Handwerk Special Nr. 158 vom 24. März 2012 - page 11

aus Mendig. Zusammen mit
seinem Sohn, Zimmerermeister
Florian, und zwei Gesellen
führt er die Firma Holzbau
Stoll. Anfang der 60er Jahre
wurde sie gegründet. Im Haus
Pung errichteten die Zimmerer
unter dem bereits vorhandenen
einen neuen Dachstuhl. „Diese
Maßnahmewar notwendig, weil
die alte Dachkonstruktion die
erforderliche Wärmedämmung
nicht getragen hätte. Immerhin
ist diese 18 Zentimeter dick. Der
dafürbenötigtePlatzwarvorhan-
denundfürdieerforderlicheLüf-
tung ist durch diese ausgefallene
Lösung hinreichend gesorgt“,
erklärt der Fachmann.
Auf moderne Heiztechnik im
altenGemäuer mit 237Quadrat-
metern Wohnfläche braucht die
FamiliePungnichtzuverzichten.
Zentralheizungs- und Lüftungs-
bauermeister Christian Lorenz
aus Thür plante und realisierte
die komplette Hausinstallation
sowie die Installation der Hei-
zungsanlage. Eine moderne
Holzpelletsanlage beheizt 100
Quadratmeter Fußbodenhei-
zung. „Diese hat den Vorteil,
dass sie unsichtbar ist und somit
die gesamte Bodenfläche auch
als Stellfläche genutzt werden
kann“, so Lorenz. Er berichtet,
dass der 2.700 Liter Pufferspei-
cher von einer 38 Quadratmeter
großen Solaranlage versorgt
wird. Selbst die Brunnenanlage
auf demHof konnte wieder akti-
viertwerden.Der 1968vonArno
Lorenz gegründete Meisterbe-
trieb hat seinen Schwerpunkt in
der Altbausanierung sowie in
Planung und Realisierung von
regenerativer Technik. 13 Mit-
Handwerk macht’s möglich: Modernes Wohnen in antiken Mauern
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Nr. 158
24. März 2012
Außen 1834 – drinnen moderne Technik
„Wir sind stolz auf den
ers­ten Platz im Wettbe-
werb ‘Das schöne histo-
rische Haus’, den der
Landkreis Mayen-Koblenz
ausgeschrieben hat“,
freuen sich Stefanie und
Olaf Pung aus Thür. „Der
Preis und der Zuspruch
aus dem Ort bestätigen
uns darin, dass es lohnt,
alte Häuser vor dem Ab-
riss zu bewahren und sie
neu zu gestalten.“
In der Tat, nicht nur dem Stein-
metzmeister und Diplom-Res­
taurator sowie seiner Ehefrau,
einer gelernten Tischlerin und
studierten Innenarchitektin,
gefällt ihr Zuhause. Während
der Kreisbereisung kam die
Jury, der Fachleute aus den
Bereichen Bauen und Denk-
malpflege angehörten, zu dem
Urteil: „Das schönstehistorische
Haus imKreis steht inThür.“Die
Kommission richtete sich nach
Umfang und Ausführung der
Arbeit unddemGesamteindruck
nach der Renovierung.
Als „Liebe auf den zweiten
Blick“, beschreibt Olaf Pung
seine Eindrücke bei der ersten
Besichtigung des Objekts in
Thür. So fanden die Pungs im
Haus insgesamt 26 Räume und
Kämmerchenvor.Vier Familien
hatten hier in Sozialwohnungen
gelebt. Zugemauerte Fenster,
fehlende Heizung, zahlreiche
Anbauten und außen liegende
Rohre schürten eher Zweifel
als Tatendrang. Und trotzdem
wagten sie den Umbau. „Es ist
etwas ganz Besonderes in einem
Hauszuleben,dasbereits1834in
Preisgekröntes modernes Wohnen im alten Gemäuer: Familie Pung verwirklicht ihren Traum
derOrtschronik
erwähntist.Die
Atmosphäre ist
unbeschreib-
l i ch s chön .
