Handwerk Special Nr. 173 vom 2. Oktober 2013 - page 10

Ehrenamtlich und überparteilich: Stellen zur Streitbeilegung
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Nr. 173
2. Oktober 2013
Streitschlichter
Nicht immer herrscht „eitel Sonnenschein“ ... das gilt auch
für das zwischenmenschliche Verhältnis am Arbeitsplatz unter
Lehrlingen und Ausbildern. Gibt es hier Ärger, der sich nicht
im Betrieb ausräumen lässt, können für die Problemlösung auch
Lehrlingswarte oder Kreishandwerkerschaften angesprochen
werden. Sollte sich der Streitfall auch so nicht beilegen lassen
und droht eine Eskalation, die eine Einschaltung des Arbeitsge-
richtes bedeutet, gibt es im Vorfeld eine weitere Möglichkeit der
Schlichtung: 25 Innungen haben einen Schlichtungsausschuss für
Lehrlingsstreitigkeiten eingerichtet. Dieser Ausschuss basiert auf
der Handwerksordnung in Verbindung mit der Innungssatzung
sowie dem Arbeitsgerichtsgesetz.
Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen
Auszubildenden und Betrieb übernimmt der
Schlichtungsausschuss den Gütetermin und nach
Anhörung der Parteien wird ein Spruch gefällt.
Seit 2005 hat Hans-Joachim Gans, Direktor des
Arbeitsgerichts Koblenz, ehrenamtlich den Vor-
sitz des Ausschusses für Lehrlingsstreitigkeiten
der Kreishandwerkerschaften Ahrweiler, Mittel-
rhein und Rhein-Lahn inne. Der Ausschuss ist
paritätisch mit einem Vertreter der Arbeitgeberseite und der Ar-
beitnehmerseite besetzt und kann auf umfangreiche Erfahrungen
aus seiner 40-jährigen Tätigkeit zurückgreifen. Die Erfolgsquote
einer Streitschlichtung ist dabei erfreulich hoch und in vielen
Fällen wird bereits im Vorfeld eine gütliche Einigung getrof-
fen. Wird allerdings der Ausschuss für Lehrlingsstreitigkeiten
angerufen und fällt einen Spruch, besitzt dieser „Richter-Quali-
tät“ und ist für beide Streitparteien verbindlich. Die häufigsten
Schwierigkeiten treten nach Verhaltensüberschreitungen der
Lehrlinge auf, die den Ausbildungsbetrieb veranlassen, nach
Abmahnungen eine fristlose Kündigung auszusprechen. Auch
zwischenmenschliche Differenzen sind oft Auslöser von Streitig-
keiten, die dann durch eine unabhängige Stelle wesentlich besser
moderiert und geschlichtet werden können.
Mehr Infos
bei der Kreishandwerkerschaft Mittelrhein,
Tel.: 0261/ 40630-0, E-Mail:
Ausschuss für Lehrlingsstreitigkeiten
Pilotprojekt: Stadtwappen von Koblenz aus Stein gehauen
Sie sind Naturwerksteinmechaniker und haben eine indus­
trielle Ausbildung absolviert. Bei der Handwerkskammer
(HwK) Koblenz legen sie jetzt die Meisterprüfung im Stein-
metz- und Steinbildhauerhandwerk ab. Der Weg dahin führte
über ein Pilotprojekt, das die HwK in Kooperation mit der Be-
rufsbildenden Schule (BBS) Mayen durchgeführt hat.
Parallel zum Blockunterricht
in der BBS konnten die Absol-
venten bei der HwK abends mit
dem Vorbereitungslehrgang
für Teil I (Fachpraxis) der
Meisterprüfung beginnen. Die
sieben Teilnehmer, darunter
eine Frau, mussten im Rahmen
der Meistervorbereitung unter
anderem das Stadtwappen von
Koblenz aus Stein herausar-
beiten. Anschließend können
sie Teil II (Fach­theorie) der
Meisterprüfung angehen. Die
Vorbereitung darauf erfolgt
zunächst als Selbstlerneinheit,
die durch die HwK Koblenz
fachlich intensiv begleitet
wird. Dann folgt bei der HwK
ein Blockunterricht, am Ende
steht die Prüfung.
Infos bei der HwK-Meister­
akademie,Tel.:0261/398-311,E-
Mail:
Es geht auch ohne Prozess!
„In Rheinland-Pfalz gibt
es ein vielfältiges Ange-
bot an außergerichtlicher
Schlichtung, das für un-
terschiedliche Probleme
und Konflikte jeweils ein
passendes Forum zur
raschen und kostengüns­
tigen Bereinigung des
Streits bereitstellt“, so
das Ministerium der Jus­
tiz und für Verbraucher-
schutz Rheinland-Pfalz.
