Handwerk Special Nr. 182 vom 06.09.2014 - page 12-13

Besondere Ansprüche und Leistungen, außergewöhnliches Ergebnis
12
Nr. 182
6. September 2014
Bauhandwerke mit ganz unterschiedlichen Berufsbildern
13
Nr. 182
6. September 2014
Ein Haus wird ein Zuhause
„Ein Haus ist immer mehr
als ein Haus, denn ein
Haus wird ein Zuhause“,
nennt Architektin und
Innenarchitektin Ale-
xandra Faßbender ihren
Grundsatz. Jetzt hat sie
ihn gemeinsam mit dem
Handwerk am eigenen
Wohnhaus in Cochem
umgesetzt.
„Vom ersten Gespräch ist die
Zusammenarbeit mit Handwer-
kern ein wichtiger Bestandteil
der Planung und Betreuung
von Bauvorhaben. Gute Ar-
Architektin verwirklicht mit Handwerk Vorstellung vom Wohnen
chitektur zeigt sich, wenn das
Gedachte funktioniert“, schätzt
Alexandra Faßbender ein. Sie
nennt „das Innen und Außen,
Licht und Schatten, neue und
alte Materialien, Struktur und
Ordnung sowie sinnvolle Ener-
giekonzepte“ als grundsätzliche
Entwurfskriterien.
So praktiziert im Cochemer
Eigenheim, das die Architektin
mit Ehemann und zwei Töch-
tern bewohnt. Wichtig war ihr
die offene Raumgestaltung im
Erdgeschoss, die Wohn- und
EsszimmersowieKüchevereint.
Rohbau ganz
ohne Baukran
Den Rohbau erstellte Mau-
rermeister Mark Denzer aus
Valwig bei Cochem mit seinem
Team. Der 37-Jährige hat das
gleichnamige Bauunternehmen
1995 gegründet. „Die Baustelle
war mit einem großen Fahrzeug
schwer zugänglich, so dass auf
den Einsatz eines Baukrans
verzichtet werden musste. Jeder
Bauschritt wurde vorher genau
abgestimmt und das Auto nur
mit Teilen beladen, die direkt
verbaut wurden. Fehlende La-
germöglichkeiten erschwerten
die Arbeit zusätzlich“ sagt er.
Dachdecker zaubern
Farbspiel aufs Dach
Das nur 26 Grad geneigte Dach
hat eine absolut ebene Dachflä-
che. Dachdeckermeister Stefan
Hofmann aus St. Johann hat
sie aus 60 mal 30 Zentimeter
großen Schiefersteinen gedeckt.
Die großen Steine haben einen
edlen seidigen Glanz und bieten
je nach Sonnenstand oder Blick­
richtung ein beeindruckendes
Farbspiel. Die symmetrische
Deckung mit Klammertechnik
wurde von Rathscheck-Schiefer
alsWerksteinfassadeentwickelt.
„Wird sie auf eingeneigtesDach
projiziert, ist ein zusätzliches
wasserdichtes Unterdach erfor-
derlich. Im Haus an der Mosel
bestehtesauseinerhochwertigen
Kunststoffbahn und besitzt
eingeschweißte Konterlatten,
S. Hofmann Bedachungen GmbH, St. Johann
1991 | 8 Mitarbeiter | Naturschiefereindeckungen, Klempnerarbeiten
Tel. 02651/ 6423 |
auf denen die Schiefersteine
der Symmetrischen Deckung
zusammen stoßen. Bei Regen
fließt das Wasser durch die
offenen Fugen der Deckung
auf das Unterdach und wird in
einerKastenrinne aufgefangen“,
erklärt der Handwerksmeister.
Er führt seinen Fachbetrieb mit
acht Mitarbeitern seit über 20
Jahren. Neben Naturschiefer-
und Ziegeleindeckungen zählen
auch Flachdachabdichtungen
undIndustriebedachungensowie
Klempnerarbeiten zum Dienst-
leistungsangebot.
