Handwerk Special Nr. 84 vom 21. November 2001 - page 9

Säge schneidet Steine - einmalig im Norden von Rheinland-Pfalz
21. November 2001
Nr. 84
Es ist ein erhabenes Gefühl zu
beobachten, wenn eine Säge 14
Tonnen schwere Steinblöcke in
Form bringt. Das diamant-
bestückte Sägeblatt mit einem
Durchmesser von drei Meter,
frisst sich in den Stein und er-
reicht eine Tiefe von 1,28 Me-
ter. Steinblöcke, 2,70 x 1,50 m
groß, werden damit geteilt. Das
„Technik-Wunder“ steht in der
Werkstatt der Steinmetz- und
Steinbildhauermeister Lothar
und Klaus-Peter Jex in Nieder-
roßbach.
Die Säge ist einmalig in den
Steinmetzbetrieben im Norden
von Rheinland-Pfalz. „Wir fah-
ren nach Antwerpen und suchen
die Steine, die aus Schweden,
Indien, Afrika und Portugal
kommen, aus. Diese werden in
großenBlöcken in unsereWerk-
halle geliefert und dort von uns
weiterverarbeitet. Eine Zwi-
schenbearbeitung durch einen
Zulieferer entfällt“, erklärt
Lothar Jex die Investition.
Familienbetrieb in
zweiter Generation
Die Brüder Jex führen den 1956
von Clemens Jex gegründeten
Betrieb in der zweiten Generati-
on. Das Steinmetzhandwerk ha-
ben beide nicht vom Vater ge-
lernt. „Wir wollten uns frischen
Wind um die Nase wehen las-
sen, sehen, wie es in anderen
Fachbetrieben läuft“, erklären
sie.DieFaszination für denStein
haben sie allerdings vom Vater.
So liegt es nahe, dass es für beide
der Wunschberuf ist. Ihre Aus-
bildung krönten sie mit der Mei-
sterprüfung. 1986 übernahmen
sie den Betrieb. Clemens Jex
steht seinen Söhnen auch heute
noch beratend zur Seite. Ein
Geselle ergänzt das Team.
Gestaltung fängt bei der
Beratung an
Die Steimetz- und Steinbild-
hauermeister Jex decken eine
große Angebotspalette ihres
Handwerksab.VonTischenüber
Küchenplatten, Bodenarbeiten
bis zu Grabsteinen. Unter ihren
Händen erhält der harte Stein
weiche, fließende Formen. „Die
unbegrenzteViel-falt desNatur-
steins ermöglicht es, dass er mit
allen Materialien beliebig kom-
biniert werden kann und doch
seine Einmaligkeit behält“, er-
klärt Lothar Jex die vielfältigen
Steinschläge mit Power-Technik und Riesensäge
Moderne „Steinzeit“
Steimetz- und Steinbildhauermeister Jex an der Riesen-Blocksäge. Das diamantbestückte
Sägeblatt, mit einem Durchmesser von drei Metern frisst sich in den Stein. Riesige
Steinblöcke, 2,70 X 1,50 m groß, werden damit geteilt.
Einsatz- und Gestaltungsmög-
lichkeiten. Ihr Beruf hat für die
Brüder auch etwas Künstleri-
Nein, meint Susanne Hardt,
deprimierend fände sie das
nicht, den Friedhof als
Hauptarbeitsplatz zuhaben.
Als sie sich vor zehn Jahren
als Stein-metzin und Stein-
bild-hauerin in Niederbreit-
bach im Wiedtal selbst-
ständig machte, stand
schließlich von vornherein
fest, dass Grabsteine und -
einfassungen ihr täglich
Brot sein würden.
