Handwerk im Winter vom 8. Dezember 2007 - page 11

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346 Jahre Familienbetrieb Schilz – Von Salzbrandkeramik bis technisches Steinzeug
In Höhr-Grenzhausen hat das Ke-
ramikerhandwerk Tradition. Sie lebt
in den Familienbetrieben, die seit
Jahrhunderten das Westerwälder
salzglasierte Steinzeug herstellen.
Die Wurzeln von Schilz Keramik
reichen bis in das Jahr 1661 zurück.
Harald und Volker Schilz, beide
Diplom-Ingenieure (FH) Keramik,
führen seit 1983 das Unternehmen,
das bis in das 20. Jahrhundert unter
dem Namen Merkelbach in der
Familienchronik steht, in der 11.
Generation. Ersterer leitet Werkstatt
und Produktion, der zweite zeichnet
als Betriebswirt des Handwerks für
Verkauf undVertriebverantwortlich,
dessenFrauBirgit für dieAusbildung
der Lehrlinge in der Keramikwerk-
statt. Mit Erfolg, haben die Schilz’
doch gerade mit Rieke Zeller eine
zweite Bundessiegerin im Wettbe-
werb „Gute Form“ hervorgebracht
(s. rechts).
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„Gute Form“: Rieke Zeller erringt 2. Bundessieg
Gegr. 1661
|
25Mitarb. (5 Lehrl.)
|
Herstellung u. Veredelung vonKeramiken für
Getränke, Gastronomie u. Haushalt
|
Tel.: 02624/ 2004
|
Inder Fertigungder klassischenSalz-
brandkeramiken–obintraditionellem
oder modernem Design – kommen
auch heute noch Techniken zur An-
Teamwork in der Keramikmalerei: Birgit Schilz (r.) und Rieke Zeller.
wendung, wie sie seit Generationen
überliefert sind. Ergänzt werden sie
durch die Entwicklungen von neuen
Werkstoffen. So hält der Westerwäl-
der Betrieb mehrere Patente
für technisches Steinzeug, das
durch Zugabe von Additiven
zum herkömmlichen Ton be-
sondere Produkteigenschaften
ermöglicht. „Durch unsere Fä-
higkeit zur Innovation bestehen
wiramMarktgegendieMassen-
fertigung inBilliglohnländern“,
erklärt Volker Schilz.
Als Beispiel nennt er Bierver-
packungen, für deren Druck-
beständigkeit bis 4,5 bar das
Unternehmen garantiert. Oder
auch Pizzabackplatten, wie sie
als Zubehör für Küchenherde
angebotenwerden.„Beisolchen
Spezialanfertigungen bewegen
wir uns in kleinen Losgrößen
von 300 bis 1.000 Stück.“ Bei
der Entwicklung innovativer
keramischerWerkstoffearbeitet
Schilz mit dem Forschungsins-
titut für Anorganische Werkstoffe-
Glas-Keramik der Fachhochschule
Koblenz, Fachbereich Keramik,
am Standort Höhr-Grenzhausen
zusammen.
Eine junge Frau startet durch
bis an die Bundesspitze:
Keramikergesellin Rie-
ke Zeller belegte im
Gestaltungswett-
bewerb „Die
Gute Form
im Handwerk
– Handwerker
gestalten“
den zweiten
Platz im Bun-
desentscheid.
Die 19-Jährige hat
ihre Gesellenprüfung
als Innungsbeste in der
Fachrichtung Dekoration abge-
schlossen und es über die Bewertung
ihres Gesellenstückes bis zum Lan-
dessieg gebracht. So konnte sie in
Landshut sowohl im Leistungswett-
bewerb des Deutschen Handwerks
als auch in der „Guten Form“ gegen
die Besten aus Deutschland antreten.
„Den Leistungswettbewerb hatte
ich schnell abgehakt, die gestellten
Aufgaben haben mir nicht gelegen,
ich musste ziemlich improvisieren“,
erinnert sie sich. „Aber die Erfah-
rung, sich im direkten Wettbewerb
behaupten zu müssen, möchte ich
nicht missen.“ Besser lief es bei der
„Guten Form“, wo sie neuerlich mit
ihrem Gesellenstück überzeugen
konnte.
Ein Krug, eine Schale und
ein Tisch mit Einsatz aus Keramik-
fliesen - und überall zieht sich das
Drachenmotiv durch, Rieke Zellers
chinesisches Tierkreiszeichen. Das
spielte schon bei ihrer Bewerbung
umdie Lehrstelle imKeramikbetrieb
Schilz inHöhr-Grenzhausen (s. links)
eineRolle:„IchwollteMaskenbildne-
rin oder Friseurin werden, fand aber
keine Stelle. Im Internet bin ich dann
auf die Keramikerstelle gestoßen.
Zum Vorstellungsgespräch habe ich
Zeichnungen und Abbildungen mit-
genommen,darunteraucheinDrache,
den ich als Jahresarbeit in der Schule
gefertigt hatte“, erzählt die junge
Frau, die für die Lehre von Katzen-
elnbogen nach Höhr-Grenzhausen
umgezogen ist und nach der Lehre
weiter bei Schilz arbeitet.
Und die Zukunft? Rieke Zeller
möchte weiter eine künstlerische
Tätigkeit ausüben. Aber auch ein
gestalterischesodertechnischesFach-
hochschulstudium ist eine Option.
Dafür könnte sie die Begabtenför-
derung beanspruchen, die ihr als 2.
Bundessiegerin offen steht ...
Schale,
Tischplatte
und Krug
mit Drachen-
motiv führten Rieke
Zeller zum 2. Bundessieg im
Gestaltungswettbewerb „Gute Form“.
Gebrauchskeramiken
in allen Formen und
Größen entstehen seit
346 Jahren bei Schilz
in Höhr-Grenzhausen.
Keramikermeisterin Martina Brück-Posteuka aus Mörz (Tel.: 02605/ 1429)
ist seit zehn Jahren in der Ausstellung dabei. Sie fertigt vor allemGebrauchs-
keramik. „Inzwischen habe ich bereits Sammler, die ihr Service jährlich um
Stücke ergänzen und gezielt in die Winterausstellung kommen“, freut sie
sich. Diesmal hat sie auch Nikoläuse und Keramikengel zur weihnachtlichen
Dekorationdabei. „Manmuss aufmerksambleibenunddarf sichdemZeitgeist
nicht verschließen, um in unserem Handwerk erfolgreich zu bleiben“, ist sie
überzeugt. Farben und Formen haben sich in den elf Jahren ihrer Selbststän-
digkeit stark verändert. „Alles ist schlichter geworden, das Dekor darf nicht
überladenwirken.“Wichtig ist ihr, „denMenschenFreude an schönenDingen
zu vermitteln, mit denen sie sich täglich umgeben“. „Tasse ist nicht gleich
Tasse, Teller nicht gleich Teller ... Oft kommt es dabei nur auf den kleinen,
feinen Unterschied an“, weiß sie.
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