Handwerk Special Nr. 74 vom 12. April 2000 - page 6

3. Jahrhundert: Schmiede beginnen mit Recycling.
Die anhaltende Bedro-
hung durch Alamannen
und Franken wirkt sich
auf das in der Römerzeit
aufgeblühte Handwerk am
Mittelrhein nachteilig aus.
Unsichere Verkehrswege
erschweren die Rohstoff-
versorgung; die Schmiede
greifen deshalb zum Re-
cycling, verarbeiten ge-
sammelte und wieder ein-
geschmolzene Altmetalle.
„Ich bin kein Typ, der stehen
bleibt, ichwill weiterkommen“,
lautet die Devise des 33-jähri-
gen Achim Kuttler aus Wald-
böckelheim. Einen entschei-
denden Schritt in Richtung
Zukunft ging der Feinwerk-
mechanikermeister zu Beginn
dieses Jahres: Er gründete den
eigenen Betrieb „Sonder-
Werkzeuge Kuttler“.
Der Existenzgründer arbeitet zu-
nächst als Einzelunternehmer,
sein Betrieb besteht aus einer
Werkhalle, in der modernste
Präzisionsmaschinen stehen.
CAD und CNC sind hier selbst-
verständlich, um im Tausend-
stel-Millimeter-Bereich zu
schneiden, zu drehen oder zu
fräsen.
Stichwort:
ERP-Mittel sind europäi-
sche Fördergelder, die
durch die bundeseigene
„Deutsche Ausgleichs-
bank“ vergeben werden.
Die „Investitions- und
Strukturbank Rheinland-
Pfalz“ (ISB) ist ein Pen-
dant auf Landesebene dazu.
Die „Kreditgarantiege-
meinschaft Handwerk“
(KGG) ist ein Haftungs-
fond, den die Arbeitsge-
meinschaft rheinland-pfäl-
zischer Handwerkskam-
mern gegründet hat, um
Kredite für Handwerker
durch Bürgschaften abzusi-
chern.
Informationen
bei der
HwK-Betriebsberatung,
Tel.: 0261/398-249,
Fax: -994, Email:
Int.:
CNC-Ausbildung im Rahmen des Meisterkurses für
Feinwerkmechaniker im HwK-Berufsbildungszentrum
Bad Kreuznach - Infos unter Tel.: 0261/398-400.
Kleiner Funke
im ionisierten
Wasserbad:
Mit der Draht-
Erodiermaschine
schneidet Achim
Kuttler Sonder-
Werkzeuge.
nahm er 1
1
/
2
Jahre Abendkurs in
Kauf, arbeitete parallel dazu in
der Werkzeugbranche weiter.
„Ich will handwerklich kreativ
und präzise arbeiten“, lautet sei-
ne Maxime. Die eine Anstel-
lung forderte ihn zu wenig, die
andere genügte seinem An-
spruch an die Produktqualität
nichtmehr.Mit den erstenÜber-
legungen zur Selbständigkeit
1998 fertigte Achim Kuttler
Zeichnungen für einen Prospekt
mit dem möglichen Angebots-
spektrum, betrieb Marktfor-
schung, z.T. auch über Internet,
arbeiteteBranchenbücher syste-
matisch ab.
Werkzeugmacher - heute Fein-
werkmechaniker - war nicht
schon immer Kuttlers Traum-
beruf; „etwas selbst machen“
schien ihm an Autos interessan-
ter. Bis zu seiner Gesellenprü-
fung, die er mit sehr gutem Er-
gebnis bestand, hatte sich das
geändert. Kuttler blieb fünf wei-
tere Jahre imLehrbetrieb, mach-
te sich fit in Sachen Formenbau
und CNC-gesteuerten Werk-
zeug-Maschinen.
1992 begann er mit der Vorbe-
reitung auf die Meisterprüfung
im HwK-Berufsbildungszen-
trum Bad Kreuznach. Als Inve-
stition in die eigene Zukunft
Ergebnis: Zur Herstellung von
Präzisions-Werkzeugen mit
Diamant- oder Borazonschnei-
den gibt es ein knappes Dut-
zend Anbieter. Diese bringen
ihre Produkte mit sehr hohem
Preisniveau und langen Liefer-
zeiten zum Kunden. Nach
Kuttlers Analyse bietet der
Markt für ein neuesUn-
ternehmen dann gute
Vo r a u s s e t z u n g e n ,
wenn seine Sonder-
Werkzeuge folgenden
Kriterien entsprechen:
Erstens müssen sie von
absolut hochwertiger
Qualität sein; zweitens
darf die Lieferzeit drei
Wochen nicht überschreiten;
und drittens soll der Preis deut-
lich unter dem Durchschnitts-
niveau liegen.
DiesenAnforderungenwird der
junge Existenzgründer gerecht
durch seine hochwertigenCNC-
gesteuerten Maschinen und den
Einsatz eines durchgängigen
Spannsystems, das die arbeits-
und zeitintensiven Rüstzeiten
reduziert. Neben der Sorgfalt
im eigenen Arbeiten strebt er
als ein Element der Qualitätssi-
cherung die Einführung eines
Qualitätsmanagementsystems
an - einWeg, den er gemeinsam
mit Betrieben mit ähnlichem
Betätigungsprofil über die
Gruppen-Zertifizierung bei der
HwK Koblenz beschreitet.
Bleibt die Kalkulation für das
Investitionsvorhaben. Mit Hil-
fe der HwK-Betriebsberatung
erstellte Kuttler ein Finanzie-
rungskonzept und beantragte
über die Investitions- undStruk-
turbankRheinland-Pfalz öffent-
liche Fördergelder aus ERP-
Mitteln.
Wenn sich der Fein-
werkmechanikermeis-
ter im Markt etabliert
haben wird, will er sich
langsam vergrößern:
„Jeder Betrieb hat sei-
ne eigenen Gesetze.
Deshalbmöchte ichmir
meine Leute einmal selbst ‘zie-
hen’, alsoauchausbilden.“Denn
der Erfolg in seinem Gewerk
steht und fällt mit Präzision und
Qualität seiner Produkte - und
da will Achim Kuttler seine
Kunden einfach besser bedie-
nen als seine Mitbewerber.
Achim Kuttler
Jörg Lipkowski
aus St. Goar,
24 Jahre,
Kfz-Techniker-
handwerk:
„Die Konkurrenz in un-
serem Beruf wird im-
mer größer. Um mich
besser zu qualifizieren
und bessere Berufsaus-
sichten zu haben, mache
ich meinen Meister.“
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