Handwerk Special Nr. 118 vom 1. September 2007 - page 8

Ein kleiner Ort im Hunsrück ist in Sachen Handwerk ganz groß
Nr. 118
1. September 2007
Aktive Betriebe
Alle drei Jahre beeindruckt Dickenschied seine Gäste mit
einer großen Handwerks- und Gewerbeschau. Tischler An-
dreas Bertram gehörte von Beginn an zu den Organisatoren.
„Als sich Anfang der 90er Jahre erstmals Besuch aus unserer
ungarischen Partnergemeinde Felsötárkány ankündigte, mein-
te unser Bürgermeister, dass wir unseren Gästen etwas bieten
müssten“, erzählt Tischler Andreas Bertram. Kuhns Vorschlag:
EineHandwerks- undGewerbeschau. „Bereits bei der Premierewar
das Fest eine runde Sache“, betont Bertram, dessen erfolgreicher
Fachbetrieb sich auf den Einbau und Vertrieb von
Fenstern, Türen und Wintergärten spezialisiert hat.
Bertram selbst gehört von Anfang an zu den Orga-
nisatoren der alle drei Jahre stattfindenden Schau,
die schließlich so viele Menschen aus der Region
nachDicken- schied lockte, dass der Sportplatz
als Ausstellungsgelände zu klein
wurde. Die Alternative: „Wir
kamen darin überein, dass es das
Beste ist, wenn wir das Fest vom
Fußballplatz ins ganze Dorf ver-
legen.“ Alle Betriebe öffnen ihre
Werkstätten und Verkaufsräume
für die Gäste, in den Straßen
ist jede Menge los und es gibt
Shuttle-Busse, die die Besucher
von einer Attraktion zur anderen
bringen. „Für unsere Handwerks-
betriebe, aber auch für die anderen
Aussteller hat sich der Umzug ins
Dorf auf jeden Fall gelohnt“, sagt
Andreas Bertram.
Gewerbeschau steigt alle drei Jahre
Nachgefragt
„Wichtig für unser Image“
Ortsbürgermeister Manfred
Kuhn kennt seine Dicken-
schieder. Bereits seit 1989
steht der 68-Jährige der
Hunsrückgemeinde vor. Der
pensionierte Bahnbeamte hält
große Stücke auf die ortsan-
sässige Handwerkerschaft.
Herr Bürgermeister, wenn an öffentlichen Gebäuden Dachar-
beiten anfallen, können Sie allein sechs Dickenschieder Dach-
deckereien damit beauftragen. Welche erhält den Zuschlag?
Bei größeren Aufträgen, die ausgeschrieben werden, habe ich wenig
Einfluss auf die Entscheidung. In solchen Fällen kommen dann auch
schon mal auswärtige Betriebe zum Zug. Wenn es aber um Arbeiten
geht,diewirnichtausschreibenmüssen,dannvergebenwirdieAufträge
abwechselnd, sodass jeder Dachdecker an die Reihe kommt. Ebenso
halten wir es auch bei Tischler- oder Schlosserarbeiten.
Passt auf Dickenschied die Bezeichnung „Handwerkerdorf“?
Natürlich gibt es nicht nur Handwerker in unserem Ort, aber für das
Image unseres Dorfes sind unsere Handwerker enorm wichtig. Nicht
zuletzt ihr Engagement bei der Handwerks- undGewerbeschau ist be-
merkenswert.UnsereHandwerksbetriebe sind einAushängeschild für
den Ort und zu einem guten Teil ist die Bezeichnung sicher richtig.
Stimmt die Chemie zwischen den Betrieben in Ihrem Ort?
Ichwill nicht ganz ausschließen, dass hinundwieder eineKonkurrenz-
situation entsteht. Aber mein Eindruck aus langjähriger Beobachtung
ist ein anderer: Viele Projekte oder Aufträge werden von unseren
Betrieben gemeinschaftlich angepackt. Das Gros der Leute versteht
sich prima. Wir können stolz auf unsere Handwerker sein.
