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HwK im Dialog / Präsident Kurt Krautscheid im Interview

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Nr. 188

11. April 2015

www.handwerk-special.de

Gelebte Transparenz

„Da wir verschiedene Standpunkte haben, unterscheidet sich

zwangsläufig auch unsere Sichtweise auf eine Selbstverwal-

tungseinrichtung wie unsere Handwerkskammer“, stellen

Kurt Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer (HwK)

Koblenz und Hauptgeschäftsführer Alexander Baden nach

einem Gespräch mit Kai Boeddinghaus in Koblenz fest.

HwK Koblenz im Dialog mit bffk-Chef Kai Boeddinghaus

Nachgefragt

zu aktuellen Handwerksthemen

Die jüngste Bundesratssitzung zu künftigen

Fördermöglichkeiten bei der energetischen

GebäudesanierungmitbundesweiterStrahlkraft

– auch und insbesondere für das Handwerk –

oder dasTreffenmitKai Boeddinghaus, der als

Kritiker des deutschen Kammerwesens gilt, in

der Handwerkskammer Koblenz sind aktuelle

Themen, zu denen sich HwK-Präsident Kurt

Krautscheid äußert.

Herr Krautscheid, das wichtige

Thema, wie die energetische Gebäu-

desanierung künftig gefördert wird,

ist jüngst im Bundesrat diskutiert

worden – mit welchem Ergebnis?

Die Bundesratssitzung am 27. März hat noch kein Ergebnis gebracht.

Aberwirsindoptimistisch,dassdieenergetischeGebäudesanierungauch

künftig gefördert wird. DieGrundrichtung stimmt und dieAusschussbe-

ratungen werden nun fortgesetzt. Wirtschaftsministerin Eveline Lemke,

mit der wir in einem ständigen und inhaltlich tiefgreifenden Austausch

stehen,hatdieMöglichkeitergriffenundvordemBundesratvorgetragen,

was bundesweit Hausbesitzer wie auch das Handwerk beschäftigt. Ohne

Fördermittelwirdwenigerenergetischsaniert.UndohnedieseSanierung

können die von der Bundesregierung genannten Klimaschutzziele nicht

erreicht werden. Langfristig gibt es nur Gewinner, wenn die Förderung

bestehen bleibt. Insofern schließen wir uns der Aussage von Ministerin

Lemke an, die im Bundesrat aufgerufen hat, das Schwarzer-Peter-Spiel

„werbringt’sundwasbringt’s“imSinnederSacheendlichzubeenden.Für

dasHandwerkgehtesumAufträge,denneineganzeReihevonGewerken

des Bau- und Ausbausektors profitieren davon. Als Handwerkskammer

vertreten wir die Interessen unserer Betriebe und positionieren uns hier

deutlich:DiefinanzielleFörderungderenergetischenGebäudesanierung

macht Sinn, sie ist wichtig und der einzige Weg, um Klimaschutzziele

zu erreichen und den Energieverbrauch zu senken.

Die Kammer als Interessensvertretung des Handwerks war

auch ein Thema beim Gespräch mit Kammerkritiker Boed-

dinghaus. Worüber wurde gesprochen, welche Ergebnisse

erzielt?

Herr Boeddinghaus als Geschäftsführer des Bundesverbandes für freie

Kammern kritisiert das bestehende Kammerwesen in Deutschland. Wir

haben ihn eingeladen und uns zu den Themen ausgetauscht, die für ihn

wichtigsindundauchfüruns.DieAusgangslagelegtdieVermutungnahe,

hierbei müsse es knallen und krachen. Was nicht der Fall war, denn die

Kammerspitze ist von Anfang an offen und freundlich in diesen Dialog

gegangen. Herr Boeddinghaus hat Fragen zu Eckzahlen der Kammer

gestellt und wir haben ihm entsprechende Informationen vorgelegt und

erläutert. Das hättenwir nicht machenmüssen, verstehen es aber als Teil

der Kammerkultur: Hier gibt es nichts zu verbergen und wir können alle

Entscheidungen, die wir treffen, nach außen vertreten. Davon war der

Dialog geprägt und unser Gast hat diese Atmosphäre und die Transpa-

renz gelobt. Wir verstehen diesen Termin als Teil unserer Einstellung

zu Offenheit und Transparenz. Diesen Weg werden wir auch weiterhin

verfolgen,wasaucheinschließt,dasswirdeutlichunsereZielsetzungund

Interessenslageformulieren.AuchdaswarThemadesGesprächsmitHerrn

Boeddinghaus und wir setzen langfristig auf überzeugende Argumente.

Nach 100 Tagen im Amt zieht man traditionell eine kleine Bi-

lanz. Wie fällt Ihre unmittelbar nach dieser runden Zahl aus?

