Handwerk Special Nr. 70 vom 29. September 1999 - page 27

Engagiert
Bauarbeiter tragen ihr Werk-
zeug in aller Regel amHosen-
gürtel. Es drückt auf Nieren
und Bandscheiben. Vor al-
lem in Kombination mit Kälte
und Nässe - oft eine schmerz-
hafte Angelegenheit. Das Ge-
wicht der lose hängenden
Schneid-, Umform- undMeß-
werkzeuge. lastet schwer auf
denMännern. Zukünftigmuß
das nicht mehr so sein.
Mahmoud Mardinli, Gerüst-
bauer aus Langenhahn, entwarf
einen Werkzeuggürtel, der alle
Nachteile ausgleicht. Auf die
Idee kam der 33jährige Syrier,
der seit 1989 in Deutschland
lebt und arbeitet, während eines
Krankenhausaufenthaltes. „Ich
war vom Gerüst gefallen und
habe mir überlegt, was meine
Arbeit zukünftig erleichtern
könnte”, erinnert er sich. Er-
gebnis seiner Überlegungen ist
ein Gürtel aus synthetischem
Material, wasserdicht und mit
Schaumstoff gefüttert. Das
Werkzeug hängt fest in Schlau-
fen, die mit Knöpfen am Gürtel
befestigt sind. Der Gürtel lässt
sich verstellen, das Werkzeug
kann wahlweise vorn oder hin-
ten getragen werden.
Neben dem gesundheitlichen
Aspekten seines Gürtels, Rük-
ken-, Bandscheiben- und Nie-
renschutz, bietet dieser zudem
auch den Vorteil, dass das ge-
samte Werkzeug in unmittelba-
rer Körpernähe getragen wer-
den kann.Wann immer man ein
Werkzeug benutzt hat – man
kann es sofort wieder „wegstek-
Als Ehre und persönliche Herausforde-
rung sieht Fleischermeister Volkhard
Waelder aus Meisenheim seine ehrenamt-
liche Tätigkeit. Seit August diesen Jahres
ist er Bürgermeister der 3.200 Einwohner
zählenden Stadt. „Die Betonung beimWort
Ehrenamt liegt auf der ersten Silbe“, sagt
er. Und er sagt es nicht ohne Stolz. „Die
Belange der Menschen und die Entwick-
lung unserer Stadt liegen mir sehr am
Herzen“, so der gebürtige Meisenheimer
Handwerksmeister, der ein mehr als 300
Jahre altes Unternehmen führt.
Schon in der Berufsschule wur-
de ihm prophezeit, dass er ein-
mal Bürgermeister würde. Der
junge Geselle engagierte sich
für die Interessen seiner Mit-
schüler als Klassen- und Schul-
sprecher. Die Ermordung von
John F. Kennedy 1963 war für
den jungenWaelder ein Schlüs-
selereignis. „Das hat mich sehr
bewegt”, erinnert er sich. „Seit
jener Zeit habe ich die Politik
aufmerksam verfolgt, anfangs
nur passiv,“ räumt er ein.
Eigene politische Erfahrungen
hat der 48jährige seit 20 Jahren
im Stadtrat gesammelt. Als der
Stadtbürgermeister aus Alters-
gründen ausschied, stellte sich
der parteilose Waelder spontan
zur Wahl. Dass er sich mit 75
Prozent der Stimmen gegen ei-
nen Mitbewerber um das Bür-
germeisteramt durchsetzte,
rechnet Waelder nicht zuletzt
seiner Popularität als Handwer-
ker zu. „Ich bin immer zu errei-
chen, montags im Rathaus, täg-
lich imGeschäft“. Fleischermei-
ster Waelder führt seinen 1684
gegründeten Betrieb in der 9.
Generation. „Alle Waelders
wurden Fleischer“, sagt er. Bis
1976 war der Fleischerei eine
Gastwirtschaft angeschlossen.
„Dort wurde immer politisiert“;
weiß Waelder. Mit eigener Pro-
duktionsstätte und Partyservice
haben er und seine vier Mitar-
beiter auch ohne Gastwirtschaft
alle Hände voll zu tun. Immer
wieder lässt sich der Fleischer-
meister neue Wurstkreationen
einfallen. Für seine Meisen-
heimer Pflasterwürste erzielte
er beimNovitätenwettbewerb in
Frankfurt den ersten Platz. „Ich
muss immer sehen, wo ich ste-
he“, begründet Waelder seine
Teilnahme an Wettbewerben
über die Landesgrenzen hinaus.
Stadtratsitzung, Finanz- und
Bauauschusssitzung, Ältesten-
rattagung, Bürgersprechstun-
den, täglich frische Wurst-
produktion, Partyservice, - die
Freizeit ist knapp geworden für
den Fleischermeister und ehren-
amtlichen Kommunalpolitiker.
Wenn es irgendwie geht, ist er
beim Spiel des FC Meisenheim
dabei. Schließlich ist sein Jüng-
ster aktiv dabei.
ken“ – somit entsteht keinerlei
Unordnung. „Stolperfallen“ am
Bau durch herumliegendes
Werkzeug sind praktisch aus-
geschlossen. Auch die Zeiter-
sparnis bei der Arbeit ist nicht
zu unterschätzen.
Eine Neuerung, die es bisher
nicht gibt, fand das Patentamt
nach drei Monaten Recherche
heraus. Stolz trägt Mahmoud
Mardini den Prototyp. Gegen-
wärtig ist er dabei, seine Idee
mit dem klangvollen Namen
„SeGURITy“ zu vermarkten.
Erobert sich die Erfindung ih-
renMarkt, bleibt der Erfolgnicht
aus. Anwärter für das neue Pro-
dukt gibt es unter seinen Kolle-
gen bereits ausreichend.
Gerüstbauer
Mahmoud Mardinli
ist stolz auf seinen
patentierten Gürtel.
Hat im eigenen, 1684 gegründeten Unternehmen und im Meisenheimer Rat-
haus das Kommando: Fleischermeister und Bürgermeister Volkhard Waelder.
Bürger- und HandwerksmeisterWaelder aus Meisenheim / Patenter Gerüstbauer Mardinli
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