Handwerk Special Nr. 70 vom 29. September 1999 - page 26

Flott
75jähriger Betrieb sprintet in die Zukunft / Neuwieder Raumausstatter flitzt durchs Internet
Gleichzeitig gründeten wir eine
Niederlassung in Frankfurt.“
Anfang der 70er Jahre erfolgt
die Trennung der Firma in den
Sitz Lahnstein und Rodenbach
bei Altenstadt in Hessen. „Wir
haben den Markt ständig beob-
achtet, sind auf Messen gegan-
Die Firma Jo-
sef Otto, mo-
derne Raum-
gestaltung in
Lahnstein, feiert ein doppeltes
Jubiläum: 75 Jahre besteht der
Betrieb, und Karl-Heinz Otto,
der jetzige Chef, ist 50 Jahre in
der Firma.
„1924 gründeten mein Vater,
Malermeister Josef Otto, und
Malermeister Valentin Diefen-
bach ihre Firma.MeinVater war
besonders auf Lasur- und Holz-
techniken spezialisiert, Valen-
tinDiefenbachwarDekorations-
maler. Leider fiel er einen Tag
vor der Kapitulation imZweiten
Weltkrieg, so dass mein Vater
den Betrieb allein weiterführte.
Von den Besatzungsmächten
wurde er eingesetzt, um die In-
frastruktur in der Region wieder
auf Vordermann zu bringen.“
Karl-Heinz Otto berichtet wei-
ter: „1949 trat ich in die Firma
ein und erweiterte unser Ange-
botumBodenbelägeundParkett-
arbeiten,HolzpflasterundSport-
hallenböden. Mein Bruder Heri-
bert folgte mir 1957, und wir
gaben der Firma den neuen Na-
men „Josef Otto & Söhne“.
gen und haben neue Ideen rund
um Bodenbeläge eingebracht:
War es zunächst Linoleum, so
folgten später Gummi und PVC
und schließlich Teppichböden.
Im Moment ist Parkett absolut
im Trend, es ist pflegeleicht, äs-
thetisch, dauerhaft und edel und
sehr wertbeständig.“
Zu den Kunden der Firma Otto
zählen zum Beispiel das Kur-
haus in Wiesbaden, Schloss Ha-
nau oder Schloss Oranienstein
in Diez.
In den 80er Jahren verlegt Karl-
Heinz Otto den Betrieb nach
Niederlahnstein und baut ihn
Mouseklickgenügt undman lan-
det in der ansprechend gestalte-
ten undmit mehreren Links zum
weiteren Klicken und Suchen
einladendenHomepage vonAn-
dreas Walter, Raumausstatter-
Meister aus Neuwied. Rasch
kann man sich hier informieren
über Innendekoration,Möbel im
allgemeinen und Polstermöbel
im speziellen, über Gardinen,
Stangen und Design und ganz
nebenbei noch einiges erfahren
über „Meister Walter“.
„Auch wenn ich noch nicht sa-
gen könnte, dass ich übers Inter-
net Kunden gewonnen habe,“
meint Walter, „Spaß hat mir das
Anlegen meiner Homepage auf
jeden Fall gemacht, weil ich ein-
fach gerne mit dem Computer
arbeite.” Aber schauen wir doch
einfach noch ein bisschen rein in
die Homepage, beispielsweise
in die Biografie „Meister Wal-
ters“. Da liest man u. a., dass
Andreas Walter 1970 in die
Landesschule fürGehörlose und
Hörgeschädigte inNeuwied ein-
geschult wurde und dort seinen
Hauptschulabschluss machte.
Anschließend besuchte er in
Frankenthal zwei Jahre lang die
Berufsfachschule Metall. „Da
habe ich gemerkt, dass dies doch
nicht das Richtige für mich war,
dass ich lieber mit anderen Ma-
terialien arbeiten wollte!“.
