Handwerk Special Nr. 69 vom 18. August 1999 - page 11

Auf Erfolgskurs
Lehre geschafft, Bundessieg errungen, Erfolg im Beruf: „Alltag“ in einer Glaserei
Die eine hat vor einigen
Monaten beim Lei-
stungswettbewerb der
Handwerksjugend auf
Bundesebene einen
ersten Preis erobert, die andere ist auf dem besten
Weg, ihre Lehre mit Bestnote zu beenden. Bern-
hard Lenz, Lehrmeister der beiden und Inhaber
einer Glaserei im kleinen Heilberscheid im Wester-
wald, hat allen Grund, mit seinen weiblichen
Lehrlingen bzw. Gesellinnen, mit Anke Stock und
Julia Swiersy, zufrieden zu sein.
Beidestarteten,zugegebe-
nermaßen, auch mit opti-
malenVoraussetzungenin
die Lehre als Kunstglase-
rinnen, beide hatten Ab-
itur und bereits eine ver-
wandte Ausbildung hin-
ter sichgebracht, drei Jah-
re Glasmalerei gelernt.
„Ich wollte immer etwas
mit meinen Händen ma-
chen, einen Beruf haben,
bei dem ich abends sehe,
was ich tagsüber geschafft
habe,“ begründet Anke
Stock ihre Entscheidung
für die Glaserei. Ihre Kol-
legin kam dagegen eher
auf einem Umweg zum
Handwerk. „Nach dem
Abi habe ich zunächst
zwei Semester Kunstge-
schichte studiert, aber ir-
gendwie war mir das alles
viel zu theoretisch.
Als mich dann mal eine
Freundin mit in die Glas-
fachschule nahm, spürte
ich sofort, daß auch dies
was für mich wäre,“ er-
zählt Julia Swiersy und
schenkt gleich wieder die
volleAufmerksamkeit ih-
rem Gesellenstück.
Eine Glastür ist es, die
einmal in eine Küche füh-
renwird („MeineOma hat
sichbereiterklärt,ihreTür
zerschneiden zu lassen!“)
undinderGlasmalereiund
Kunstglaserei kombiniert
sind. Harmonische Gelb-
und Brauntöne dominie-
„Unsere Kunden,“ meint
Bernhard Lenz, „wollen
auch etwas Individuelles
haben, wenn sie zu uns
kommen, gleichgültig, ob
es sich um eine Tür fürs
Haus oder einen Spiegel
fürs Bad handelt. Gesprä-
che mit ihnen, Beratung
sind wichtig, damit alle
Beteiligten am Ende mit
dem Ergebnis zufrieden
sind.“ Ein Blick in die
alleswirklich so läuft, wie
ich mir das vorgestellt
habe, ohne daß ich stän-
dig dabeistehe.“ Liebend
gerne würde er auch im
neuen Lehrjahr wieder ei-
nen Lehrling einstellen,
„aber es ist einfach un-
glaublich schwierig, ge-
eignete Bewerber zu fin-
den, die sich für denBeruf
wirklich interessieren“.
Glücksfälle wie die bei-
den, diemit Leib und See-
leGlaserinnen sind, gibt’s
halt nicht jeden Tag.
DemnächstwirdBernhard
Lenz im benachbarten
Nentershausener Gewer-
begebiet eine größere
Werkstatt eröffnen, „hier
sind die Räume einfach
zu klein“. Und wenn man
ihm zuhört, wird klar, daß
es bei ihm wohl nicht bei
der räumlichen Expansi-
on alleine bleiben wird.
„Als junger Handwerks-
meister muß man Ideen
und klare Vorstellungen
darüber haben, wie man
ein eigenes Profil entwik-
kelnundsichvonderKon-
kurrenz abheben kann.“
ren in der Farbgebung,
passend zum zentralen
Motiv, appetitlichen Zi-
tronen.AndieBleivergla-
sung muß noch letzte
Hand gelegt werden. Da-
für werden die als Ver-
bindungsstegeoderDekor
genutzten Bleiruten mit
dem Bleimesser, das mit
seiner Rundung fast wie
ein türkischer Dolch aus-
sieht, geschnitten. „Durch
die Rundung des Messers
kann man besser und ge-
nauer schneiden, sonst
würde man das Material
zu sehr zusammendrük-
ken,“ erläutert Bernhard
Lenz die eigenwillige
Form des Werkzeugs.
