Handwerk Special Nr. 69 vom 18. August 1999 - page 10

Handwerk vorgestellt:
Gebäudereinigerhandwerk mit starkemZukunftspotential / Meisterkurse
„Sie waschen, sie waschen, sie waschen den ganzen Tag...“. Ganz so einfach wie
im Kinderliedchen von den Waschfrauen ist’s bei den Gebäudereinigern nicht.
Mit dem Waschen allein ist es nicht getan und auch nicht mit dem Fensterputzen,
denn was ein perfekter Gebäudereiniger bearbeitet, bedarf oft der unterschiedlich-
sten Behandlung, um wieder
blitzeblank und hygienisch
rein zu sein. Gebäudereiniger
ist, was viele nicht wissen, ein
Handwerks- und Lehrberuf,
dessen saubere Krönung der
Meisterbrief ist.
Tarkan Elmaci ist Gebäude-
reiniger. Er startetemit demAbi-
tur in der Tasche in die Lehre.
Den Beruf kannte er von seinem
Vater, der auchGebäudereiniger
ist, so daß er sich ganz bewußt
für ihn entschied. Genauso be-
wußt suchte er sich seine Lehr-
ter. Ihr Unternehmen leiten sie
eher unorthodox. „Im koopera-
tiven Führungsstil“, setzen bei-
de auf das Zusammenwirken ih-
rer 40Mitarbeiter (acht davon in
Vollzeit), können, wenn es sein
muß, aber auchmalmit der Faust
auf den Tisch schlagen.
sondern engagie-
ren sich auch in der
überbetrieblichen
Ausbildung und
als Mitglied von
Prüfungsausschüs-
sen.
EinerihrerLehrlin-
ge istMartinHom-
woo, der aus Togo
nach Koblenz kam
und in seiner Hei-
mat als Schreiner
gearbeitet hatte. Er
ist jetzt im zweiten
Lehrjahr. Bei „bro-
mo“fingerals630-
Mark-Kraft an und
fügte sich so gut
ein, daß man ihm
dasAngebotmach-
te, doch eine Lehre
imBetriebzuabsol-
vieren. Auchwenn
die Sprache noch
ein bißchen Mühe
bereitet - „ich ma-
che mir überhaupt keine Sorge,
daß er die Prüfung im nächsten
Jahr trotzdem sehr gut ablegen
wird,“ ermutigt ihn Brodmann.
Vielleicht wird sich auchMartin
dann darangeben, seinen Mei-
ster zu machen. Seinen Chefs
wäre das nur recht, qualifizierte
Mitarbeiter werden gebraucht.
Jüngster Auszubilden-
der im Betrieb ist Jan
Buchmann. Ihn hat es
auf der Suche nach ei-
nem Ausbildungsplatz
als Gebäudereiniger aus
MagdeburgandenRhein
verschlagen.Wasihnam
Beruf reizt? Buchmann
istumeineAntwortnicht
verlegen:„Daßersoviel-
seitig, abwechslungs-
reich und sicher, d. h.
zukunftsträchtig ist.“
Deshalb wandte er sich,
nachdem er in den neu-
en Bundesländern nicht
ans Ziel kam, auch an
dieHandwerkskammern
in den alten Bundeslän-
dern und wurde in Ko-
blenz fündig, wo ihn die
HwK an die Firma im
Rauental verwies. Hier
nahm man ihn gerne,
zeigte er doch nicht nur
ausgesprochenes Interesse am
Beruf, sondern konnte auch mit
einem guten Realschul-Zeugnis
aufwarten. „So hart es klingen
mag: ohne guten Hauptschulab-
schluß oder Mittlere Reife geht
bei uns nichts mehr,“ kommen-
tiert Moretti die Kriterien für
eine Lehre in seinem Betrieb.
Allen möglichen Vorurteilen
zum Trotz, hat das Gebäude-
reinigerhandwerkkeinesfallsnur
mit Fensterputzen zu tun. „Im
Prinzip reinigen wir alles in und
an Gebäuden, was sich nicht
wehrt und wegläuft,“ umreißt
Moretti scherzhaft, aber zutref-
fend den Aufgabenbereich. Ge-
reinigt werden u. a. Teppiche
oder Wandbespannungen, Pol-
stermöbel, Außenfassaden oder
Baustellen. Selbst Brand- oder
Hochwasserschäden sind, geht
es um die Beseitigung der Schä-
den, in besten Händen. Das er-
fordert erhebliches Fachwissen,
beispielsweise inMaterialkunde,
um genau bestimmen zu kön-
nen, was womit und wie am be-
sten zu reinigen ist. Der Einsatz
von Chemikalien ist in den letz-
ten Jahren der Umwelt und den
Materialienzuliebestarkzurück-
gegangen, stattdessen wird jetzt
mehr mit Maschinenkraft gear-
beitet, gesaugt, gebürstet, po-
liert. Dazu gehören aber auch
diskrete, unauffällige, sichere
Arbeiten selbst in schwindeln-
derHöheoder imlaufendenStra-
ßenverkehr.
