Handwerk Special Nr. 77 vom 18. Oktober 2000 - page 17

Oktober 1934: Pflichtinnungen statt gewachsener Zusammenschlüsse.
Nach dem „Gesetz über
den vorläufigen Aufbau
des deutschen Hand-
werks“ vom November
1933 und der „Ersten Ver-
ordnung über den vorläu-
figen Aufbau des deut-
schen Handwerks“ werden
alle in der Handwerksrolle
registrierten Handwerker
in Pflichtinnungen einge-
teilt. An die Stelle der 18
historisch gewachsenen
Innungsausschüsse treten
im Kammerbezirk elf
Kreishandwerkerschaften.
Handwerksmeister Both über seine Arbeit,
die Familie und das Engagement für den
Heimatort Bad Hönningen
Franz Boths alte
neue Immobilie
Als Franz Both am2. Sep-
temberseineRechnungan
die Gemeinde Hönningen
schreibt, schlagen dieUh-
ren noch in einem ande-
ren Takt: neue „Rinnen“
hat er verlegt, Reparatu-
ren vorgenommen, neue
Rohre installiert. DieRech-
nung ist lang, am Ende
schuldet die Gemeinde
dem Handwerker 89,50
Mark. Das war 1897.
Die Zeiten haben sich ge-
ändert, mit ihnen auch der
Wert des Geldes. Geblie-
ben ist der Name Both in
BadHönningen,geblieben
ist auch das handwerkli-
cheFamilienunternehmen,
dass heute Matthias Both
und Sohn heisst und durch
Franz Both senior und ju-
nior sowie Thomas in den
handwerklichen Arbeits-
bereichen Heizung, Sani-
tär, Lüftung und Klima
betriebenwird. Als „Assi-
stent der Geschäftsfüh-
rung“, so sagt er selber la-
chend, ist auch Sohn Leo
im Betrieb tätig. „Neben-
bei“ hat er Indologie stu-
diert und in diesem Fach
auch promoviert und habilitiert.
Im Wintersemester hält er Vor-
lesungenanderUniBonn,„wenn
ichhier nicht dringendgebraucht
werde“. Gebraucht wird in dem
traditionsträchtigenFamilienun-
ternehmen zur Zeit jede anpak-
kende Hand und jeder denkende
Kopf, denn Heizungsbauer- und
Installateurmeister Franz Both
hat sich neben der handwerkli-
chenArbeit einemweiteren Pro-
jekt verpflichtet: 1999 erwarb er
einriesigesGewerbegrundstück,
u.a. mit einer stillgelegten Fa-
brik, inBadHönningen. DieFlä-
che hat ermit erheblichemfinan-
ziellen Aufwand und viel Arbeit
in einen modernen Standort für
Gewerbetreibende umgewan-
delt. Doch aus dem erfolgrei-
chen Handwerker ist deshalb
kein „Immobilien-Spekulant“
geworden – „dafür gab es ganz
rationale Gründe“. Und ein gu-
tes Stück Patriotismus ergänzt
der Hönninger Handwerksmei-
ster, dessen Familie nachweis-
lich seit 1648 in der Stadt am
Rhein lebt.
DieseVerantwortunggegenüber
Bad Hönningen fasst der enga-
gierte Unternehmer mit kurzen
Worten zusammen: In den ver-
gangenen zehn Jahren gingen
am Standort mehr als 1000 Ar-
beitsplätze in der Industrie ver-
loren, Fabriken wurden stillge-
legt und verödeten.