Ein Schwerpunkt, den auch
der Ausstellungsraum wie-
derspiegelt. Ihn richtete sich
die junge Steinmetzin, die
1992 ihre Meisterprüfung
machte, gleich zu Beginn
großzügig ein. „Es ist wich-
tig den Leuten etwas Greif-
bares und nicht nur Prospek-
te zeigen zu können.“
Hier, umgeben vonGrabstei-
nen aller Stilrich-
tungen, vom rauen
Findling bis zum
marmorglatt polier-
tenStein, führt sie die
Gesprächemit denKun-
den. Die könnten, ge-
steht sie, manchmal
schonnahegehen, selbst
wenn eine gewisse Zeit
vergangen sei, bevor
sichdieHinterbliebenen
für einen Grabstein ent-
schieden. „Die Überle-
gungen, die bei diesem
Gesprächangestelltwer-
den, die Frage vor al-
lem, welchen Stein der
Verstorbene gewählt
hätte,welcher ambesten
zu ihm und seiner Per-
sönlichkeit passt, rührt
den Schmerz wieder
auf.“
Persönlicher Geschmack spielt
bei der Entscheidung eine er-
hebliche Rolle, Konventionen
ebenso. „Natürlich versuche ich
zu beraten, aber wenn jemand
unbedingt einen pflegeleichten
polierten Stein in runden, har-
monischen Formen haben will,
werde ich ihn schwerlich zu ei-
nem naturbelassenen Findling
überreden können.“
Nur die wenigsten Steine kom-
men noch aus heimischen Stein-
brüchen („Die sind weitgehend
ausgenutzt, da findet man nur
Bruchstücke.“), gefragt ist ge-
genwärtig vor allem Granit aus
allerWelt inunterschiedlichsten
Farbnuancen, teils mit dem blo-
ßen Namenszug versehen, teils
mit handwerklich aufwendigge-
arbeitetenReliefs oder Intarsien.
„Natürlich mache und verkaufe
ich so etwas lieber, aber ich kann
mich nicht aufs hohe Ross set-
zen und nur noch solche hand-
werklichen Steine fertigen, ich
muss mich nach den Kunden-
wünschenrichten“,kommentiert
sie realistisch. Zum Stein kam
Susanne Hardt quasi aus famili-
ären Gründen, der Vater arbeitet
in einer artverwandten Branche,
„außerdem wollte ich einen Be-
ruf, in dem ich etwas mit meinen
Händen gestalten kann“.
IhreSteinmetz-Lehre absolvierte
sie in den 80er Jahren mit Aus-
zeichnung, erhielt für ihre ersten
eigenen Arbeiten 1988 den Jo-
hanna-Löwenherz-Preis, bildete
sich dann zur Bildhauerin weiter
und legte1995 zusätzlichdiePrü-
fung zur Restauratorin im Stein-
metz- und Steinbildhauerhand-
werk ab, um sich nach der Mei-
sterprüfung nochweiter zu quali-
fizieren.Gegenwärtig arbeitet sie
als Einfrau-Betrieb, „weil ich das
mitmeinerRollealsMutterzweier
Kinder am besten vereinbaren
kann“.Spricht’sundkündigtnach
einem Blick durchs Fenster dem
gerade dreieinhalb Monate alten
Benjamin der Familie an, dass
Mami jetzt noch auf den Friedhof
fahren und arbeiten wolle. „Das
gute Wetter muss ich in den
arbeitsreichen Wochen um Al-
lerheiligenunbedingtausnutzen.“
Arbeitsplatz Friedhof
Für Steinmetzmeisterin Susanne Hardt alltäglich
Steinmetzmeisterin
Susanne Hardt bei
der Bearbeitung ei-
nes Grabsteins.
sches, Schöpferisches. So plä-
dieren sie beispielsweise für in-
dividuell gestaltete Grabsteine.
„Jede Persönlichkeit ist anders,
deshalb solltederGrabstein auch
Ausdruck einer Persönlichkeit
sein“, sagen sie. Sie verweisen
auf zwei Aufträge der letzten
Zeit. Die Grabplatte eines jun-
gen verunglückten Computer-
freaks zeigt sein Hobby. Bild-
schirm,Tastatur undMouse sind
kunstvoll eingearbeitet. Die
Grabplatte eines Naturfreundes
ziert ein Baum mit Durchbrü-
chen. „Die Gestaltung fängt
immer bei der Beratung an. Der
Kunde sieht anhand der Zeich-
nung, wie die Steintafel „Leben
annimmt.“ Wenn wir auch oft
zum traurigen Anlass gefragt
sind, soll etwas Bleibendes ent-
stehen,was auchFreudemacht.“
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