Handwerk Special Nr. 74 vom 12. April 2000 - page 24

Im Gespräch mit jungen Meistern ...
So direkt haben sie selten Gelegenheit, bei Politikern frei von der Leber weg
zu reden: fünf Handwerksmeister, die sich bei der HwK-Meisterfeier 2000
stellvertretend für ihre 1.600 Kollegen, den Fragen von Moderator
Martin
Lohmann
, Chefredakteur der Rhein-Zeitung stellten.
Was erhoffen sich diejenigen, die mit dem Meisterbrief den Sprung in die
Selbständigkeit wagen? Was sollte Politik tun, um die Rahmenbedingungen
für das Handwerk und für Existenzgründer zu verbessern?
Saskia Schwickert
, Dachdeckermeisterin aus Neuhäusel: „Die Voraussetzun-
gen schaffen, dass Handwerk als der wichtigste Arbeitgeber im Land auch
seiner Rolle als wichtigster Ausbilder wirklich gerecht werden kann.”
Ahmet Tuncer
, Karosserie- und Fahrzeugbauermeister aus Sinzig: „Die beste-
henden Unternehmen unterstützen, damit sie nicht durch Großkonzerne ver-
drängt werden, Belastungen durch Lohnnebenkosten und Steuern reduzieren.“
Aber auch: „Wenn die Wirtschaft nicht zu mir kommt, muss ich zu ihr gehen!“
Michael Müller
, Kfz-Technikermeister aus Winningen, und
Manfred Reul
,
Elektrotechnikermeister aus Linz, beklagten die in Teilen der Gesellschaft
spürbare mangelnde Akzeptanz des Handwerks, die angesichts der Qualität
der Arbeit, der Leistung gerade auch bei der Ablegung der Meisterprüfung,
eigentlich unverständlich sei.
Stefan Maser
, Steinmetz- und Bildhauermeister aus Boppard, dachte über das
eigene Wohl und Wehe hinaus, forderte die Politik auf, durch steuerliche
Vorteile die Bereitschaft zum im Handwerk und seiner Selbstverwaltung
unverzichtbaren Ehrenamt und zum politischen Engagement zu fördern.
Im Gespräch mit Politikern ...
Die Äußerungen der jungen Handwerksmeister und die Fragen von Mode-
rator Martin Lohmann, RZ-Chefredakteur, forderten sie heraus: die Vertre-
ter der im rheinland-pfälzischen Landtag vertretenen Parteien und Kammer-
präsident Karl-Heinz Scherhag (MdB) äußerten sich über aktuelle Hand-
werks- und Mittelstandspolitik und zu Themen um den Meisterbrief, Ver-
besserung der Rahmenbedingungen ...
Ministerpräsident Kurt Beck
gestand Nach- und Verbesserungsbedarf zu,
obwohl die Zahl der Existenzgründungen in Rheinland-Pfalz bemerkens-
wert hoch sei, plädierte für die Beibehaltung des Meisters. „Da dürfen wir
auch zugunsten von Europa nicht Bewährtes in einem Zug wegwischen!“
Hans-Artur Bauckhage
, stellvertretenderMinisterpräsident undWirtschafts-
minister schloss sich dem Plädoyer für den Meister an, dessen Qualität sich
auch an der kleinen Zahl von Insolvenzen im Handwerk ablesen lasse.
Christoph Böhr
, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, unterstrich die
Bedeutung der Selbständigkeit und damit zur Übernahme von Verantwor-
tung als „Rückgrat der Gesellschaft“, lobte, dass die Fraktionen im Landtag
mittelstandspolitisch zusammenarbeiten.
Dietmar Rieth
, stellvertretender Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die
Grünen, forderte eine raschere Öffnung für neue Berufsbilder, um Entwick-
lungen schneller folgen zu können.
Karl-Heinz Scherhag
appellierte an die jungenHandwerker, sich politisch zu
engagieren, um mit ihrem Fachwissen bei den dafür notwendigen Entschei-
dungen mitarbeiten zu können.
Applaus gab’s für Becks Forderung nachmehrWirtschaftskultur; er erinner-
te die Großbanken an ihre gesellschaftliche Verpflichtung, auch Risikokapi-
tal für mittelständische Un-
ternehmen bereitzustellen.
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