre grafischenAuf-
nahmen von Duisburger Indu-
strieanlagen, ihre Venedig-Bil-
der, bei denen die Camnitzer,
Mitglied im Berufsverband Bil-
dender Künstler, mit einer inter-
essanten Technik spielt, von Po-
laroidaufnahmen das Bild vom
Filmmaterial abhebt, auf andere
Untergründe aufbringt, „auf-
pinselt“, fasziniert vom Charme
des Verfallenden. Wie es denn
gerade Dinge mit Vergangen-
heit sind, die sie zur Gestaltung
reizen. Und so bringt sie denn
auch bei einem ihrer Aufträge
für ein Weingut diese Dinge mit
ins Spiel, vereint funkelnde
Weingläser und –flaschen, mit
denen sie an der Hohenzollern-
straße in engster Nachbarschaft
lebt,miteinemmächtigenKeller-
gewölbe, so mächtig wie der
Torbogen,denmanaufdemWeg
zu ihr durchschreitet.
Neuer Stern am Koblenzer Fotografenhimmel: Hand-
werksmeisterin Petra Camnitzer hat sich mit ihrem
Fotoatelier in der Hohenzollernstraße vor wenigen
Monaten selbständig gemacht
„es in
meinem
neuen
Beruf
immer ein
gutes
Gefühl
ist, alten
Häusern
mit eige-
ner Hand
ein neues
Farbkleid
zu geben.“
Rolf Kläser, 33
Jahre, Ausbil-
dung zum Maler
und Lackierer
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