Handwerk Special Nr. 84 vom 21. November 2001 - page 8

Grabstein, die letzte Visitenkarte - Geschichten aus dem Leben
21. November 2001
Nr. 84
Betritt man den Hof der Firma,
sieht man das Meisterstück des
Inhabers, Steinmetz- und Stein-
bildhauermeister JörgDiwo, ein
irisches Grabkreuz, sowie wei-
tere Skulpturen. In der Werk-
statt sind die für dieses Hand-
werk typischen Geräte in Akti-
on. Mit der Kreissäge wird eine
Grabplatte aus der Trange zuge-
schnitten. Der harte Stein nimmt
Gestalt an. Anschließend wer-
den die gesägtenFlächenmit der
Polierma-schine auf Hochglanz
gebracht. Meister Diwo arbeitet
mit dem Schriftenhauer sorgfäl-
tig eine Grabschrift in den Stein.
Letzte Visitenkarte
FürdieFeinarbeitenbrauchtman
das Feeling der menschlichen
Hand. Hier ist die Kreativität
des Steinmetz- und Stein-
bildhauers gefordert. „50 Pro-
zent derKundenhaben eine kon-
kreteVorstellung, wie der Grab-
stein aussehen soll. Dann fertige
ich zunächst eine Zeichnung an.
Der Trend, dass der Grabstein
etwas über den Verstorbenen
aussagen soll, setzt sich immer
stärker durch. Er ist sozusagen
die letzte Visitenkarte“, erklärt
Jörg Diwo.
Familienresümee
Auf Stein zu klopfen hat in der
Familie Diwo Tradition. Der
Steinmetzbetrieb „Natursteine
DIWO“ in Remagen feierte in
diesem Jahr 50jähriges Jubilä-
um. Doch die Familientradition,
einen Steinmetzbetrieb zu füh-
ren, ist noch älter. Vor 102 Jah-
ren gründete der Vater von
Oswald Diwo einen Steinmetz-
betrieb in Burg-Salm. Dort er-
lernten Oswald und seine fünf
Brüder das Steinmetzhandwerk.
Der heute 77-jährige Oswald
Diwo hat vier Meistertitel, u.a.
als Beton-, Werkstein- und
Terrazzobauer, als Steinmetz
undSteinbildhauer.Über 30 Jah-
Kreative Steinschlag-„Geschichten“
Grabmale erzählen über Menschen
Fährt man die B9 in Rich-
tung Bonn, fällt an der linken
Straßenseite, kurz vor Remagen,
eine sich auf mehreren Portalen er-
hebende ausgefallene Ausstellung ins
Auge. Zu sehen sind Grabsteine und Findlinge
in unterschiedlicher Farbe, Größe und Gestaltung. In
Form gebracht hat sie der Steinmetzbetrieb Natursteine DIWO.
Mit der Kreissäge wird eine
Grabplatte aus der Trange zuge-
schnitten. Der harte Stein nimmt Ge-
stalt an. Anschließend werden die gesägten
Flächen mit der Poliermaschine auf Hochglanz
gebracht.
Steinmetz- und Steinbildhauermeister Jörg Diwo bei der
Bearbeitung eines Grabsteins.
re war er Vorsitzender des
Meisterprüfungsausschusses.
Die Liebe zu seinem Handwerk
übertrug er auf seinenSohn Jörg,
der bei ihm in die Lehre ging.
1991 erwarb er denMeisterbrief
und übernahm 1992 den Betrieb
mit 5 Mitarbeitern in Remagen.
OswaldDiwo steht seinemSohn
bis heute beratend zur Seite.
IBO’s Grabmal
In den 70er Jahren war die
Steinmetzfirma hauptsächlich
auf Grabschmuck spezialisiert.
Die Rohmaterialien kamen aus
eigenen gepachteten Steinbrü-
chen in Skandinavien. Inzwi-
schen werden auch Böden,
Wandvertäfelungen und Ar-
beitsplatten produziert und re-
stauriert. Das Hauptgeschäft ist
jedoch nach wie vor der Denk-
mal- undGrabschmuck. ZurZeit
arbeiten Jörg Diwo und seine
Mitarbeiter an einem Grabmal
fürdenbeliebtenSchlagerbarden
IBO, der im letzten Jahr tödlich
verunglückte: „Die Witwe hat
das klassizistischePortalmit po-
lierten Steinschalen und Vasen
aus indischem Stargelaxy in
Auftrag gegeben. Wir sind mo-
mentan der einzige Steinmetz-
betrieb, der dieses hochwertige
Material für Grabsteine verar-
beitet.“
Heinrich Breuer
zum 90. Geburtstag
Als er 1930 seine Werkstat t in
der Koblenzer Altstadt eröffne-
te, war er mit 19 Jahren der
jüngste selbstständige Hand-
werker imKammerbezirk. Dar-
auf ist er stolz. Und stolz und
gerührt ist er auch, dass zahlrei-
che Gäste ihm zu seinem 90.
Geburtstag die Ehre erweisen:
HeinrichBreuer, Schuhmacher-
meister aus Koblenz.
„Eines Tages“, erinnert sich der
Jubilar, „kam ein Kunde zu mir
und bestellte ein Paar handge-
arbeitete Stiefel für die Jagd.
‘Geld erhalten Sie erst, wenn
ich eine Woche lang tatsächlich
keine nassen Füße bekomme.
Nehmen Sie den Auftrag an?’,
fragte er. Ich sah dies als Her-
ausforderung. Dann kaufte ich
beimFleischer Schweinsblasen,
trocknete und bügelte sie und
fügte sie schließlich Schicht um
Schicht in die Sohlen ein. Der
Kunde kam erst nach drei Wo-
chen Probetragen zurück und
sagte: ‘Meister, für diese Stiefel
zahle ich jeden Preis. Und ich
kann Sie mit dieser Qualitätsar-
beit überall weiter empfehlen’.“
Das war ein Grundstein für sei-
nen Erfolg. Heinrich Breuer er-
zählt auch, dass er im zweiten
Weltkrieg verpflichtet wurde,
Reparaturarbeiten in den Bezir-
kenKoblenz, Boppard undBen-
dorf auszuführen.Mit Pferd und
Wagen belieferte er selbst im
stärksten Bombenhagel die
Städte.
Arbeit bestimmte das Leben des
rüstigenHandwerksseniors, der
erst mit 80 Jahren in den wohl-
verdientenRuhestandging. Vie-
len Koblenzern wird Heinrich
Breuer, der in den 60er Jahren
sein Schuhfachgeschäft an der
Liebfrauenkirche eröffnete, ein
Begriff sein. Unter den Gratu-
lanten waren auch Kunden, die
heute noch „Breuer-Schuhe“
tragen.
Heinrich Breuer im Kreis
der Gratulanten.
...dieses Nilpferd und rund 3000 andere Geschenk-
ideen von mehr als 200 Kunsthandwerkern bis 21. De-
zember in der Weihnachtsausstellung der Galerie
Handwerk.
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