Handwerk Special Nr. 60 vom 11. Februar 1998 - page 23

Frauen im Handwerk
Noch bin ich in meinem
Beruf eher untypisch“, sagt
Renate Schäfer, 23 Jahre alt,
Elektroinstallateurmeisterin in
spe und verweist
auf den Meister-
vorbereitungs-
lehrgang, in dem sie die einzi-
ge Frau ist. „Während der Leh-
re als Energieelektronikerin,
Fachrichtung Betriebstechnik,
war ich auch das einzige Mäd-
chen in der Berufsschulklasse.
In der Firma RWE Energie
Rauschermühle, Saffig, in der
ich auch gelernt habe, bin ich
imtechnischenBereichdas ein-
zig weibliche Wesen. Man
lernt, sich durchzusetzen“, fügt
sie hinzu. Sie gerät richtig ins
Schwärmen, als sie von ihren
zahlreichen Aufgaben, bei-
spielsweise dem Aufbau von
speicherprogrammierbaren
Steuerungen, spricht.
Ich bin froh, daß sich alles
so gefügt hat. In meiner
Heimat hätte ich Straßen-
bauerin nie lernen können“,
so die Spanienerin Maria
CarmeRiusTorras ausMann-
heim. Nach dem Abitur be-
gann sie in Barcelona ein
Tiefbaustudium, bevor sie
sich 1988 entschloß, ein Jahr
als Aupair-Mädchen nach
Mannheim zu gehen.
Ihrem damaligen Freund zu-
liebe blieb sie in Deutsch-
land. „Zuerst habe ich daran
gedacht, mein Studium wie-
der aufzunehmen, mich aber
dann für eine artverwandte
Lehre entschlossen. Obwohl
manmirbeimArbeitsamtauf-
grund der körperlichen Ar-
beit von der Straßenbauer-
lehre abriet, habe ich mich
um eine Lehrstelle bemüht.
Einen Randstein aus Granit
setzt auch kein Mann ohne
Hilfe. Auf der Baustelle ist
man doch nie allein“,
erinnert sich die
zierliche29jäh-
rige Frau.
„Man lernt, sich durchzusetzen“
17.012 Handwerksbetriebe
haben derzeit ihren Sitz im
nördlichenRheinland-Pfalz.
2.123, das sind 12,5 Pro-
zent,werdenvonFrauenge-
führt. Diese Zahl ist in den
letzten 15 Jahren kontinu-
ierlich gestiegen. 1981 lei-
teten lediglich 8 Prozent
Frauen einen Handwerks-
betrieb. Bei den von selb-
ständigen Frauen geführten
Betrieben dominieren die
Friseurunternehmen und
Änderungsschneidereien.
Aber auch Bäcker, Kondi-
torenundAugenoptikersind
keine reine Männerdomäne
mehr.
Vormarsch
Ist es schwer, sich bei soviel
Elektronik zurechtzufinden?
Renate Schäfer verneint. „Na-
türlichbrauchtman technisches
Verständnis für die Arbeit im
Elektrobereich. Aber ich habe
schon immer gern knifflige Sa-
chen gemacht und Physik ge-
hörte in der Schule zu mei-
nen Lieblingsfächern.“
Als ihr eine Meister-
stelle in der Firma
in Aussicht ge-
stellt wurde, zö-
gerte sie nicht lang
und meldete sich
fürdieMeistervor-
bereitung an. Die betriebswirt-
schaftlichen,rechtlichenundar-
beitspädagogischen Teile III
und IV hat sie erfolgreich ab-
geschlossen.
Elektroinstallateur-
meisterin in spe:
Renate
Schäfer
Schon als Kind wollte ich
Kfz-Mechanikerin werden.
Das InnenlebeneinesAutos hat
mich einfach interessiert. Mei-
ne Eltern waren aber total da-
gegen, meinten, Technik ist
Männersache“, erinnert sich
Petra Cornely. So kam es, daß
sie nach dem Abitur erst eine
Ausbildung in der Apotheke
und anschließend als Arzthel-
ferin beendete. Richtig Spaß
haben ihr beide Berufe nicht
gemacht. „Weißer Kittel ist
nichts für mich, das läßt sich
schwer erklären“, meint sie.
Als sie den Kfz-Mechaniker-
meister Jürgen Föhr kennen-
lernte, entflammte in ihr nicht
Meistervorbereitung
Am 5. September be-
ginnt bei der HwK Ko-
blenz ein Meistervor-
bereitungskurs Teile I
und II (Fachpraxis &
Fachtheorie) für Stra-
ßenbauer in Teilzeit.
Schon am 27. März startet
der Teilzeitkurs für Kfz-
Mechaniker in Bad Kreuz-
nach.
Alle Meistervorbereitungs-
kurse, die in nächster Zeit
anfangen, auf der Weiter-
bildungsseite.
Infos: Tel.: 0261/398-400,
Fax: -990, e-mail:
Mit der Liebe erfüllte sich auch der Berufswunsch
Auf der Baustelle ist man nie allein
nur die Liebe zu ihm, sondern
auch zu ihrem Berufswunsch
aus derKinderzeit. JürgenFöhr
wurde ihr Ehemannundgleich-
zeitig ihr Ausbilder. In seinem
Betrieb in Cochem-Brauheck
lernte die heute 41jährige das
Kfz-Handwerk. „Das war eine
spannende Zeit, ich hatte
Glück“, erklärt Petra Cornely-
Föhr. Sie räumt ein, daß Mäd-
chen manchmal schwer eine
Lehrstelle in einem kleineren
Kfz-Betrieb bekommen, weil
es dort an so einfachen Dingen
wie beispielsweise Toiletten
fehlt.
Sie selbst wollte sich auf dem
erreichten Gesellenbrief nicht
ausruhen. Wer sie kennt, den
wundert es nicht, daß sie als
Grund für den Besuch der
Meisterschule persönlichen
Ehrgeiz nennt. Den betriebs-
wirtschaftlich-rechtlichen so-
wie arbeitspädagogischen Teil
der Meisterprüfung hat sie be-
reitserfolgreichabgeschlossen.
„Die erworbenen Kenntnisse
kann ich bei der Ausbildung
unserer beidenLehrlingegleich
praktisch umsetzen“, meint die
Meisterin in spe.
Jürgen Föhr ist stolz auf seine
Frau, und auch ihre Eltern ha-
ben ihr Vorurteil, Technik sei
nichtsfürMädchen,mittlerwei-
le revidiert.
„DieAusbildunghatmichfas-
ziniert, zumal wir in Spanien
die duale Berufsausbildung
nicht kennen“, fügt sie hinzu.
Die Gesellenjahre verbrachte
sie in ihrem Ausbildungsbe-
trieb in Mannheim. Um sich
vor allem im betriebswirt-
schaftlichen und rechtlichen
Bereich fundierte Kenntnisse
anzueignen, besucht sie der-
zeit in Vollzeit den Vorberei-
tungskurs auf dieMeisterprü-
fung. „AlsMeister zählt nicht
überwiegend der körperliche
Einsatz. Im Straßenbau wird
heute immer mehr Rücksicht
auf Mensch und Umwelt ge-
nommen.Damußgeplant und
kalkuliertwerden“;erklärtsie.
Bei ihrem Mann, einem Di-
plom-Physiker mit Schwer-
punkt Umwelttechnik, findet
Maria volle Unterstützung.
Während sie im Meisterkurs
lernt, betreut er den einjähri-
gen Sohn.
Kfz-Mechanikermeisterin
in spe: Petra
Cornely-Föhr
Straßenbaumeisterin
in spe,
Maria Carme
Rius Torras
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