Auch das Handwerk
bringt sich aktiv in dieses
Konfliktmanagement ein.
So arbeitet seit über 40
Jahren die Kfz-Schieds-
stelle – erfolgreich, un-
bürokratisch und für den
Verbraucher kostenlos.
Obermeister Mark Scherhag
spricht voneinemErfolgsmodell
im Sinne beider Konfliktpar-
teien, geht es um die Arbeit der
Kfz-Schiedsstelle der Kraft-
fahrzeughandwerker-Innungen
Mittelrhein und Unterlahn.
Die Schiedsstelle schlichtet bei
Meinungsverschiedenheiten.
Beratungsschwerpunkte sind
dasWerkstattgeschäft sowie der
Gebrauchtwagenhandel. Unter
dem Vorsitz von Richter a.D.
Gerd Schäfer (Neuwied) ver-
mittelt die Schiedsstelle neutral
zwischen Werkstattkunde und
Kfz-Betrieb.
Gebrauchtwagenkäufer können
sich an die Schiedsstelle wen-
den, sofern Sie ihr Fahrzeug
bei einem Mitgliedsbetrieb der
Innung gekauft haben, der mit
dem Meisterschild und dem
Zusatzzeichen „Gebrauchtwa-
genmit Qualität und Sicherheit“
ausgezeichnet ist. Antragsstelle
ist die Kraftfahrzeughandwer-
ker-Innung in Koblenz, die die
Durchführung des Schiedsstel-
lenverfahrens betreut.
Kfz-Schiedsstellen der Innungen vermitteln bei Streitigkeiten
„Kommt einemdieRechnung zu
hoch vor oder bestehen Zweifel
an der Richtigkeit der Repara-
turabläufe? Wenn es Streit mit
der Werkstatt gibt, muss man
nicht gleich vor Gericht ziehen.
Kfz-Schiedsstellen schlichten
in Streitfällen“, so Obermeister
Mark Scherhag. Der Spruch der
Schiedsstelle ist für die Werk-
statt verbindlich, sofern diese
Mitglied der Kfz-Innung ist. Ist
der Kunde mit dem Schieds-
spruch unzufrieden, kann er
weitere juristische Schritte in
Erwägung ziehen. „Meistens ist
der Streitfall mit der Arbeit der
Schlichtungsstelle aber beige-
legt, denn wir erläutern unseren
Ansatz einer Beurteilung und
schaffen für beide Seiten eine
höchstmögliche Transparenz“,
fasst Mark Scherhag die über
Jahre gesammeltenErfahrungen
zusammen – was für die Arbeit
der Kfz-Schiedsstelle spricht,
die als überparteilich auch durch
denKundenwahrgenommenund
respektiert wird. Das spart in der
Folge Kosten für Anwälte oder
mögliche Prozesse, Ärger und
entlastet zudem die Gerichts-
barkeit.
Jährlichwerdenaus demBereich
der rund 250 Meisterbetriebe 40
Verfahren vor der Schiedsstelle
durchgeführt. In über 1.600 Fäl-
lenkonntebeiBeschwerdenüber
Leistungen von Kfz-Betrieben
eine gütliche Einigung erzielt
werden. Um den Verbraucher-
schutz sicherzustellen, ist die
Schiedskommission paritätisch
besetzt, wobei auch der ADAC
und die DEKRA ehrenamtlich
eingebunden sind. h zum Erfah-
rungsaustausch.
Obermeister Mark Scherhag (Mitte) dankt der
Schiedskommission für ihre ehrenamtliche Arbeit,
links neben ihm Richter a.D. Gerd Schäfer.
Foto: Juraschek
Hans-Joa-
chim Gans.
125 Jahre Kreishandwerkerschaft Mittelrhein
nach 1945:
Die Jahre des Wiederaufbaus nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren auch
geprägt von Materialknappheit. Essensmarken bestimmten den Alltag der Menschen,
Bezugsscheine für Benzin, Holz oder Eisen den der Handwerksbetriebe. Die Bezinabgabe
für einen Pkw war monatlich auf 80 bis 100 Liter rationiert – viel zu wenig bei der
starken Nachfrage nach Versorgungs- und Reparaturleistungen. Erst mit der
Währungsreform vom 20. Juni 1948 verbesserte sich die Materialversorgung und die
sanktionierte Ausgabe – wie über Eisenmarken – gehörte bald der Vergangenheit an.
Foto: KHS Mittelrhein
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