Alte Häuser
erzählen Ge-
schichten und
r e g e n z um
Träumen an“,
begründet Ste-
faniePungdiesenSchritt.Und so
schufen sie aus derAnsammlung
unterschiedlicherRäumeaufver-
schiedenenEbeneninunzähligen
Arbeitsstunden, vor allem aber
mit viel Faible für alte Bausub­
stanz, ihr neues Zuhause.
Die finanziellenAufwendungen
zur Restaurierung waren nicht
unerheblich. Die Pungs nutzten
Mittel der Kreditanstalt für
Wiederaufbau (KfW) und eine
Förderung über das Dorferneue­
rungsprogramm. Beide sind sie
aber sicher: Ohne ihre solide
handwerkliche Ausbildung und
das daraus resultierende Fach-
wissenwäre ihr Anteil an Eigen-
leistung nicht möglich gewesen.
„Ohne unsere handwerkliche
Basis hätten wir eher die Finger
vom Umbau gelassen. Aber so
reizte die Aufgabe doppelt.“ So
hat das Paar Nägel mit Köpfen
gemacht. Dreimal war der Hof
von 450 Quadratmetern mit
Schuttgefüllt.ProGeschosssteht
nur noch eine Ursprungswand.
„BauenundErhaltenhatauchmit
Herz und Gefühl, Aufmerksam-
keitundLiebezutun.OhneMühe
und Zeitaufwand geht es nicht“,
sagt Olaf Pung. Als Restaurator
von Skulpturen und Kapitellen
inKirchenundLandschaftsparks
kennt der 43-JährigedieMaterie.
AuchStefaniePung,diemitihren
künstlerischen Fertigkeiten den
Skulpturen ihr Gesicht wieder-
gibt, weiß um die erforderliche
Akribie.
Zwei Dachstühle und ein
aktivierter Brunnen
Die Instandsetzung der alten
Holztragwerke im Thürer Bau
fiel in den Aufgabenbereich von
Diplom-Ingenieur Florin Stoll
arbeiter, darunter ein Lehrling,
bilden das Team.
Werterhaltende
Farbgebung
Malermeister Rudolf Klein aus
Bell verrichtete alle Malerar-
beiten im Altbau. Er grundierte
die Decken und strich sie mit
Kalkputz. Die Wandflächen
wurden mit Gipskarton verklei-
det und verspachtelt, grundiert
und mit Silikatfarbe versehen.
Erführtseinen1984gegründeten
Betrieb mit vier Mitarbeitern.
Es geht
weiter ...
Am Beispiel in Thür wird deut-
lich: Es lohnt sich, behutsammit
alter Bausubstanz umzugehen.
„Das Haus von 1834 ist zu
u n s e r e m
Haus geworden“,
sagen die Eigentümer. Das Ehe-
paar, ihre siebenjährige Tochter
Luzie und der neunjährige Sohn
Anton, fühlen sich rundum
wohl. Helle Wohnräume, eine
moderne Küche ein großes Bad.
Bleiben da noch Träume? „Oh
ja“, so Stefanie Pung. „Erst 180
Quadratmeter Wohnfläche sind
derzeit bewohnt. Da gibt es noch
viel zu tun. Und – ein Atelier im
Schuppenanbau wäre schön“,
lacht die 39-Järige. In jedem
Fall ist das gebietstypisch mit
Basaltschaumlavastein errich-
tete Gebäude ein besonderes
Schmuckstück für den Ort.
Das preis-
gekrönte
Haus in
Thür be-
herbergte
vor einigen
Jahren noch
Sozialwoh-
nungen.
Foto: privat
Bergeweise Schutt entfernten Stefanie und Olaf Pung bei den Umbau- und Reno-
vierungsmaßnahmen aus dem 1834 gebauten Haus.
Foto: privat
Foto: privat
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