Handwerk im Herbst vom 7. Oktober 2006 - page 5

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Hightech
für Spitzen
qualität
„Bin ein
freier
Müllersmann ...“
Beim Blick auf das 5,20 m hohe hi-
storischeWasserrad der Korbs-
mühle im Nettetal bei Ochtendung
ist noch ein Hauch Romantik spür-
bar. Müllermeister Ludwin Floeck
sorgt dafür, dass die Mühle an der
rauschenden Nette heute noch
klappert und Besucher immer wie-
der neu fasziniert.
Floeck ist Müller aus Leidenschaft.
„Ich bin ein freier Müllersmann und
möchte nichts andres sein“, zitiert er
die Verszeilen eines Volksliedes. Sie
sprechen ihm aus dem Herzen. 1981
hat er den Betrieb von seinemVater
übernommen und führt ihn heute in
der 3. Generation. Vor über 100 Jah-
ren hatte sein Großvater die
Getreidemühle von der Familie
Korbs erworben. Die Korbs verleg-
ten 1880 beim Bau der Mühle für
den Antrieb der Wasserräder paral-
lel zur Nette einen Mühlengraben.
Sein Wasser fließt durch den Keller
des dreistöckigen Gebäudes und
dreht die Räder noch heute. Elektri-
zität verstärkt inzwischen die Was-
serkraft. Täglich zehn Tonnen Ge-
treide können in der Korbsmühle zu
Mehl verarbeitet werden. Das Ge-
treide kauft Floeck von Landwirten
Müllermeister Ludwin Floeck möchte nichts anderes sein – Mühlentradition seit mehr als 125 Jahren
Steckbrief: Korbsmühle Floeck, Ochtendung
Meisterbetrieb, gegr. 1880
|
2 Mitarbeiter
|
Mühlenladen, Futtermittel-
verkauf
|
Tel.: 02625/ 957140
aus Ochtendung und dem nahen
Maifeld. Abnehmer sind die mittel-
ständischen Bäckereien des Kreis-
gebiets und zunehmend private Kun-
den.
Zweites Standbein der Mühle ist der
Futtermittelhandel und die Heimtier-
nahrung. „Sonst wäre die Existenz
der Mühle gefährdet“, bekennt
Floeck. Er erklärt, dass der Anteil
der kleinen Mühlenbetriebe an der
deutschen Produktion von Mehl nur
noch zwischen fünf und zehn Pro-
zent liegt. „Im Altkreis Mayen gab
es in der Vergangenheit 70 Getreide-
mühlen.“ Heute bewirtschaften
Floecks nächste Berufskollegen
Mühlen in Weitersburg und Brohl-
Lützing. „Wir letzten Müller der
Region halten zusammen und hel-
fen uns gegenseitig“, betont der 58-
Jährige. In einem kleinen Mühlen-
laden verkauft Floeck außer dem
ganz feinenWeizenmehl alle Sorten
Mehl, Backmischungen, Schrot,
Müsli und Körner.
13 Müllerbetriebe
in der Handwerksrolle
13 Betriebe - hier nach Postleitzahl geordnet - sind in der Handwerksrolle
der Handwerkskammer Koblenz für das Müllerhandwerk eingetragen. Eini-
ge Mühlen hatten wir in früheren Ausgaben bereits vorgestellt, sie sind in
der Online-Ausgabe unter
zu
finden.
Heinz Dünker, Müllermeister
Schmittstraße 16, 53501 Grafschaft
Thomas Neiß
Hahnensteiner Mühle 18, 53520 Dümpelfeld
Ulrich Kügler, Müllermeister
Burgstraße 32, 55585 Altenbamberg
Ulrich Lorenz
Weitersbacher Hütte 1, 55624 Weitersbach
Handwerk im Sommer 2000
Adolf Bolkenius, Müllermeister
Grenzhausener Straße 3, 56191 Weitersburg
Karl-Peter Skupin
Hauptstraße 2, 56288 Zilshausen
Ludwin Floeck, Müllermeister
Korbsmühle 9, 56299 Ochtendung
Josef Anton Philipps Müllermeister
Gründelbachstraße 49, 56329 St.Goar
Handwerk Special 94, 2003
Martin Fetter, Bäckermeister
Justusmühle, 56379 Laurenburg
Herbert Mosen GmbH Müllerbetrieb
Schweppenburg, 56656 Brohl-Lützing
Handwerk Special 106, 2005
Phillip Sauer, Müllermeister
Hauptstraße 42, 56754 Dünfus
Historische Senfmühle Wolfgang Steffens GmbH
Stadionstraße 1, 56812 Cochem
Handwerk im Herbst 2001
Fritz Hassel GmbH, Michelbacher Mühle
Mühlenweg 15, 57610 Michelbach
Michelbacher Mühle eine der größten im Kammerbezirk Koblenz
Die Zeiten, als die Mühle am rau-
schenden Bach klapperte, sind in
Michelbach bei Altenkirchen vor-
bei. Geblieben allerdings sind die
Nutzung der Wasserkraft und die
Herstellung hochwertiger Mehl-
und Schrotprodukte aus dem
Meisterbetrieb, der seit mehr als
100 Jahren im Besitz der Familie
Hassel ist.
