Handwerk im Herbst vom 7. Oktober 2006 - page 6

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Weihbischof Jörg Michael Peters suchte im Rahmen seines Besuches im HwK-Metall-
und Technologiezentrum das Gespräch mit Lehrlingen, wie hier in der Kfz-Werkstatt.
Wert der
Familie
für
Kinder
unersetzbar
Exklusivinterview mit dem Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters
Im Rahmen eines Gespräches mit
Experten der HwK Koblenz und
Handwerksunternehmern machte
sichWeihbischof Jörg Michael Pe-
ters (46 J.) ein Bild von der Leben-
digkeit des Handwerks, insbesonde-
re von der Ausbildungssituation im
nördlichen Rheinland-Pfalz.
„Handwerk im Herbst“ traf ihn dann
zum Interview, es ging umWerte, die
Rolle der Familie für junge Men-
schen, um das Religiöse in der Ge-
sellschaft.
Herr Bischof, welche Prioritäten
setzen Sie in Ihrer Arbeit?
Ich will den Verkündigungsdienst,
für den ich bestellt bin, mit Leiden-
schaft und Überzeugungskraft wahr-
nehmen. Christ zu sein ist eine groß-
artige, wunderbare Sache. Das
möchte ich transparent machen.
Dazu gehört auch die Spendung der
Sakramente. Ich erlebe immer wie-
der, wie gerade junge Menschen mir
sehr offen begegnen, etwa wenn ich
zur Firmspendung komme. Mir ist
wichtig wahrzunehmen, was die
Menschen bewegt und sie mit Hoff-
nung und Zuversicht auf ihremWeg
zu begleiten.
Sie haben bei Ihrem Besuch in
der HwK Koblenz spontan zum
Schweißgerät gegriffen. Steckt in
Ihnen auch ein Handwerker?
Natürlich spielt die realistische Be-
trachtung eine ebenso entscheiden-
de Rolle. Schließlich muss man ja
Geld verdienen, um sich eine Exis-
tenz aufzubauen. Generell brauchen
junge Menschen nachAbschluss der
Schule die Ermutigung, das Leben
und den Schritt in die Arbeitswelt
anzunehmen. Sie brauchen die
Chance, ihre Verlässlichkeit unter
Beweis zu stellen, Entscheidungen
fällen und Verantwortung tragen zu
können. Sie müssen den Kick spü-
ren und die Herausforderung: Ich
habe eine Chance, die es anzuneh-
men gilt. An dieser Stelle möchte ich
das große Engagement der Hand-
werkskammer Koblenz hervorhe-
lernt, Verantwortung für Aufgaben
zu übernehmen. Die Wertigkeit der
Familie, wenn es darum geht, Kin-
dern Sozialverhalten anzueignen
und sich in einer kompliziert gewor-
denen Welt zurechtzufinden, ist für
mich unersetzbar.
Berufsorientierung ist ein The-
ma, das junge Leute stark be-
schäftigt. Welche Frage sollte da-
bei die wichtigste Rolle spielen?
Ich denke, dass amAnfang eine idea-
listische Frage stehen sollte. Was
kann ich, was will ich erreichen, wo
möchte ich mich mit meinen Ideen
und meiner Lebenskraft einbringen?
Ich bin Sohn eines Schlossers. Werk-
zeuge und Material waren bei uns
zu Hause vorhanden. Die ersten Mö-
bel meiner Studentenbude habe ich
aus Vierkantrohren geschweißt -
Dinge, die ich gelernt habe, indem
ich meinem Vater über die Schulter
schaute.
Wann und warum haben Sie be-
schlossen, Ihr Leben in den
Dienst der Kirche zu stellen?
Ich bin in einer sechsköpfigen Fami-
lie groß geworden und vom religiö-
sen Vorbild der Eltern geprägt. Mit
ihnen habe ich als Kind denWeg zur
Kirche gefunden. Ich war Ministrant
und habe mich später in der Jugend-
arbeit engagiert. Unser Heimatpfar-
rer hat mich früh zu Gesprächsrun-
den über theologische Themen ein-
geladen. Ich fand das spannend und
erfüllend. Trotzdem habe ich bis
zum Abitur mit mir gerungen, ob es
mein Weg sein kann, mich ein Le-
ben lang für diesen Dienst zu bin-
den, aber auch weil ich mich selbst
gefragt habe, ob ich gut genug da-
für bin. Meine Eltern haben mich auf
meinemWeg unterstützt, aber nie ge-
drängt.
Für welcheWerte stehen Mutter
und Vater für Sie?
Für Liebe und Zuwendung, Sinn für
Gerechtigkeit, Fleiß. Sie waren für
ben, jungen Leuten bei der
Berufswahlentscheidung zu
helfen. Die vielfältigen Ange-
bote an Schüler, von Praxis-
tagen über Schulfeste bis zu
Informationsveranstaltungen
für Schüler, Eltern und Lehrer,
sind beispielhaft.
Die Deutsche Bischofskonfe-
renz hat Sie zum Mitglied ih-
rer Jugendkommission be-
stimmt. Welche Botschaft
richten Sie an die jungen
Leute?
