Handwerk Special Nr. 69 vom 18. August 1999 - page 7

Informationen
Patentes Handwerk:
Erfindungen machen nicht nur dieArbeit leichter und sicherer, sie sparen auch Geld.
Ein Sägewerker kommuniziert
mit der Sägemaschine. Er ist
mit einem Gehörschutz, in den
ein Lautsprecher integriert ist,
und Mikrofon ausgestattet.
Über das Mikrofon gibt er der
Maschine die Kommandos.
Zur Kontrolle wird jede Einga-
be von einer weiblichen Com-
puterstimme wiederholt.
Es kann also zu keiner Fehl-
steuerung kommen. Im Gegen-
teil, kritische Störfälle können
durch die umfangreiche akusti-
sche Meldung von Statuszu-
ständen schneller und einfacher
behoben werden.
Premiere im Holzbau
In dem Mayener Holzbauunter-
nehmenAntonRosenbaumwird
das Sprechen mit der Maschine
mittlerweile fast zwei Jahre er-
folgreich praktiziert. Als Lothar
Rosenbaum, Bauingenieur und
Zimmerer, 1990 gemeinsammit
seinemBruderChristophdenFa-
milienbetrieb übernahm, war
dies für ihn auch Grund, über
Effizienzsteigerung und Ratio-
nalisierung im Produktionsbe-
reich nachzudenken. Er paßte
das für PC-Anwendungen im
Büro seit längerem genutzte
Prinzip der Spracherkennung
„VoiceCommande“ auf den
enormen Geräuschpegel in sei-
nem Holzbaubetrieb mit ange-
schlossenem Sägewerk an.
Inzwischen ist das Prinzip der
„sprechenden und hörenden Sä-
gemaschine“ für die gewerbli-
che Nutzung neben dem bereits
erteilten Gebrauchsmuster in
Deutschland in fünf europäi-
schenLändern zumPatent ange-
meldet und in Frankreich bereits
veröffentlicht. Lothar Rosen-
baum erinnert sich, wie 1996
alles begann. „DieAnfangsüber-
die jeweilige Anwendung zuge-
schnittene Wortschatz verarbei-
tet und an andere Systeme über-
geben. Dabei wird jeder Wort-
folge eine Steuerhandlung zu-
geordnet.
legung war, den Arbeitsablauf
an einer manuell beschickten
Doppelbesäumkreissäge zu op-
timieren. Der Einstellvorgang
der Säge wurde bisher über ein
Handhebelgestänge ausgeführt.
Das ständigeGreifen nach
der Tastatur, um die Ma-
schine entsprechend der
Brettstärke einzurichten,
störte den Arbeitsrhyth-
mus erheblich. Nachdem
ersteVersuche, einFußge-
stänge einzubinden, nicht
den gewünschten Erfolg
brachten, kam uns die zu-
nächst belächelte Idee, die
EinstellroutineperSprach-
befehl zu steuern. Die von
uns speziell entwickelte
SoftwarerealisiertdieVer-
netzung von Maschine,
Sprachein- und -ausgabe,
sowie die Verarbeitung
undVisualisierungderDa-
tenmengen, wie beispiels-
weise Maschinenpara-
meter, Maß- und Zuord-
nungstabellen und Wort-
schätze.“
Mehrsprachig
DieSpracheingabewirdvonden
möglichen Benutzern trainiert,
so daß sich das System auf die
unterschiedlichen Stimmen ein-
stellen kann. Die Trainingszeit
beträgt etwa eine halbe Stunde.
Der jeweilige Anwender wird
vor Arbeitsbeginn am Display
ausgewählt. Die Maschine ver-
steht die Kommandos auf
Deutsch, Englisch, Französisch
und Russisch. Sogar Dialekte
werden erkannt. Grundlage bie-
tet ein PC mit eigens im Unter-
nehmen entwickelter Hard- und
Software. In ihm wird der auf
Die Spracheingabe ist eine echte
Arbeitserleichterung.DerBenut-
zer kannmit beidenHänden sein
Werkstück führen, da die manu-
elle Einstellung der Maschine
entfällt. Auch der permanente
Blickwechsel zwischen Einga-
begerät und Arbeitsgegenstand
ist nicht mehr nötig. Der erzielte
Rationalisierungseffekt liegt bei
bis zu 30 Prozent.
Behindertengerecht
Lothar Rosenbaum sieht in dem
Einsatz von VoiceCommande
auch die Möglichkeit der Inte-
gration von Menschen mit ei-
nem motorischen Handicap in
den Arbeitsprozeß.
Diese Sägemaschine gehorcht aufs Wort - in mehre-
ren Sprachen. ‘VoiceCommand’ erhöht die Arbeitssi-
cherheit, da beide Hände amWerkstück bleiben.
Zimmerer, Bauingenieur und
Erfinder: Lothar Rosenbaum.
Junge Menschen und ihre Ide-
en - ein unermeßliches Potenti-
al an Kreativität, aus dem neue
Erfindungen resultieren, wenn
diese Krativität erkannt und
unterstützt wird - so die Über-
legung der HwK Koblenz im
Frühjahr dieses Jahres. Sie
lud ein zum „Erfinderclub
Junges Handwerk“ und stieß
auf große Resonanz. Inzwi-
schen sind erste konkrete Er-
gebnisse greifbar.
Junge Handwerkslehrlinge und
Gesellen fühlten sich angespro-
chen, dieFreude anZahlen, Phy-
sik und Technik haben, die Be-
triebsabläufe in ihren Hand-
werksunternehmen optimieren,
die alleine entwickeln und übers
Internet die dabei gewonnenen
Ergebnisse austauschen wollen.
Tatsächlich ist dabei jeder Beruf
einbezogen, obBäcker, Feinme-
chaniker, Installateur- und Hei-
zungsbauer oder Zahntechniker.
Monatlich treffen sich die Club-
mitglieder bei der HwK und tau-
schen ihre Ideen, Überlegungen
und Erfindungen aus.
Ein Team von HwK-Experten -
sowohl aus demtechnischenwie
auch pädagogischen Bereich -
leistet ihnen mit wissenschaft-
lich-praktischen Kenntnissen
dabei fachliche „Rückendek-
kung“, hilft die Theorie in die
Praxis zu überführen.
Ziel des bisher bundesweit ein-
maligenProjektes zur Förderung
jungerTalenteimHandwerk,mit
demdieHwKKoblenzbildungs-
politisches Neuland betritt, ist
die Erarbeitung von Innovatio-
nen und Patenten, die betrieb-
lichumsetzbar sindund eineOp-
timierung von Betriebsabläufen
schaffen. „Dies bedeutet“, sodie
HwK Koblenz, „sichere und
neueArbeitsplätzesowieBerufs-
chancen für heute und morgen
für den einzelnen wie für uns
alle.“ Dabei stand der Gedanke
Pate, demjenigen etwas mitzu-
geben, der mehr aus sich ma-
chen, der die Chancen nutzen
will, die eine leistungsorientier-
teOrganisationwie dieKammer
mit ihren Mitarbeitern und dem
High-Tech-Potential bietet.
Erfinderclub Junges
Handwerk, Tel.: 0261/
398-531, Fax: -988, e-mail:
Int.:
HwK-Mitarbeiter Erwin Schmitt (l.) entwickelt mit
zwei jungen Erfindern Ideen zur Optimierung und Er-
weiterung von Bus-Systemen.
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