Handwerk Special Nr. 84 vom 21. November 2001 - page 14

Lehrer aller Schularten sprachen über Schule und Berufswelt
21. November 2001
Nr. 84
Den Auftakt zu den 25. Lehrer-Info-Tage beim Handwerk bildete
die Podiumsdiskussion mit der rheinland-pfälzische Ministerin für
Bildung, Frauen und Jugend, Doris Ahnen, zu dem brisanten
Thema „Ganztagsschule - Chance für Bildung und Gesellschaft“.
deres zu lernen. Die Schule
braucht Zeit und Raum, um sich
Fragen zuzuwenden, die im
Stoffplan nicht vorkommen“, so
Ahnen. „Außerdem ist es wich-
tig, dass die Schulen am Nach-
mittag mitten ins gesellschaftli-
che Leben rücken - mit Partnern
aus Vereinen, Handwerk, Mu-
sikschulen oder auch mit Haus-
frauen.“
Professor Dr. Klaus Hurrelman,
Universität Bielefeld, erörterte
die Thematik aus erziehungs-
wissenschaftlicher Sicht. Er be-
Berufsorientierung
in Handwerk
und Wirtschaft
Auftakt mit Staatsministerin Doris Ahnen: Ganztagsschule - Chance für Bildung und Gesellschaft
nisterin nannte dafür allerdings
vier verbindliche Elemente:
Unterricht ergänzen, Projekt
bezogen arbeiten, Begabte ge-
zielt fördern und Leistungs-
schwächere unterstützen sowie
Freizeitangebote. „Die Ganz-
tagsschule wird ein Ort der
Kommunikation sein, wo man
eine Sache weitermacht oder
Neues erprobt, wo man zusam-
men zu Mittag isst, die Haus-
aufgaben macht, wo man ge-
meinsam musiziert oder Sport
treibt. Es geht nicht darum wei-
ter zu lernen sondern etwas an-
tonte, dass Ganztagsschule die
„soziale und zeitliche Rhyth-
misierung des Alltags“ bedeu-
tet und eine „Anreicherung der
Arbeits- und Lernformen“ be-
inhaltet. „Die Schulung aller
Sinne ist nur möglich in der
Erweiterung des schulischen
Angebots.“
Norbert Neuser, Rektor der
Fritz-Straßmann-Schule, Regio-
nale Schule Boppard, beleuch-
tete das Thema aus der Praxis.
Er berichtete von bereits beste-
hendenArbeitsgemeinschaften,
so eine Tanz-AG oder ein Foto-
zirkel, und Kooperationen mit
außerschulischen Partnern wie
Winzern und Förstern.
HwK-Hauptgeschäftsführer
Karl-Jürgen Wilbert betonte,
„dass die vier rheinland-pfälzi-
schenHandwerkskammern dar-
über beraten werden, wie sich
dasHandwerk indas neueSchul-
konzept einbringen kann“.
Wilbert sieht darin auch imHin-
blick auf den „rutschenden
Schülerberg“ eine Chance fürs
Handwerk.
Zum Auftakt der 25. Lehrer-
Info-Tage begrüßten HwK-
Präsident Karl-Heinz Scher-
hag und Hauptgeschäftsfüh-
rer Karl-Jürgen Wilbert die
Ministerin Doris Ahnen und
Wolfgang Redwanz von der
Schulbehörde (ADD).
Jugendliche zeigen, was bei ihnen „in“ ist.
„Der Draht zwischen Handwerk und Schule glüht“ - 2. Tag im Zeichen von Multikulti
Der zweite Tag der 25. HwK-Lehrerinformationstage begann mit
einem Lob von Wolfgang Redwanz, Abteilungsleiter Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion, Außenstelle Koblenz, für 25 Jahre Enga-
gement und Zusammenarbeit der HwK mit den Schulen.
gramme wie die Streitschlich-
tung und das Deeskalations-
training, die unterstützende
Funktionen haben. „Zivilcou-
rage ist eine wichtige Säule ge-
genRechtsextremismus,Gewalt
und Fremdenfeindlichkeit. Päd-
agogen und Sozialarbeiter kön-
nen hier vieles vermitteln. Das
fordert auch andere Seiten der
Lehrerrolle. Ein wirksamer Un-
terricht setzt voraus, dass das
innere Engagement der Pädago-
gen für Schüler spür- und er-
fahrbar sein muss“, so das Fazit
seiner Ausführungen.
