Handwerk Special Nr. 65 vom 25. November 1998 - page 27

Der Schornsteinfegermeister ist Anwalt für Sicherheit und Umwelt
Saubermänner imHandwerk:
Fast 60 Jahre liegen zwischen dem
Eintritt des Seniors Gottlieb in die
Schornsteinfegerlehre und Junior Mi-
chaels bestandener Meisterprüfung in
diesem Handwerk. Mittendrin Bezirks-
schornsteinfeger Alfred Spengler aus
Brey, der die Kamine in zwei Koblenzer
Stadtteilen sauber hält. Irgendwie liegt
der Beruf in der Familie, obwohl er
sich in den vergangenen Jahrzehnten
ganz entscheidend gewandelt hat.
Gottlieb Spengler erinnert sich noch gut
an die Zeit, als er tagelang im Lahntal und
den angrenzenden Höhen des Westerwal-
des unterwegs war. Die weitenWege über
die verstreuten Dörfer mußte er zu Fuß
zurücklegen, zum Feierabend immer wie-
der zurück nach Hause zu gehen, lohnte
einfach nicht. In den alten Wohnhäusern
gab es noch die „Steiger“, Kamine, deren
Querschnitt so groß war, daß der Schorn-
steinfeger zumReinigen auf der Innensei-
te nach oben steigenmußte. Einmal wollte
der heute 73jährige in einem Doppelhaus
Wege sparen: Also stieg er auf dem Dach
in den direkt angrenzenden Steiger um ...
und war sehr enttäuscht, als der Nachbar
nicht zu Hause war und ihn deshalb nicht
zu ebener Erde herauslassen konnte.
Die größte Veränderung im Beruf des
Schornsteinfegers brachte das erste
Immissionsschutzgesetz 1973, das Jahr,
Wandel eines Berufes in drei Generationen erlebt
Schornsteinfeger
bringen Glück
Früher nahmen viele Hausbrände ihren
Anfang im Kamin. Die Gefahr war um
so größer, je stärker dieser verunreinigt
war.
Der Besuch des Schornsteinfegers be-
deutet bis heute gebannte Brandgefahr
und damit einfach „Glück“, das aller-
dings nicht zwangsläufig durch Berüh-
rung des Meisters in Schwarz übersprin-
gen muß.
in demAlfred Spengler seine Meisterprü-
fung ablegte. Der Kaminkehrer entwik-
kelte sich zum Umwelttechniker, dessen
Aufgabe nicht mehr bloß im Reinigen der
Schornsteine lag, sondern immer mehr in
der Überwachung von Abgasen und
Energieausnutzung der Feuerungsstätten.
Eng damit verbunden blieb der Beitrag
zur Brandverhütung, denn nur wenn Ab-
cherheit der Hausbewohner trägt der
Schornsteinfeger eine große Verant-
wortung.
Engen Kontakt pflegt der Bezirks-
schornsteinfegermeister zu den In-
stallateuren und Heizungsbauern,
denn schon mit richtiger Planung
einerHeizungsanlage läßtsichspä-
ter Ärger bei der Abnahme ver-
meiden. Mit Blick auf den Kun-
den sieht Alfred Spengler immer
größeren Beratungsbedarf, wie sie
zug und Thermik im Kamin stimmen,
arbeiten auch die Heizanlagen ungefähr-
lich und zuverlässig. Gerade für die Si-
ihreHeizungeffizientundum-
weltgerechtbetreibenkönnen.
Hier tut sich etwas, seit 1997
die Einstufungsmessungen
vorgenommen werden muß-
ten: Je nach Baujahr, Heizwert
und Abgasverlust müssen viele
Feuerstätten bis 2004 ersetzt wer-
den. Tip vom Fachmann: Nicht bis
zur letzten Frist warten, denn die mo-
dernenAnlagengehenmit Energie und
Umwelt wesentlich sparsamer um.
Seit demFrühjahrmischt der dritteSpeng-
ler als Schornsteinfegermeister mit. Der
23jährige Michael hat bei seinem Vater
gelernt und die Lehre als erster Kammer-
unddritter Landessieger 1995 abgeschlos-
sen. Bis er sich als Bezirksschornsteinfe-
ger selbständigmachenkann, wird er noch
einige Jahre imBetrieb seines Vaters blei-
ben. Denn auf jeden der mehr als 400
Bezirke in Rheinland-Pfalz kommt ein
Meister in der Warteschleife. Die Bestal-
lung erfolgt nicht nur streng nach Datum
desMeisterbriefes, auchBezirksregierung
und Innung werden gehört. Die Umwelt-
techniker sindsozusagen„staatlicheHand-
werker“, die Fachschule für ganz Rhein-
land-Pfalz, in die auch die Lehrlinge zur
ÜLU gehen, ist in Kaiserslautern. Ein
Drittel der Meisteranwärter scheiterte in
Informationen zum Beruf des Schornsteinfegers
Das Schornsteinfegerhandwerk
gehört zur Gruppe der Bau- und Aus-
baugewerke. Er umfaßt die Reinigung
und Überprüfung von Schornsteinen
und Feuerungsstätten samt Verbin-
dungsstücken sowie von Lüftungsan-
lagen. Der Schornsteinfeger prüft und
begutachtet Feuerungs- undLüftungs-
anlagen auf ihre Brandsicherheit und
stellt Mängel fest, bei Bauvorhaben ist
er von der Planung über Rohbauer-
stellung bis zur Schlußabnahme einbezo-
gen. Er überprüft die Feuerungsanlagen
auf Einhaltung der Immissionsschutz-
bestimmungen, erstellt entsprechendeBe-
scheinigungen undMeßberichte und führt
darüber amtliche Statistiken. Für Haus-
und Wohnungseigentümer steht der
Schornsteinfegermeister als Energie-
berater zur Verfügung.
Die Bestallung zum Bezirksschornstein-
fegermeister erfolgt durch die Bezirksre-
gierung, für die er hoheitliche Aufgaben
wahrnimmt. - Übrigens: Den obligatori-
schen Zylinder darf erst der Meister im
Schornsteinfegerhandwerk tragen.
Informationen
zum Berufsbild bei der
HwK-Ausbildungsberatung,
Tel.: 0261/398-323, Fax: -989,
e-mail:
Internet:
diesem Jahr in der Prüfung, v.a. in der
Fachtheorie, was den hohen Anspruch
und die große Verantwortung für Sicher-
heit und Gesundheit im Kehrbezirk noch
einmal unterstreicht.
Der typische Schornsteinfegermeister ist Einzelunternehmer; hier
haben sich aber drei Generationen einer Schornsteinfegerfamilie
zusammengetan (v.l.): Gottlieb, Alfred und Michael Spengler.
Mit Kompetenz in drei
Generationen geht es sicher
hoch hinaus.
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