EinAusbildungsprogrammalso,
das es in sich hat, nimmt man es
so ernst wie Franz Brodmann
und Mario Moretti. Sie tun es
den Auszubildenden und dem
eigenen Betrieb zuliebe, denn:
„Ein gut ausgebildeter Lehrling
fällt auch bei den Kunden auf
und ist schlicht gut für’s eigene
Firmenrenommee.“
Problematisch sieht Handwerksmeister Moretti
die Neuregelung der 630-Mark-Jobs: Das wird
Veränderungen nach sich ziehen, die sich auf
Dauer auf die Preise auswirken.
Zeigen, wo’s langgeht. Das tun
sie auch bei der Ausbildung des
Gebäudereiniger-Nachwuchses,
die bei ihnen in doppelter Hin-
sicht zum festen Betriebsbe-
standteil gehört. Brodmann und
Moretti bilden nicht allein im
eigenen Betrieb regelmäßig aus,
herren aus, bei der Firma „bro-
mo“ in Koblenz. Nach zwei Jah-
ren schloß er seine Lehre als
Jahrgangsbester ab und beteilig-
te sich erfolgreichamLeistungs-
wettbewerb der Handwerksju-
gend aufBundesebene. Jetzt stu-
diert Tarkan in Mönchenglad-
bachWirtschaftsingenieurwesen
in der FachrichtungReinigungs-
technik. Ein noch relativ junges
Studienfach, dessen Absolven-
ten schon jetzt begehrt sind.
Elmaci schließt nicht aus, nach
dem Examen und mit dem Inge-
nieur-Diplomin seineLehrfirma
zurückzukehren, so, wie er es
jetzt schon immer während der
Semesterferien tut. Seine Aus-
bilder, die beiden Firmeninha-
ber Franz Brodmann und Mario
Moretti, würden es nur zu sehr
begrüßen.
Seiteneinsteiger
1991 gründeten sie den gemein-
samen Betrieb, der demnächst
ins neue Industriegebiet von
Arenberg umziehen wird. Ken-
nengelernt hatten sie sich in ei-
nem Gebäudereinigungsunter-
nehmen, in das sie beide eher als
Seiteneinsteiger reingekommen
waren, der eine, Brodmann, als
gelernter Koch und Industrie-
kaufmann, der andere, Moretti,
als fast fertiger Jura-Aspirant.
Eine Lehre als Gebäudereiniger
absolvierten beide nicht, erhiel-
ten aber per Sonderregelung die
Genehmigung, sich auf dieMei-
sterprüfung vorzubereiten. Bei-
de, auch das in schönster Paral-
lelität,machten ihrenMeister als
Jahrgangsbeste, Brodmann im
Jahr der Gründung des eigenen
Betriebs,Moretti fünf Jahre spä-
Erfahrene Ausbilder
Gute Zukunftsaussichten
Vielfältiges Arbeitsfeld
Meisterkurs für
Gebäudereiniger
Der nächste Meistervorberei-
tungskurs für Gebäudereiniger
startet bei der Meisterakademie
der HwK Koblenz am 30. No-
vember 2001 und wird berufs-
begleitend in Teilzeitform in
Koblenz angeboten.
Informationen und Anmeldung
bei der HwK Koblenz:
Tel.: 0261/398-400, Fax: -990,
e-mail:
Internet:
Mario Moretti war der beste
Jungmeister seines Handwerks
des Jahrganges 1996. Der
Gebäudereiniger erhielt während
der Meisterfeier der HwK Ko-
blenz seinen Meisterbrief aus den
Händen des damaligen Bundes-
kanzlers Dr. Helmut Kohl.
Drei „Sauber-
männer“ im
Unternehmen
von Mario
Moretti:
Tarkan
Elmaci,
Martin
Homwoo und
Jan Buch-
mann (v.l.)
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