Beate Zick, Konrektorin der
Pestalozzi-Hauptschule Neu-
wied, berichtete, dass an ihrer
Schule mit einemAusländeran-
teil von 40 Prozent aus 24 Na-
tionen „Multikulti“ praktiziert
wird. Das zeigte sich bereits am
äußeren Erscheinungsbild der
Schule. So zierten Fahnen aller
Nationen den Flur. Beate Zick
erzählte von Schulfesten, die
immer unter „multikulturellen
Aspekten“ stattfinden.
Eine sich anschließendeDiskus-
sion mit Inhabern von Hand-
werksbetrieben aus der Region
und ihren ausländischen Lehr-
lingen machte deutlich, dass
Ausländer im Handwerk will-
kommen sind. „Wir differen-
zieren nicht zwischen deutschen
und ausländischen Bewerber.
Wichtig ist, dass der Leistungs-
wille stimmt“, so Mark Scher-
hag vom Autohaus Scherhag in
Koblenz-Güls. Auch Meinolf
Christmann von C.S. Bau
GmbH, Simmern, verwies auf
Toleranz zwischen ausländi-
schen und deutschen Arbeitern.
„Es spielt keine Rolle, woher
jemand kommt, sondern wie er
sich verhält. Schwarze Schafe
gibt es überall.“
„DerDraht zwischenSchule und
Handwerk glüht“, so sein Ur-
teil. HwK-Hauptgeschäftsfüh-
rer Karl-JürgenWilbert betonte
in seiner Begrüßung, dass sich
die Themen zwar geändert ha-
ben, das Ziel der in Deutsch-
land in ihrer Art einzigartigen
Veranstaltung jedoch nach wie
vor die Berufsorientierung in
Handwerk und Wirtschaft sei.
Auftakt zum Thema des zwei-
tenTages „Integration und inter-
kulturelle Beziehungen als ge-
sellschaftliche Aufgabe“ waren
Überlegungen zu pädagogi-
schen Konzepten der Gewalt-
prävention und besonderen Pro-
jekten in der Schule. „Der wich-
tigste Beitrag zur Prävention
wird durch die beharrliche er-
zieherische Alltagsarbeit in den
Schulen geleistet“, betonte
WolfgangRedwanz. Er verwies
auf spezielle Trainingspro-
Mit der Ganztagsschule, die mit
75 Pilot-Projekten im nächsten
Herbst starten soll, will die Lan-
desregierung bundesweit Signa-
le setzen. Rheinland-Pfalz rea-
giert damit auf die sich rasant
und massiv verändernden Le-
bensbedingungen mit mehr be-
rufstätigen Eltern, Alleinerzie-
henden und weniger Großfami-
lien. DieEltern entscheiden frei-
willig, ob ihr Kind das Angebot
der Schule annimmt und an vier
Nachmittagen bis 16 Uhr in der
Schule bleibt - mindestens für
ein Jahr. In Schulen der Sekun-
darstufe I gilt eine Mindest-
teilnehmerzahl von54Schülern.
Dafür bezahlt das Land 34
Lehrerwochenstunden. Bil-
dungsministerin Ahnenmeinte,
dass die Schulen damit „ver-
lässlich kalkulieren“ können.
179 Anträge von Schulen lie-
gendemMinisteriumderzeit zur
Prüfung vor. Dabei ist es den
Schulen freigestellt, wie sie die
Nachmittage gestalten. Die Mi-
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22
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