Gestaltung,
die perfekt passt
Zahlreiche Arbeiten „innen“
und „außen“ stammen aus
der Massivholz-Werkstatt von
Tischlermeister Bernhard Val-
lendar inPommern. Dazu zählen
unter anderen die Fassaden-
verkleidung mit flächenbündig
sitzendem Schwingtor, die
Haustüranlage, alle raumhohen
Dreh- und Schiebetüren im
Innenbereich, Einbauschränke
sowie die passgenauen Fenster-
bänke, teilweisemit Regalunter-
bauten, imWohnraum. Alles ist
stimmig, und die beiden Töchter
habendieFensterbänkelängstals
Sitzgelegenheitfürsichentdeckt.
„Das Gedachte funktioniert
bestens“, erinnert Alexandra
Faßbender an ihren Grundsatz.
So wird hinter den Schiebetüren
imEingangsbereich„versteckt“,
was nicht auf dem ersten Blick
für jedermann sichtbar werden
soll. Es ist ausreichend unsicht-
barer Stauraum vorhanden.
„Am anspruchsvollsten war die
Fassadenverkleidung. Hierwur-
de Spezialsperrholz aus Okou-
me, einem ideal für Außenan-
lagen geeigneten afrikanischen
Sperrholz, verarbeitet. Das fünf
Meter breite Schwingtor musste
zu Beginn der Montage mit spe-
ziellenMontageplattensovordie
Steinfassadeangebrachtwerden,
dass die eigentlicheVerkleidung
derFassadespäterflächenbündig
darüber gesetzt werden konnte.
Briefkasten, Sprechanlage und
Abstellraumsindebenfalls indie
Verkleidung integriert.
Das Türblatt der Haustür wurde
außen flächenbündig mit dem
Blendrahmen gefertigt und
präzise indas Fugenbildder Fas-
sade eingebunden“, erklärt der
Tischlermeister. Er ist der Chef
und leitet den 1926 gegründeten
Betrieb inder drittenGeneration.
ZudenSchwerpunktarbeitenge-
hören neben dem hochwertigen
Innenausbau auch der Bau von
Massivholzmöbeln sowie der
Treppenbau.Aus-undWeiterbil-
dungwird imHandwerksbetrieb
groß geschrieben.
Soeben hat Lehrling Mathias
Gilles mit einer Weinvitrine
den 1. Preis im Lehrlingswett-
bewerb „Licht und Schatten“
des Landesinnungsverbands
der Schreiner Rheinland-Pfalz
gewonnen.
Handarbeit und
Freiheitsgefühl
PerHandundmitvielKörperein-
satz haben die Mitarbeiter der
Firma Berenz in Laubach die
großflächigen Fensterelemente
und Schiebetüren sowie die
Dreifachverglasung zu den
entsprechenden Öffnungen im
Haus getragen. „Die Zufahrt zur
Baustelle war durch die steile
Abfahrt sehr erschwert.Dadurch
gab es ein erhöhtes Risiko, etwa
den Bruch einer Glasscheibe“,
erinnert sichMetallbauermeister
Hans Theo Berenz. Gemeinsam
mit Bruder Herbert, der den
Meisterbrief im Zentralhei-
zungs- und Lüftungsbauerhand-
werk abgelegt hat, führt er den
1932 gegründeten Betrieb. Der
Handwerksmeister verweist auf
denEinsatz vonGanzglasecken.
„Der Wunsch der Bauherrin
nach filigranen Fenstern ohne
breite Profilansichten hat zu
diesen rahmenlosen Konstruk-
tionen geführt. Die Verglasung
ermöglichteineTransparenzund
nahezuuneingeschränkteDurch-
sicht ohne Unterbrechungen. In
jedem Fall erreicht man so ein
Freiheitsgefühl!“
Architektur
bewegt…
... lautete dasMotto zumTag der
Architektur 2014. Interessierte
haben sich im Haus von Ale­
xandra Faßbender überzeugen
können,was hier gemeinsammit
dem Handwerk bewegt wurde.
Ebenso favorisierte
sie bei der Planung
die Ausrichtung der
Schlafräume zumGrü-
nen und zur ruhigen
Zone des Wohnge-
bietes. Nur imSpielbe-
reich der Kinder ist das
Dachgeschoss zur Son-
nenseite geöffnet. Die
großflächigeGarageist
indasGebäudekonzept
integriert.