BIOGRAFIE IM INTERNET
Nach einer Ausbildung im Be-
rufsbildungswerkinNeuwiedar-
beitete er eine Zeitlang in der
Keramik-Branche, aber auchder
Ton sollte noch nicht das Mate-
rial sein, mit dem er wirklich
arbeiten mochte. Seinen richti-
gen Stoff - im doppelten Sinn
des Wortes! - fand Walter erst,
alseretlicheJahreineinerWohn-
mobil-Firma tätigwar, und zwar
in der Polsterei. Hier begann er
auch seine Ausbildung zum
Raumausstatter-Meister und
wagte, versehen mit einer Aus-
nahmegenehmigung, rasch den
Schritt in die Selbständigkeit.
„Es war eine anstrengende Zeit,
gleichzeitig täglich für denKun-
den dazusein und dann in der
Abendschule den Meisterkurs
durchzuziehen. Als ich es 1997
endlich geschafft hatte, war ich
sehr erleichtert.“ Ohne die Hilfe
von Eltern und Geschwistern,
verkündet schwarz auf weiß und
ehrlich die Homepage, hätte er
es nicht geschafft.
Vier Jahre später: ein
Blick indas Schaufen-
ster der Werkstatt in
derEngerserLandstra-
ße macht Appetit auf
neueKleider fürWän-
de und Möbel. Drin-
nen auseinanderge-
nommene Sessel und
Couches reihenweise,
teils bis aufs nackte
Holzskelett abgema-
gert. Bis sie wieder
zum kommoden Platz
nehmen einladen,
müssen noch viele
Handgriffe getanwer-
den. „Den Sessel
dort,“ zeigtWalter auf
ein Stück, an dem er
gerade arbeitet, „den
polstere ich komplett
wieder auf, bevor ich
ihn neu beziehe.“ Im
Klartext heißt das:
neueGurtbänderspan-
nen, darauf neue Fe-
dern befestigen, diese
von Hand spannen,
mehrere Schichten
Polstermaterial aufar-
beiten und schließlich
das Ganze mit neuem
„Kleid“ versehen.
Bild aus den Endsechzigern: Seither hat das Lahnsteiner
Malerunternehmen Otto, 1924 von Josef Otto gegründet,
mächtig „Gas gegeben“. Der Gründersohn Karl-Heinz
Otto (im Bild links) will noch vor der Jahrtausendwende
den Betrieb an Sohn Alexander übergeben.
weiter aus, organisiert früh eine
Lehrstellenbörse mit lebenden
Werkstätten, um jungen Men-
schen Berufsperspektiven auf-
zuzeigen und nimmt auch mehr-
fachanderMESSEAMRHEIN:
Handwerksmesse Koblenz teil.
Zur 675-Jahr-Feier der Stadt
Lahnstein beteiligt sich die Fir-
ma im Sommer dieses Jahres
ehrenamtlich an der Sanierung
des Rathauses.
Sein Engagement in der Kol-
pingfamilieisteinweitereswich-
tiges Element im Leben von
Karl-Heinz Otto: „Wir haben
rund 100 Hilfstransporte nach
Bosnien und Kroatien organi-
siert und kümmern uns derzeit
umdieInstandsetzungvonKran-
kenhäusern imKosovo. Hier ar-
beiten wir eng mit der Bundes-
wehr und „Ärzte ohne Grenzen“
zusammen.”
Im Oktober soll das doppelte
Jubiläum groß gefeiert werden,
das nächste Ziel hat Karl-Heinz
Otto schon vor Augen: „Sohn
Alexander, Maler- und Parkett-
legermeister, soll den Betrieb
noch 1999 übernehmen.“
Der nächste Meistervor-
bereitungskurs für Maler
und Lackierer beginnt bei
der Handwerkskammer
Koblenz am 29. 10. `99
(Koblenz, Teilzeit) sowie
am 26. 11. `99 (Rheinbrohl;
Teilzeit).
Infos & Anmeldung bei der
HwK-Meisterakademie,
Tel.: 0261/398-400, Fax:
1...,16,17,18,19,20,21,22,23,24,25 27,28,29,30
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