Handwerk Special Nr. 90 vom 13. November 2002 - page 13

Tischlerei als Leidenschaft & Neuer Obermeister im Gespräch
13. November 2002
Nr. 90
Michael Lohkämper über Lust und Last der Selbstständigkeit
Tischlerei ist für mich
eine Leidenschaft
Er hat seinen Betrieb, und das
betont er im Gespräch, von der
Pike an allein aufgebaut, sozu-
sagen auf die grüne Wiese ge-
setzt, mit Eigenkapital und ei-
nemDarlehen aus ERP-Mitteln.
„DasGrundstück inKaisersesch
war günstig, ist gut gelegen di-
rekt neben der Autobahn und die
Infrastruktur im Ort stimmt
auch“, erklärt er. Inzwischenun-
terstützen ihn ein Meister, ein
Geselle und ein Lehrling. „Du
kannst deine eigenen Ideen ver-
wirklichen,musst keinen fragen,
kannst die Zeit einteilen“, schil-
dert er die Vorteile der Selbst-
ständigkeit.
„Den Herausforderungen stellen“
Der neue Obermeister
Norbert Dinter vertritt
72 Betriebe. Ob Ein-
richtungen, Innenaus-
bau, Fensterbau,
Treppen, Möbel... Die
Mitglieder der
Tischler-Innung
Neuwied nutzen Krea-
tivität und handwerk-
liches Können, um mit
dem Werkstoff Holz
Kundenwünsche
wahr werden zu las-
sen.
„Als Obermeister will ich An-
sprechpartner und Berater für
dieMitglieder der Innung sein,
ihre Interessen vertreten und
unser schönes Handwerk för-
dern“, so Norbert Dinter zu
seinen Zielen. „Dazu gehört es
auch, den Zusammenhalt der
Betriebe zu stärken. Ich setze
aufKooperation,umdenMarkt
zu bearbeiten. Gleichfalls
möchte ich, dass das Image des
Tischlerberufs hervorgehoben
wird. So können wir Kunden
zeigen, dass Individualität und
Ästhetik zu annehmbarenPrei-
sen machbar sind.“ Norbert
Dinter entwickelt gemein-
schaftlicheAktivitäten, umsei-
neZiele zurealisieren. EinFak-
tor ist dabei dieWeiterbildung:
Besichtigungsfahrten zu Zu-
lieferbetrieben oder einer
Designwerkstattwecken Krea-
tivität. Die Nachwuchsförde-
rung ist ihm ein weiteres An-
liegen. 1986 macht er die Mei-
sterprüfung und gründet drei
Jahre später seinen eigenen
Betrieb. Hier ist er Vorreiter
und Vorbild: Bei insgesamt
acht Mitarbeitern hat er vier
Lehrlinge, davon ein Mäd-
chen. Er organisiert Tage der
offenen Tür, sorgt für Aus-
stellungenvonGesellenstük-
ken bei Banken oder inAuto-
häusern, bietet lebendige
Shows und Handwerk zum
Anfassen. Dazu gehört auch
die regelmäßige Aufnahme
von Praktikanten. „In 14 Ta-
gen können sich so alle ein
Bild machen, der Schüler, ob
ihm der Beruf zusagt und wir
als Betrieb lernen auch von
der Vorstellung des Nach-
wuchses. Wir wollen ihnen
Chancen aufzeigen.“
Für das kommende Jahr zeigt
Norbert Dinter Konsequenz
und Stärke: „Wir wollen in
der derzeit nicht einfachen
Lage alles dazu beitragen,
dass sich bald eine positive
Entwicklung abzeichnen
kann.“
Tischlermeister Michael Lohkämper aus Kaisersesch ist seit 7
Jahren selbstständig. „Die Tischlerei ist meine Leidenschaft und
ich wollte immer selbständig sein“, sagt er. Mit dem Meisterbrief
erwarb der inzwischen 39Jährige die Voraussetzungen. „Versuch
es, pack an, wenn es in die Hose geht, ist’s Deine Sache“, erin-
nert er sich an seine Gedanken damals.
Rahmenbedin
gungen ungün-
stig
Er verschweigt aber
auch nicht, was ihn
auf den Nägeln bren-
nt. So belasten aus-
bleibende oder sich
länger hinziehende
Kundenzahlungen,
dieVerschlechterung
der Zahlungsmoral,
den Betrieb. Hinzu
kommen schwäche-
re Nachfrage und da-
durch rückläufigeErträge, Preis-
verfall, auch durch Konkurrenz
aus dem Ausland. Lohkämper
kritisiert die ungünstigen wirt-
schaftspolitischen Rahmenbe-
dingungen. Dazu zählen für ihn
die unzureichende und zu späte
Entlastung durch die Steuerre-
form, Ökosteuer und die Ver-
schlechterung der Abschrei-
bungsmodalitäten durch deren
Verlängerung, Problememit den
BankenbeiUmschuldungenvon
Darlehen sowie Bürokratie-
belastung.
„Manchmal fühle ich mich als
Selbstständiger von den Politi-
kern schon sehr allein gelassen
und regelrecht schikaniert. Ab
und an denke ich schon, das
packst du nicht, aber dann reißt
mich persönlicher Ehrgeiz und
die Freude an der Arbeit aus
dem Stimmungstief“.
Nischen suchen
StolzistderTischlermeister,dass
er offenbar in eine Bedarfslücke
bei den Kunden gestoßen ist.
„Aus alt, mach neu“, „Renovie-
ren statt Neubauen“ lautet sein
Motto. Treppenrenovierung ist
sein Spezialgebiet. „Bei uns in
der Eifel sind alte Treppen eine
wahre Fundgrube. Wir renovie-
ren sie, indemwir eine neue Stu-
fe auf die alte aufsetzen ohne
diese zu entfernen. Der Kunde
spart so 50 Prozent der Kosten
gegenüber einem Treppen-
neubau“, so Lohkämper. Die
Stufen sind in den verschieden-
sten Ausführungen auch in
Laminat erhältlich. BeimAnfer-
tigen von Möbeln mit Sonder-
maßen ist Tischlermeister Mi-
chael Lohkämper ebenfalls ge-
fragt. „Einen Kleiderschrank in
eineDachschrägepassgenauein-
gebaut bekommt man nun mal
nicht von der Stange.
Aus altenTreppen macht Tischlermeister Michael
Lohkämper wieder echte Schmuckstücke. Treppen-
renovierung ist das Gebiet, auf das er sich mit seiner
Tischlerei spezialisiert hat.
Idee und Verantwortung: Karl-Jürgen Wilbert
Redaktion: Jörg Diester, Beate Holewa, Andrea Düpper
Layout:
Jörg Diester, Andrea Düpper, Danielle Boos, Gerrit Schade
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Janet Kölschtzky, Nina Thom
Herausgeber:Handwerkskammer Koblenz
Friedrich-Ebert-Ring 33, 56063 Koblenz, Tel.: 0261/398-
160, E-Mail:
in Verbindung mit dem Mittelrhein-Verlag Koblenz
Fotos:
G. Juraschek,HwK Koblenz
Anzeigen: Hans Kary (verantw.), Informa RZ-Anzeigenservice, 56070
Koblenz. Verkaufsleiter: Rudolf Speich, Tel.: 0261/ 892-115
Technische Herstellung: Druckhaus Koblenz
Impressum
Norbert Dinter ist neuer Obermeister der
Tischler-Innung Neuwied
Ein Lehrling, ein Geselle und ein zweiter Meister unter-
stützen Tischlermeister Michael Lohkämper (li.) heute in
seinem Betrieb in Kaisersesch.
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