Berenz GmbH & Co. KG, Laubach
1932 | 11 Mitarbeiter | Metallbau, Haustechnik | Tel. 02653/ 9888-0
Massivholz-Werkstatt Vallendar, Pommern
1926 | 3 Mitarbeiter | Innenausbau, Massivholzmöbel | Tel. 02672/ 7105
Denzer Bau GmbH, Valwig
1995 | 2 Mitarbeiter | Hoch- und Tiefbau | Tel. 02671/ 4996
Architektin und Bauherrin Ale-
xandra Faßbender hat zusam-
men mit Handwerkern mehrerer
Gewerke ihren Traum vom Haus
umgesetzt. Mitgearbeitet haben
unter anderem:
Das Dach besteht aus groß-
flächigen Schieferplatten. Darunter
befindet sich ein zusätzlicher was-
serdichter Unterbau.
Baustelle mit
Handicap: Die
Lage erlaubte
weder den Auf-
bau eines Bau-
krans noch eine
direkte Anfahrt
schwerer oder
empfindlicher
Komponenten.
Die gelungene Gestaltung des Wohn-
raumes war ein Heimspiel für Innenar-
chitektin Alexandra Faßbender.
Offene
Küche zum Wohnraum,
umgeben von viel Glas.
Foto: privat
Foto: privat
Foto: privat
Foto: privat
Foto: privat
Unten obenauf
Jan Schmitz ist Kanalbauer. Der
23-Jährige hat im Koblenzer Bau-
unternehmen von Horst Schulz
gelernt und wurde als Geselle
übernommen. „Wir wühlen nicht
in der Erde, sondern verwenden
modernste Geräte und Spezialma-
schinen“, plädiert Jan Schmitz für
seinen Beruf, der so auch dafür
steht, dass man unter der Erd­
oberfläche obenauf sein kann.
So werden beispielsweise Hausan-
schlüsse unterirdisch im Pressvor-
trieb verlegt oder Abwasserkanäle
ohne Graben instand gesetzt. Auf-
grund der weitreichenden Kompe-
tenz wurde dem Unternehmen das
Güteschutzzeichen für den Kanal-
bau zuerkannt. „Es ist eine tolle
Herausforderung, anspruchsvolle
Aufgaben und Projekte zu realisie-
ren“, so Jan Schmitz aus Ochten-
dung. Er nennt unter anderem den
Bau des Entwässerungssystems im
Koblenzer Stadion Oberwerth. Die Kanalisation muss regelmä-
ßig gewartet und bei starkem Verschleiß saniert werden. Auch
hier ist das Wissen der Kanalbauer gefragt. Um seine berufliche
Zukunft macht sich Jan Schmitz keine Sorgen. „Ich kann mich
zum Polier weiterbilden oder Schachtmeister werden.“ Fach-
kräfte mit dem dazu notwendigen Fachwissen sind gefragt. Die
Bandbreite der Arbeiten reicht vom Bau über die Wartung bis
zur Sanierung der Rohrleitungen.
2013 hat die Handwerkskammer (HwK) Koblenz in Zusammen-
arbeit mit der Kreishandwerkerschaft Mittelrhein, der Straßen-
bauer-Innung Koblenz und der rheinland-pfälzischen Schulauf-
sicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Wei-
chen für eine Ausbildung zum Kanalbauer in Rheinland-Pfalz
gestellt. Mussten die jungen Leute bisher nach dem ersten
Lehrjahr (Grundstufe Bau) zum Besuch der Fachstufe Rhein-
land-Pfalz verlassen, können sie ab 2015 im Bundesland bleiben.
Im Bauzentrum der HwK Koblenz werden die überbetrieblichen
Lehrgänge durchgeführt. Die Abnahme der Zwischen- und Ab-
schlussprüfungen erfolgt ebenfalls in Koblenz.
Infos zur Ausbildung – auch im Kanalbau – bei der HwK
Koblenz, Tel. 0261/ 398-333,
Kanalbauer Schmitz hält alles im Fluss
Jan Schmitz, ausge-
bildeter Kanalbauer.
Im Kanalbau wird heute mit modernen Maschinen
und Geräten gearbeitet, so beim Verlegen und Ver­
schweißen von Rohren aus Kunststoff.
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10-11 14,15,16,17,18,19,20,21,22,23,...24
Powered by FlippingBook