Farbe mit Geschichte
Auch das preisgekrönte,
Bundesehreneinheimsen-
de Gesellenstück von An-
ke Stock war eine Tür,
stilistisch allerdings ganz
anders angelegt, eine fi-
gurative Arbeit, in der in
Glasmalerei aufgebrach-
te Bewegungsstudien von
männlichen Akten kom-
biniertwarenmitschwung-
voll-geometrischem De-
kor und rhythmisch ge-
gliederten Farbflächen in
intensivem Blau. An den
Farben, mit denen in der
Glasmalerei gearbeitet
wird, habe sich eigentlich
seit Jahrhunderten relativ
wenig geändert, erzählt
Anke Stock, bei den alten
Kirchenfensternhabeman
genauso Farben auf der
Grundlage von Metall-
oxiden verwendet wie in
der modernen Werkstatt.
„Allenfalls die Lösungs-
mittel sind jetzt anders,
früher hat man halt auch
mal Bier undUringenom-
men, im Prinzip könnte
mandasnachwievortun.“
RichtigzumLeuchtenund
StrahlenkommendieFar-
ben nicht nur durch das
charakteristischeundkon-
turierende, aus Bleimen-
nige und Eisenoxid zu-
sammengesetzteSchwarz-
lot, sondern durch das
Brennen imOfen bei etwa
580 Grad. Fingerspitzen-
gefühl ist notwendig, um
wirklich immer das ge-
wünschte Ergebnis zu er-
zielen. „Bei schwierige-
ren Fällen, wo man etwas
experimentierenmuß,ma-
chen wir deshalb erst mal
einenProbebrand,“erklärt
Lenz, der seinen Betrieb
vor acht Jahren gründete.
Glas vom Feinsten
Tradition hat ebenso das
Material, auf dem gemalt
wird bzw. aus dem vor
allem Fenster und Türen
kunstvollst zusammenge-
setzt werden. Verwendet
wird schweres, mund-
geblasenes Echt-Antik-
Glas, das sich in seiner
schönen,unregelmäßigen,
von Luftbläschen und
Craquelée-Spuren ge-
prägten Struktur deutlich
von industriell gefertig-
tem Glas unterscheidet.
Mustermappe zeigt, wie
vielfältig die Palette ist -
vomeher klassischenEnt-
wurf bis zum modernen,
oft geometrischen oder
ganz freien Design, vom
Familienwappen bis zur
abstraktenKompositionin
und auf Glas.
Auf Lehrlingssuche
Ohne den nötigen Enthu-
siasmus und Spaß an der
Arbeit aber geht nichts.
Anke Stock und Julia
Swiersy haben beides, so
daß ihr Meister sie immer
wieder nur in den höch-
sten Tönen lobt. „Wenn
ich ihnen etwas erkläre,
kann ich sicher sein, daß
Freie Lehrstel-
len: Glaser
Das Glaserhandwerk
bietet auch in diesem
Ausbildungsjahr freie
Lehrstellen, zur Zeit im
Unternehmen von Al-
bert Dreher, Lahnstein,
02621/50337 sowie in
den Werkstätten Keller,
Höhr-Grenzhausen,
02624/7208 (Kunst-
glaser). HwK-Info-
Telefon zu Ausbildungs-
fragen: 0261/398-331.
Sie wird
dem-
nächst
ihre
Lehre
mit der
Gesel-
lenprü-
fung
abschlie-
ßen:
Anke
Stock.
Deutschlands
bester Glaser
Deutschlands bester
Nachwuchsglaser wird
gesucht. Sachdienliche
Hinweise nimmt die
HwK Koblenz unter
dem Kennwort „Prakti-
scher Leistungswettbe-
werb“ entgegen. Mit-
machen & Gewinnen!
HwK-Telefon 0261/
398-641, Fax: -988.
Infos auch im Internet:
Im
Unter-
nehmen
von
Bernhard
Lenz
arbeitet
mit Julia
Swiersky
bereits
eine erste
Bundes-
siegerin
im Nach-
wuchs-
wettbe-
werb.
Ein
Fenster-
rahmen
(Hinter-
grund)
aus Holz,
der aus
dem
Rahmen
fällt: Das
paten-
tierte
Fenster
„modul
4“ des
Handwerks-
unter-
nehmens
Krischer
aus
Ober-
zissen.
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