Sehr positiv! Nach der Wahl zum Kammerpräsidenten wusste ich um

die Herausforderungen – als Kammerpräsident und als selbstständiger

Dachdeckermeister. Das Programm hatte es in sich. Doch sehe ich die

Ergebnisse, können wir sehr zufrieden sein. Ob in Brüssel oder Berlin,

in den Betrieben unseres Kammerbezirks oder den zahlreichen Ver-

anstaltungen der Innungen oder Kreishandwerkerschaften: Trotz oder

gerade wegen der Vielschichtigkeit der aufgeworfenen Themen ist die

handwerkspolitischeArbeitinteressant,spannendundkonnteerfolgreich

gestaltetwerden.ZusammenmitHauptgeschäftsführerAlexanderBaden

unddemfachlichenBackgroundinderKammerhabenwireinemoderne,

offene,aktiveunderfolgsorientierteHandwerkskammerKoblenzpräsen-

tiert, die sich für ihre Handwerksbetriebe stark macht. Ich sage es gern:

Da lohnt sich der Einsatz und ich freue mich auf das, was vor uns liegt.

Foto: P!ELmedia

HwK-Präsident

Kurt Krautscheid

pertin teil. Dabei ging es auch

um die besonders stark durch

denbffkundBoeddinghauskriti-

siertenRücklagenderKammern.

„Unsere HwK bleibt hier sogar

unter den bisher üblichen Rück-

stellungsmöglichkeiten“, stellen

Baden und Krautscheid klar.

„Unterlagen zu Zahlen wurden

umfangreich vorgelegt und wir

haben die Möglichkeit erhalten,

nachzufragen“, lobte Boedding-

haus. In dem fast zweistündigen

Gespräch informierte die HwK

auch darüber, wie die zurück-

gestellten Mittel im Sinne des

Handwerks eingesetzt werden.

„Wir bauen hier keinen Juliu-

sturm, häufen Gelder nicht um

einer Finanzrücklage willen

an“, erklären Baden und Kraut-

scheidundgehen auf anstehende

Sanierungs- und Modernisie-

rungsarbeiten in den insgesamt

14 Zentren der Kammer ein, die

flächendeckend im gesamten

Kammerbezirk Beratungs- und

Serviceleistungenwie auchAus-

und Weiterbildungsinhalte „vor

Ort“ anbieten.

Gerade beim Punkt Ausbil-

dung gibt es zwischen Hand-

werkskammer und bffK die

gemeinsame Einschätzung,

„dass die duale Ausbildung

Grundlage eines wirtschaftlich

erfolgreichen Handwerks ist“.

Das schließt auch die Rolle des

MeisterbriefesalswichtigeSäule

im Ausbildungssystem ein.

Für weitere Gespräche stehe die

Koblenzer Handwerkskammer

bereit, es werde an der Trans-

parenzstrategie festgehalten.

Entsprechend positiv äußerte

sich Kai Boeddinghaus zu einer

„Kommunikationsmöglichkeit,

diebelastbar ist underfreulicher-

weisegemeinsameAnsätze trotz

unterschiedlicher Interessenauf-

gezeigt. Hier steht die Tür offen

undman redetmiteinander“ – ei-

ne durchweg positive Erfahrung

im gemeinsamen Umgang.

Und auch inhaltlich wird man

sich weiterhin austauschen,

„wobei wir natürlichmit denAr-

gumenten für eine Handwerks-

kammer überzeugenwollen.Das

gelingt ambesten, wennman die

eigenen Leistungen herausstellt

und offen beschreibt, wie sie

zustande kommen, wie sich die

demokratische Legitimation da-

hinter darstellt“, nennenAlexan-

der Baden undKurt Krautscheid

ihre Sichtweise.

Boeddinghaus ist Geschäftsfüh-

rerdesBundesverbandesfürfreie

Kammern e.V. (bffk) und gilt

als Kritiker des deutschen Kam-

merwesens. Auf Einladung der

HwK-Spitzewurden inKoblenz

nicht nur Meinungen und Argu-

mente ausgetauscht, die HwK

legteauchangefragteZahlenund

Fakten vor. Boeddinghaus lobte

anschließend die Transparenz

derHwKKoblenzundbeschreibt

sie als „Grundlage für einenwei-

teren professionellen Dialog.“

„EswarwedereinStreitgespräch

nochkontrovers,sondernfreund-

lich, konstruktiv und offen“,

beschreibenBaden,Krautscheid

und Boeddinghaus Verlauf und

Inhalt des so aufgenommenen

Austauschs. „Wir haben nichts

zu verheimlichen“, nennt die

HwK-Spitze Motive für den

gemeinsamenBlick in Eckdaten

des Kammerhaushaltes und des

Vermögens. An dem Gespräch

nahm auch Steuerberaterin

Kerstin Krisch, Mitarbeiterin

der Wirtschaftsprüfungsgesell-

schaft, die die Handwerkskam-

mer prüft, als externeFinanz-Ex-

Das Treffen von Kai Boeddinghaus (Mitte) in der Handwerkskammer Koblenz mit

Präsident Kurt Krautscheid (rechts) und Hauptgeschäftsführer Alexander Baden

fand in offener und freundlicher Atmosphäre statt.