Handwerk Special Nr. 173 vom 2. Oktober 2013 - page 16

Netzwerker für den Berufsstand und die Region
16
Nr. 173
2. Oktober 2013
Innungen im Dialog über die Ausbildung in den Bauhandwerken
Wie attraktiv ist die Aus-
bildung in den Bauhand-
werken? Wie gewinnen
sie ihre Fachkräfte von
morgen? Diese Fragen
diskutierten die Innungen
aus den Baugewerken
im Bauzentrum der HwK
Koblenz auf Einladung
der Kreishandwerker-
schaft (KHS) Mittelrhein.
Obermeister, deren Stell-
vertreter oder Lehrlingswar-
te aus den Baugewerks-In-
nungen Rhein-Mosel-Eifel,
Cochem-Zell, Ahrweiler und
Rhein-Lahn,denFliesenleger-,
Stuckateur- und Zimmerer-In-
nungen Mittelrhein sowie der
Straßenbauer-InnungKoblenz
begannen ihren Austausch
mit einem Rundgang durch
das Bauzentrum. In ihren
Werkstätten stellten die Aus-
bildungsmeister der HwK
die aktuellen Lehrgänge im
Rahmen der überbetrieblichen
Lehrlingsunterweisung (Ülu)
vor und zeigten Entwicklungs-
richtungen auf, die den wach-
senden Anforderungen in den
jeweiligen Berufen Rechnung
tragen. Die Ehrenamtsträger
aus dem Handwerk diskutier-
ten in angeregten Gesprächen
neue Lernszenarien, in die
auch das konkrete Erleben der
anwesenden Lehrlinge einfloss.
Beispielhaft beleuchtet wurde
dies bei den Fliesenlegern, die
einen Teil des Berufsschulun-
terrichts in die HwK verlegt
haben, um Theorie und Praxis
imUnterricht intensiver zuver-
zahnen. Oder im benachbarten
HwK-Zentrum für Kunststoff
und Farbe, in dem Kenntnisse
und Fertigkeiten in der Kunst-
stofftechnikvermitteltwerden,
die längst nicht nur im Kanal-
bau Einzug gehalten haben.
Anpacken, nicht nur reden!
„Handwerkliche Betriebe
prägen die Wirtschaft des
ländlichen Raums. Sie
sichern maßgeblich die
Versorgungsstrukturen
und das gesellschaftliche
Leben. Handwerker kön-
nen eine Region stark ma-
chen“, ist Rainer Angsten
aus Mittelstrimmig über-
zeugt. Er weiß, wovon er
spricht. Der Diplom-In-
genieur und Architekt
ist Geschäftsführer der
Angsten Bau GmbH. Er
lebt und arbeitet im Land-
kreis Cochem-Zell.
SeinVater,Maurermeister Josef
Angsten, hat den mittelstän-
dischenBetrieb1951gegründet.
Seit 1996 führt Rainer Angsten
die Geschäfte. Inzwischen hat
er Sohn Hendrik, Maurer- und
Betonbauermeister, mit ins
Boot geholt. Der 35-Jährige ist
nicht nur im Betrieb eine Stütze
seines Vaters, sondern hält ihm
auch bei seiner ehrenamtlichen
Arbeit oft den Rücken frei. Und
die Liste der Ehrenämter, die der
59-Jährige ausübt, ist lang.Unter
anderem ist er bereits seit 1993
Gutachter des Gutachteraus-
schusses für Grundstückswerte
für den Landkreis Cochem-Zell,
Mitglied im Meisterprüfungs-
ausschuss der Handwerkskam-
merKoblenzfürdasMaurer-und
Betonbauerhandwerk sowie
ObermeisterderBaugewerks-In-
nung Cochem-Zell. Seit Mai
2012 ist Angsten auch Kreis-
handwerksmeister (KHM) der
Kreishandwerkerschaft (KHS)
Mittelrhein.
Handwerk ist Motor
der Wirtschaft
„Das Handwerk ist Motor der
Wirtschaft auf dem Land und
hat einen guten Ruf. Zwischen
Rainer Angsten: Unternehmer – Gutachter – Kreishandwerksmeister
Handwerkern und ihrenKunden
herrscht schon eine beinahe
familiäre Situation, die werte-
mäßig über die Jahre gewachsen
ist. Das muss gepflegt werden.