Richtungswechsel
Gravierende Einschnitte in ei-
nem Ort mit 5.800 Einwohnern
und 13.000 in der Verbandsge-
meinde. Hiermusstewas passie-
ren, also nahm sich Franz Both
der Sache an. So, wie seit 1955
auch in seinem Betrieb. 25 Mit-
arbeiterzähltedasUnternehmen,
heute sind es 85. Grundlage für
diese Zuwächse war die Expan-
sion in neue Märkte: neue Kun-
den in neuen Gebieten wurden
mit neuenTechnologien gewon-
nen. Ob die Deutsche Post in
Bonn, für die dasHönningerUn-
ternehmen im neuen „Post-To-
wer“ das gesamte Entwässe-
rungssysteminstallierte oder ein
komplexesLuftzufuhrsystemim
Straßentunnel, ob Hallenbad-
heizung, Wärmerückgewinnungs-
anlagen oder die Fußbodenhei-
zung beim privaten Bauherren –
die Angebotspalette ist riesig,
der Fuhrpark ebenso. Und nun
eben auch das Engagement für
den Wirtschaftsstandort Bad
Hönningen, für das sich nicht
nur die Bürgermeister Michael
Mahlert und Guido Job bedank-
ten. Auch der rheinland-pfälzi-
sche Wirtschaftsminister Hans-
Artur Bauckhage besuchte den
Betrieb und lobte das unterneh-
merische Engagement über den
„eigenen Tellerrand“ hinaus.
Bothsches Räumkommando
70.000 qm misst das Bothsche
Gewerbegebiet, 40.000 auf ei-
nemaltenFabrikgelände, die be-
nachbarte Freifläche 30.000.
„Vor einem Jahr sah das hier
noch ganz anders aus“ erzählt
der Eigentümer mit Blick auf
freistehende Hallen. „Da stan-
denhier riesige Industieanlagen,
Hallen, Schornsteine.“ Dann
kam das „Räumkommando“.
Franz Both zeigt Bilder und be-
richtet über sein „Organisations-
komitee“. Man will es kaum
glauben, was hier an Arbeit und
persönlichem Einsatz einfloss.
Und an Geld. Seit Februar 2000
ist das Gelände für seine heutige
Nutzung „einsatzbereit“. Franz
Both erläutert die Vorzüge des
Standortes, die er an interessier-
te Unternehmer verkauft: „Di-
rekt am Bahnhof und unmittel-
bar an der B42 gelegen mit opti-
maler Infrastruktur in die Groß-
räume Bonn und Koblenz“. Zu
75 bis 180 Mark/qm, je nach
Lage, voll erschlossen auf hoch-
wasserfreiemGelände. Die freie
Parzellierungmacht es möglich,
Interessierten ihrWunschgrund-
stück anzubieten. Der Verkauf
ist gut angelaufen, einige Grund-
stücke sind noch frei. Auch mit
der bisherigen gewerblichen
Ansiedlung ist Both wegen der
Vielfalt – demnächst wird sogar
ein Supermarkt öffnen – zufrie-
den.
Und doch möchte er das Kapitel
„Gewerbeerschließung“ mög-
lichst schnell abschließen und
sich wieder verstärkt der Arbeit
inseinemUnternehmenwidmen.
„Da hat die Familie auch reich-
lich zu tun, und dem Patriotis-
mus für Bad Hönningen habe
ich jetzt ersteinmal genüge ge-
tan“ schmunzelt der 70jährige
Handwerksmeister.
Herbst 1999:
Die Abrissbirne
räumt auf im
neuen Gewerbe-
gebiet von
Franz Both
(Bild oben).
Die
Hönninger
Firma Both
um 1900.
Handwerksmeister Franz Both und Ver-
bandsbürgermeister Michael Mahlert haben
gemeinsam die Weichen für die Umnutzung
der ehemaligen Mannesmann-Werke gestellt.
Franz Both mit Sohn Leo
(rechts u. links) erläutern
Bürgermeister Guido Job
die nächsten Bauabschnitte.
Lukrativen Gewerbe-
standort sichern
Informationen zum neuen
Gewerbegebiet (ehemals
Mannesmann-Werke am
Bahnhof) in Bad Hönningen
gibt Handwerksmeister Franz
Both, Hauptstr. 192, Tel.:
02635/95 33 10, Fax: 02635/
95 33 22
oder die Verbandsgemeinde-
verwaltung Bad Hönningen,
02635/-72-0.
HwK-Betriebs-
beratung hilft weiter
Die Betriebsbörse der HwK
Koblenz berät kostenlos zu
Themen wie Investitionen in
Betriebserweiterungen und
Neugründungen, Investitions-
programme und -hilfen in
Rheinland-Pfalz, Antragstel-
lung u.v.m.
HwK-Infoline 0261/ 398-241,
Fax: -994, Email: Beratung@
hwk-Koblenz.de.
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