Idee und Verantwortung: Dr. h. c. mult. Karl-Jürgen Wilbert
Redaktion:
Jörg Diester, Markus Gaida, Beate Holewa, Rouven Wangelin
Layout:
Jörg Diester, Markus Gaida, Rouven Wangelin
Mitarbeiter: Danielle Schmid, Katja Vogt
Fotos:
Focus Fotostudio Vallendar, Godehard Juraschek, Piel media
(Titel), private Fotos aus Betrieben, HwK Koblenz
Herausgeber: Handwerkskammer Koblenz, Friedrich-Ebert-Ring 33, 56063
in Verbindung mit demMittelrhein-Verlag Koblenz
Anzeigen:
MRV-Anzeigen, August-Horch-Str. 28, 56070 Koblenz,
Christoph Lind (verantwortl.), Tel.: 0261/ 892-470
Techn. Herstellung: rz-Druck GmbH, August-Horch-Str. 28, 56070 Koblenz
Impressum
Hochburg des Handwerks
Ein kleines Dorf, das
regelmäßig eine eige-
ne Handwerker- und
Gewerbeschau auf die
Beine stellt, allein 25
Handwerksbetriebe be-
herbergt und dabei nicht
einmal 800 Einwohner
zählt? Gibt’s! Dicken-
schied heißt diese „kleine
Handwerkerhochburg“
im Hunsrück, in der das
Dachdeckerhandwerk mit
sechs Betrieben beson-
ders stark vertreten ist.
Dickenschied bei Kirchberg im
Hunsrück, es ist kurz nach halb
acht. Verglichen mit der Ge-
schäftigkeit, die noch vor einer
guten halben Stunde herrschte,
istesauffälligruhiggewordenim
Betrieb von Dachdeckermeister
Udo Dämgen. Gemeinsam mit
seiner Frau erledigt Dämgen
Büroarbeit. Alle übrigen Mit-
arbeiter des Neun-Personen-
Betriebes sind bereits vor einer
gutenhalbenStunde ausgerückt,
um in der Nahe-Region und an
der Mosel Dächer mit Kupfer-
oder Edelstahlbahnen zu ver-
kleiden. „Metalleindeckungen
sind das Spezialgebiet unseres
Unternehmens“,betontDämgen.
„Aber auch der Einbau von
Fotovoltaikanlagen ist für uns
zu einem wichtigen Standbein
geworden.“
Toller Zusammenhalt
bei Handwerksschau
Obwohl in Dickenschied nur
knapp 800 Menschen leben, ist
DämgensBetrieblängstnichtdie
einzigeDachdeckereiimOrt.Die
Bongard & Weyrauch GmbH,
die Dachdeckereien Markus
Schlarb und Ferdinand Kühn,
die Bongard Alois Bedachungs
GmbH sowie die Firma Endres
Bedachungen haben allesamt
ihren Firmenstandort in der be-
Dickenschied: Allein sechs Dachdeckereien in 799-Seelen-Dorf
schaulichenHunsrückgemeinde.
Neid zwischen den einzelnen
Betrieben kommt dennoch nicht
auf.„Schoneinigehabensichge-
fragt, wie das gut geht mit sechs
Dachdeckern in einem Ort von
dieser Größe“, räumt Dämgen
ein. „Aberwir kommenuns nicht
insGehege,weil jeder seineganz
speziellen Angebote und seine
eigenen Kunden hat.“
Dickenschied ist aber nicht nur
wegen seiner vielenDachdecker
ein „Handwerkerdorf“. Allein
25 Dickenschieder Betriebe
sind in die Handwerksrolle der
HwK Koblenz eingetragen.
Das ist mehr, als mancher Ort
mit der dreifachen Einwoh-
nerzahl vorweisen kann. „Der
Zusammenhalt zwischen den
meisten Betrieben ist sehr gut“,
unterstreicht Dämgen, der in
diesem Jahr an der Spitze eines
Orgateamsstand,dasamzweiten
Maiwochenende die sechste Di-
ckenschieder „Handwerks- und
Gewerbeschau“ mit mehr als 40
ausstellenden Unternehmen auf
die Beine stellte. Weit mehr als
tausend Besucher strömten in
den Ort und staunten über die
Leistungsfähigkeit der kleinen
Hunsrückgemeinde.
Die Rhein-Hunsrück-Zeitung,
die tags darauf über die Veran-
staltung berichtete, attestierte
der örtlichenHandwerkerschaft,
dass sie sich auch ausgezeichnet
zu präsentieren versteht. „In
Dickenschied blüht das Hand-
werk“, so das Fazit der RZ-Lo-
kalredaktion.
Kühles Nass für die Jüngsten: Eigens für die
kleineren Gäste der Gewerbeschau fertigte Dach-
deckermeister Udo Dämgen ein Wasserrad an.
Christine Vogt-Bert-
ram und ihr Mann
Andreas gehören zu
den Organisatoren
der Handwerksschau.
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