Denn auf dem Land gilt auch
stärker als in der Stadt: Ist der
Ruf einmal ruiniert ...“, betont
Angsten. Die reibungslose Ver-
sorgung zwischen Betrieb und
Kundenmuss gewährleistet sein.
Und so freut es ihn besonders,
dass er im Juli diesen Jahres
zwölf neuen Jungmeistern im
Landkreis Cochem gratulieren
konnte. „Die Meisterbetriebe
tragen dafür Sorge, dass die
handwerklichen Berufe in un-
sererRegionerhaltenbleiben.
Sie sind unverzichtbar für die
wirtschaftlicheEntwicklung,
Beschäftigung und Ausbil-
dung“, so der KHM.
Die Ausbildung ist für ihn,
der selbst zwei Lehrlinge hat,
wichtigesThema.„DieHand-
werksausbildung ist keine
Einbahnstraße auf der man
sich fest fährt. Die Gleich-
wertigkeit beruflicher und
schulischerBildungwurde in
den letzten Jahren ausgebaut.
DerMeisterbriefistlängstmit
demBachelorgleichgestellt“,
so Angsten. Der KHM wirbt
mit der KHS auch in Schu-
len und Veranstaltungen,
so der Ausbildungsmesse in
Cochem, für den Nachwuchs
im Handwerk.
„AlsKreishandwerksmeister
habe ich verstärkt Kontakt
zur Kreisverwaltung und
zum Landrat, der übrigens
immer ein offenes Ohr für
das Handwerk hat, sowie
zu den Verbandsgemeinden
und Schulen. Daher kann ich
Gewerkeübergreifendfürdas
Handwerk sprechen“, schätzt
er ein. Deshalb ist für ihn
der Erfahrungsaustausch unter
den einzelnen Betrieben sehr
wichtig. „Wenn ich weiß, wo
in den Unternehmen der Schuh
drückt, kann ich anpacken und
eventuellWege aufzeigen. Posi-
tiveLösungenmotivierenmich!“
Qualitätssicherung bei
den Mitgliedsbetrieben
Für die Innung geht es dem
Obermeister vor allem darum,
die fachliche Qualität bei den
Mitgliedsbetriebensicherzustel-
len. So organisiert er Seminare,
die den neuesten Stand zur Ar-
beitssicherheit und zu den recht-
lichenVorgabenvermitteln. Erst
kürzlich fand ein Vortrag über
Gewährleistungsansprüche bei
fehlerhaftemMaterial statt. Den
Praxisanteil derWeiterbildungs-
veranstaltungenmöchteAngsten
zukünftig vergrößern.
„Ich bin in einer Handwerker-
familie groß geworden. Das ist
es auch, was mich bewegt, mich
über meine Unternehmertätig-
keit hinaus zu engagieren“, sagt
Angsten. Er sagt dies überzeugt
von seiner Einstellung und sei-
nen Möglichkeiten, aber ohne
Pathos!
Packt in seinem Bau-
betrieb genauso wie im
Ehrenamt tatkräftig zu:
Rainer Angsten aus Mit-
telstrimmig.
Im Bauzentrum diskutierten die Vertreter der Bau-In-
nungen – unter ihnen auch Kreishandwerksmeister
Rainer Angsten (M.) – mit Ausbildern und Lehrlingen.
125 Jahre Kreishandwerkerschaft Mittelrhein
1985:
„Ball des Handwerks“ in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle. Wo bis 1952 (vor Baubeginn
der Veranstaltungshalle) die überbetriebliche Ausbildung in den Bauberufen auf dem
Gelände der 1944 zerstörten „Städtischen Festhalle“ stattfand, schwingen Handwerker und
ihre Gäste nun das Tanzbein. Seit 1949 findet der „Ball des Handwerks“ jährlich statt
und ist aus der Lust nach mehr Geselligkeit in der Nachkriegszeit entstanden. Ein
Jahr später (1950) wird die erste Altmeisterfeier organisiert und führt so jährlich
über 200 verdiente Handwerker zusammen, deren Lebensleistung gefeiert werden.
Foto: KHS Mittelrhein
1...,5,6,7,8,9,10,11,12-13,14,15 17,18,19,20,21,22,23,24
Powered by FlippingBook