Handwerk Special Nr. 69 vom 18. August 1999 - page 28

Die Lage könnte idyllischer
kaum sein. Der Blick schweift
über Felder und Wiesen, über
die waldigen Höhen des West-
erwalds. Die Weite, die Ruhe,
der ländliche Frieden waren es
auch, die K. O. Götz und seine
Frau Rissa reizten, sich 1975
in Wolfenacker, oberhalb des
Wiedtals, niederzulassen. Ganz
bewußt in der „Provinz“ und
nicht in einem der großen
Zentren der Kunst.
Verlassen möchten sie den We-
sterwald nicht mehr, und verlas-
sen sollen ihn auch nicht ihre
Arbeiten. Wolfenacker ist Sitz
der vor zwei Jahren gegründeten
„K.O.Götz und Rissa-Stiftung“.
Wolfenacker soll auch der Ort
sein, an dem das Museum ge-
baut würde, in dem die Werke
Bauweise, in Harmonie mit der
Landschaft, drei würfelförmige,
flache Baukörper, durch Glas-
Seine Energie ist auch spürbar,
wenn er seine Besucher emp-
fängt:WernerWittlich,Neuwie-
der Kreishandwerksmeister,
MdB,alsKurtscheiderfastNach-
bar des Künstlers, und den Vor-
sitzenden des Kulturausschus-
ses des Deutschen Bundestages,
Dr. Norbert Lammert. Sie wol-
len die Möglichkeiten sondie-
ren, den Bau eines solchen Mu-
seums zuunterstützen. „Schließ-
lich gibt es direkte Beziehungen
zwischen Kunst und Handwerk,
sind Kreativität, Gestaltung in
beiden unverzichtbar,“ begrün-
det Wittlich sein Interesse.
An den Wänden hängen, lehnen
zahlreicheArbeiten, darunter die
allerneuesten.Alterswerke?An-
gesichts ihrer Dynamik scheut
man sich, diese Bezeichnung zu
gebrauchen. Gemalt sind sie
nicht auf weißem, sondern auf
schwarzemGrund. „Es hat mich
seitlangemgereizt,malmitWeiß
auf Schwarz zu malen,“ erklärt
der Künstler. Auch in diesenAr-
beiten sind seine markanten
„Kringel“unverkennbar,mitPin-
seln, oft zu schweren, breiten
„Pinselbesen“ gebündelt, auf die
Leinwandgeschwungen, aus der
Bewegung des ganzen Körpers
heraus.
Bilder mit eigener Realität
In der Zwischenzeit hat auch
Karin „Rissa“ Götz das Atelier
betreten, einst Schülerin ihres
Mannes, der von 1959 bis 1979
an der Kunstakademie in Düs-
seldorf lehrte, so wie sie es seit
1975 selber tut. Sie nimmt die
Besucher mit in ihre Werkstatt,
gleich der ihresMannes benach-
bart. Trotz des langen und engen
Zusammenlebens - die beiden
sind seit 34 Jahren verheiratet -,
könnten die künstlerischen Un-
terschiede kaum größer sein.
Mögen auch ihre Bilder noch
das Informel verraten - dominie-
render ist dasEntschlossene,Ab-
solute ihrer Figuren, ihrer Stille-
ben, deren eigene Realität.
Sponsoren gesucht
Das Gespräch kehrt immer wie-
der zur Stiftung, zum geplanten
Museum zurück. „Wir haben
schon zahlreiche Angebote aus
einigen Großstädten, die unsere
SammlungmitKußhandnehmen
würden, aber wir wollen, daß sie
hier, in Rheinland-Pfalz bleibt.“
Ein Wille, den man seitens des
Landes nutzen sollte. Bleibt zu
hoffen, daß sich Geldgeber fin-
den, die für Bau und laufende
Kosten des Museums in
Wolfenacker aufkommen. Viel-
leicht hilft auf der Suche nach
ihnen ja auch eine Ausstellung,
die von der HwK Koblenz vor-
bereitetwird.Kunstund(Kunst)-
Handwerk, die explosiven Bil-
der von K.O. Götz und die aus-
gewogenen Keramiken von
Wendelin Stahl in ebenso fried-
licher wie spannender und krea-
tiver Koexistenz.