„Einmal in das Müllerhandwerk hin-
eingeschnuppert, hat es mich nicht
mehr losgelassen“, erzählt Müller-
meister Oliver Schumacher. In der
Michelbacher Mühle gelernt, legte
er 1993 die Meister-
prüfung ab und ist
seither Betriebsleiter
im Hause Hassel.
„Der Müller ist Bä-
cker,
Laborant,
Landwirt, Maschi-
nenschlosser - und
natürlich Müller.
Zwischen Feld und
Computer erstreckt
sich seine Arbeit“,
drückt der 36-Jährige
seine Begeisterung
für den Beruf aus.
Diplom-Betriebswirt
(FH) Eckhard Hassel
leitet das Familien-
unternehmen in vier-
ter Generation und vermarktet die
Produktion von bis zu 110 Tonnen
Weizen oder 60 Tonnen Roggen pro
Tag. In einem Umkreis von 100 km
beliefert die Michelbacher Mühle
große und kleine Bäckereien, aber
auch einen renomierten Feingebäck-
hersteller in Polch. Das Getreide
kommt aus dem Maifeld, dem Lim-
burger Becken und aus der „Korn-
kammer Deutschlands“ in den östli-
chen Bundesländern.
Beruf mit Zukunft
Mit der handwerklichen Seite ist der
49-Jährige bestens vertraut, ist er
doch im Umfeld der Mühle aufge-
wachsen, wo er in den Ferien regel-
mäßig auch arbeitete. „Wir haben
kontinuierlich in unsere Mühle in-
vestiert. Das reicht von der Wasser-
kraftanlage, die unseren Strombe-
darf teilweise deckt, über die Wal-
zenstühle bis zu der Schaltwarte,
deren SPS-Steuerung einen perso-
nalfreien Betrieb über einige Stun-
den ermöglicht. So stellen wir eine
gleichbleibend hohe Qualität sicher,
die allen Anforderungen an die Le-
bensmittelsicherheit gerecht wird“,
so der Unternehmer.
ZumMüllerteam gehört auch der 17-
jährige Dennis Schumacher - der
einzige Müllerlehrling im Kammer-
bezirk Koblenz. „In dem tollen Be-
triebsklima macht das Lernen Spaß“,
begeistert er sich für sein Handwerk.
Besonders angetan hat es ihm das
Labor, in dem nicht nur Eiweißge-
Von der Getreideannahme über Labor, Reinigung und Mahl-
werk bis zu Qualitätsprüfung undAbfüllung durchläuft das
Getreide ein „geordnetes Labyrinth“ von Rohren. Alle Wege
werden in der Schaltwarte (l.) automatisiert gesteuert und
überwacht.
halt und Feuchte des
Korns, sondern auch die
Qualität des Mehls über-
wacht werden. „Auch nach
der Ernte ist das Getreide
ein lebender Organismus.
Vor allem durch riechen
und tasten muss der Mül-
ler es richtig beurteilen
können“, erklärt sein
Meister. „Bis zur Gesel-
lenprüfung hat auch Denis
soviel Fingerspitzengefühl
entwickelt, dass er die
Walzen der Mühle mit ver-
bundenen Augen einstel-
len könnte - alleine durch
das Befühlen des Kornes.“
Steckbrief: Fritz Hassel GmbH, Michelbach
Seit 1898 in Familienbesitz
|
11 Mitarbeiter, davon 4 Müller (1 Meister, 1
Lehrling)
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Weizen- u. Roggenmehle, Vollkorn- u. Nachprodukte
|
Tel.:
02681/ 9559-0
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Im Labor: Eckhard Hassel (l.) im Gespräch mit
Müllermeister Oliver Schumacher (r.). Lehrling
Dennis überprüft die Eigenschaften des frisch ge-
mahlenen Mehls.
Steckbrief: Mühle Bolkenius, Weitersburg
Meisterbetrieb, gegr. 1934
|
2 Mitarbeiter
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verschiedene Mehlsorten,
Naturkost-Mühlenladen
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Tel.: 02622/ 7406
Müller und Technik
1,5 Tonnen Getreide pro Tag wer-
den in der Mühle gemahlen. DenAr-
beitsablauf erklärt Bolkenius so:
„Zunächst wird das Getreide inten-
siv gereinigt. Der Reinigungsvor-
gang ist voll automatisiert. Danach
erfolgt der eigentliche Mahlvorgang.
Das Mahlgut wird in verschiedene
Bereiche getrennt. Erzeugt werden:
Mehl, Vollkornmehl und Schrote.