Gemeinsinn ist wichtig. Ganz
gleich, ob Jugendliche in
Sport- und Musikvereinen
oder innerhalb anderer Interes-
senbereiche zusammen sind,
ihre Bereitschaft, gemeinsam
Sinnvolles zu tun, Zeit nicht
nur totzuschlagen, sondern
selbst etwas auszurichten, ist
etwas Großes. Ich wünsche
mir, dass immer mehr Jugend-
liche bewusst auch Angebote
innerhalb der Kirche vor dem
Hintergrund des christlichen
Menschenbildes, sei es bei den
Pfadfindern oder beim Malte-
ser Hilfsdienst, nutzen, um
sich zu engagieren.
Welche Bedeutung räumen
Sie dem Handwerk hinsicht-
lich der Vermittlung von Tu-
genden ein?
Ich denke, gerade in kleinen
Handwerksbetrieben kommt
es stark auf Verlässlichkeit an,
darauf, im Team, Hand in Hand zu
arbeiten. Pünktlichkeit und Zuver-
lässigkeit sind gerade im Umgang
mit Kunden unerlässlich. Lehrling,
Geselle, Meister, das Handwerk hat
einen hohen Stellenwert, wenn es
darum geht, menschliches Mit- und
Füreinander aufzuzeigen und mög-
liche Entwicklungen im beruflichen
Alltag deutlich zu machen. Ich habe
hohe Achtung vor allen, die im
Handwerk arbeiten.
In vielen kulturellen und gesell-
schaftlichen Bereichen beobach-
tet man Zeichen für eine Wieder-
kehr des Religiösen. Worin sehen
Sie die Ursachen dafür?
Was ist ein Weihbischof?
Weihbischof ist die deutsche Bezeichnung für den
Auxiliarbischof (lat.: auxiliar = helfend, Hilfs-
bischof) in der Katholischen Kirche. Weihbischö-
fe sind den Diözesanbischöfen zur Seite gestellt
und vertreten den Diözesanbischof bei Weihe-
handlungen, am häufigsten bei der Spendung der
Firmung. Weihbischof Jörg Michael Peters ist zu-
ständig für den Visitationsbezirk Koblenz, der aus
den zum Bistum gehörenden Gebieten des Kam-
merbezirks umfasst.
Das ist zunächst etwas Diffuses.
Religiöses meint nicht unbedingt das
Christliche. Und dennoch wird dar-
in eine Suchbewegung nach etwas
Heilem, Heilenden deutlich. Es sind
ganz elementare Bedürfnisse, auf die
der Mensch sich neu besinnt: Liebe,
Frieden, Geborgenheit, die Frage
nach dem Sinn und die Hoffnung auf
eine gute Zukunft. Die Sehnsucht
strebt nicht nach Profit und Übervor-
teilung, nicht nach Konkurrenz und
Zerstörung, sondern nach sozialer
Gerechtigkeit. Die Kirche steht als
Zeugin dafür, dass all unser Suchen
nicht ziellos bleiben muss, sondern
eine Antwort gefunden hat im Glau-
ben an einen personalen Gott. Au-
gustinus sagt, der Mensch bleibt un-
ruhig, bis er Ruhe findet in Gott.
Was macht Ihnen derzeit am
meisten Sorge in Kirche und Ge-
sellschaft?
Die Hektik, in der das Leben sich
vollzieht. Der Stress, aus dem man
nicht mehr herauszukommen meint.
Die wachsende Gleichgültigkeit und
Aggression unter den Menschen. Ich
meine, eine Entschleunigung tut not.
Es gilt, die Chance des Sonntags
wieder zu entdecken und ihn als Fei-
ertag zu leben.
Wie begegnen Sie Stress, wobei
können Sie am besten entspan-
nen?
Manchmal schlucke ich ihn. Manch-
mal bleibt auch Zeit für Gartenarbeit.
Beim Rasenmähen und Hecken-
schneiden kann ich gut entspannen.
Es ist nur ein kleiner Kräutergarten
mit einigen Tomatenstöcken und et-
was Salat. Ich freue mich, alles
wachsen zu sehen. Seltener komme
ich dazu, eine Fahrradtour durchs
Moseltal zu unternehmen.
Schenken Sie uns eine Lebens-
weisheit.
Ich nehme meinen Wahlspruch zur
Bischofsweihe: „Gott ist treu.“ Die
Treue Gottes bedeutet für mich Halt
und Zukunft für mein Leben.
Das ausführliche Interview lesen Sie
im unter Internet:
uns Kinder da. Wir
sind nicht im Wohl-
stand groß geworden,
haben aber anderer-
seits auch nichts ver-
misst. Eltern stehen für
die Gestaltung des Fa-
milienlebens, für das
miteinander Umgehen,
Ineinandergreifen, bei-
spielsweise in Erzie-
hungsfragen. Im El-
ternhaus habe ich ge-
1,2,3,4,5 7,8,9,10,11,12,13,14
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