„...die eplosiven Bilder von K.O. Götz und die
ausgewogenen Keramiken von Wendelin Stahl
in friedlicher wie spannender Koexistenz...“ -
demnächst zu sehen in einer HwK-Ausstellung.
rotunden miteinander verbun-
den. Vorerst steht das Modell,
neben Farbeimern und Pinseln,
imweiträumigen, hellenAtelier,
in demGötz, einer der Väter und
Exponenten der deutschen, der
europäischen informellenMale-
rei (er wurde als einziges deut-
schesMitglied1949 indieGrup-
pe COBRA aufgenommen und
stellte mit ihr zusammen aus),
trotz seiner 85 Jahre mit kaum
gebremster Energie arbeitet.
desKünstlerpaares eine bleiben-
de Heimat finden.
Platz+Pläne fürs Museum
Die Voraussetzungen dafür sind
ideal. Das Atelier des Hauses, in
demRissa undGötzwohnenund
arbeiten, könnte in den Muse-
umskomplex einbezogen wer-
den:GeländefürdessenBaustellt
die Stiftung, ein Modell dafür
gibt es bereits. Aufgelockerte
Kraft und Konzentration
Kunst am Bau -
Kunstbau: So soll
das Museum der
„K.O. Götz und
Rissa-Stiftung“ in
Wolfenacker
einmal aussehen.
Die Ausstellungs-
fläche soll dann
auch anderen
Künstlern offen
stehen.
Kreativ:
Das Künstlerehepaar K.O. Götz und Rissa im Portrait / HwK-Gestaltungsakademie vorgestellt
NatürlichesBindegliedzwi-
schen Kunst und Handwerk
ist die Gestaltung. Die ge-
stalterischeDurcharbeitung
handwerklicher Produkte,
die des äußeren Erschei-
nungsbildes eines Betriebs
sollte genauso selbstver-
ständlich sein wie bei einer
künstlerischen Arbeit.
Um das Bewußtsein dafür
zu wecken und zu schärfen,
können die Signale nicht
deutlich genug sein. Die
Funktion des Signalgebers
übernimmt die HwK Ko-
blenz mit ihren Plänen für
eine Gestaltungsakademie.
Sie soll im Koblenzer Indu-
striegebiet vor dem Metall-
und Technologiezentrum
auch architektonisch rich-
tungweisende Gestalt an-
nehmen.
Transparenz ist angesagt;
wichtigste Baumaterialien
werden Holz und viel Glas
sein, Voraussetzung für luf-
tige und lichtdurchflutete
Zeichen- und Werkateliers.
Sie werden in der Gestal-
tungsakademie der HwK
ebenso ihren Platz finden
wieMedien-undMultifunk-
tionsräume, Diathekund ein
Archiv für Zeichnungen, Mo-
delle und Entwürfe. Das
Ganze versehen mit Rech-
nern und Programmen, die
auch das Gestalten mit dem
PC erlauben, ob es um das
Layout oder computerge-
stütztes Konstruieren oder
Computeranimation geht.
Erfaßt werden sollen als In-
teressentenkreis für die hier
geplanten Weiterbildungs-
und Beratungsangebote
schließlich nicht nur dieGe-
werbe, die man am ehesten
mit Gestaltung zusammen-
bringt, sondern das Hand-
werk als Ganzes. „Wir wol-
lenunserenMitgliedsbetrie-
ben z. B. zeigen, daß opti-
malesProduktdesignzusätz-
liche Marktchancen eröff-
net. Das wird noch lange
nicht überall erkannt,“
kommentiert HwK-Präsi-
dent Karl-Heinz Scherhag
(MdB) die Pläne.
InfoszurWeiterbildungim
BereichGestaltungbei der
HwKKoblenz, Tel.: 0261/
398-400, Fax: 990.
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32
Powered by FlippingBook