Nach dem Rückschüttprinzip wird
das Mahlgut wieder in den
Mahlprozess geschickt und durch-
läuft die Walzenmahlwerke noch-
mals. Das fertige Mehl läuft nun in
die Mehlmischerei, wird dort ge-
mischt und abgefüllt. Vollkornschrot
wird auch heute noch auf Mahlstei-
nen hergestellt.“Vom Keller bis zum
Dach stehen die verschiedenen
Mahlwerke und Quetschen, Rüttel-
siebe und Reinigungsmaschinen.
Biolandbäckereien und Naturkost-
läden aus der Region und zahlreiche
Privatkunden kaufen in der Mühle
das Roggen- und Weizenmehl der
verschiedenen Typen. Ehefrau Mar-
grit managt nicht nur das Büro, son-
dern sie ist auch die Chefin im an-
geschlossenen Naturkost-Mühlen-
laden. Neben Mehl gibt es hier auch
Getreideflocken, Müsli und weitere
Die
Bioland
-Mühle
Sie hat wederWind- nochWasser-
rad und mahlt doch seit über 70
Jahren Getreide zu Mehl. Ein Elek-
tromotor treibt sie an. DieWalzen-
mühle inWeitersburg ist eine von
zwei noch voll funktionsfähigen
Getreidemühlen im Landkreis
Mayen-Koblenz. Seit 1934 ist sie im
Besitz der Familie Bolkenius.
Müllermeister Adolf Bolkenius
übernahm die Mühle vor 35 Jahren
von seinem Vater und betreibt sie
nun in der zweiten Generation. Mit
Müllermeister und Mühlentechniker
Martin Bolkenius steht die dritte Ge-
neration in den Startlöchern.
Das große „Mühlensterben“ nach
dem 2. Weltkrieg begründet Adolf
Bolkenius mit Strukturveränderun-
gen in der Landwirtschaft und dem
damit verbundenen Höfesterben. In
der Schließung vieler kleiner Bä-
ckereien, die dem Preisdruck großer
Handelsketten nicht standhielten,
sieht er einen weiteren Grund. Umso
stolzer ist er, dass er seine „Mühle
am Leben halten konnte, trotz
schlechter Jahre“, wie er einräumt.
Seit 1934 ist dieWalzenmühle Bolkenius im Familienbesitz
Wegen zunehmender Nachfrage
nach Produkten aus ökologischem
Getreide, vor allem von Privatkun-
den, ist die Mühle heute gut ausge-
lastet. „Seit 1985 verarbeiten wir
Getreide aus ökologischem Anbau.
1989 haben wir einen Vertrag als
Biolandverarbeiter unterzeichnet
und arbeiten seitdem nach strengen
Richtlinien des Bioland-Verbandes
und werden nach EG-Bio-Verord-
nung regelmäßig kontrolliert“, er-
zählt Bolkenius.
Naturprodukte zu kaufen. „Immer
mehr Verbraucher essen naturbe-
wusst und suchenAbwechslung von
industriell vorgefertigten Backmi-
schungen“, sind die Bolkenius’ über-
zeugt.
Prominenter Müllermeister: Michael Glos
Müller-
meister
Adolf
Bolke-
nius
über-
wacht
die Ab-
füllung
seines
Bioland-
Meh-
les.
Ein viel-
fältiges
Angebot
an Mehl-
und
Schrot-
produkten
gibt es im
Naturkost-
Mühlen-
laden.
Müllermeister Ludwin Floeck „erfühlt“ die Qualität des Mahlergebnisses am
Walzenstuhl in der nach demVorbesitzer benannten Korbsmühle.
Die berufliche Heimat von Bundesminister Michael
Glos, MdB, liegt in der Stolzmühle von Brünnau
in Unterfranken. Seit vielen Generationen war die
Familie imMüllerhandwerk tätig. Nach seiner Leh-
re im elterlichen Betrieb (1960-1963) legte er 1967
als 22-Jähriger die Meisterprüfung ab. Ab 1968
führte Michael Glos die Mühle als selbstständiger
Müllermeister und bildete - bis zur Betriebs-
übernahme durch seinen Sohn 1994 - acht Lehr-
linge aus, davon vier im Müllerhandwerk.
Von 1972 an engagierte sich Michael Glos in der
Kommunalpolitik. Seit 1976 ist er Mitglied des
Deutschen Bundestages als direkt gewählter Ab-
geordneter des Wahlkreises Schweinfurt. Von 1993 bis zu seiner Berufung
an die Spitze des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie 2005
machte er sich als Vorsitzender der CSU-Landesgruppe und Erster Stellver-
tretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Namen.
Am 20. Oktober wird Bundesminister und Müllermeister Michael Glos im
Rahmen eines Festaktes der HwK die Ehrennadel an Betriebe verleihen, die
seit zehn und mehr Jahren ausbilden und aktuell einen Lehrling haben, so-
wie an langjährige Ehrenamtsträger in der Aus- und Weiterbildung.
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