Handwerk im Herbst vom 12. November 2005 - page 3

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Zu Hause
auf dem
Rotweinwanderweg
Genuss zwischen Rebe und Rührteig: Bäckermeister und Winzer Rudolf Josten aus Mayschoss
Er ist Bäckermeister undWinzer in
Personalunion: Rudolf Josten,
Jahrgang 1954. Eine Verbindung,
die seine zahlreichen Gäste schät-
zen und lieben. Und das an einem
Ort, der sicher zu den schönsten
Flecken Erde – natürlich einem
Weinberg – zählt, die das romanti-
sche Ahrtal zu bieten hat.
Der über Region hinaus berühmte
Rotweinwanderweg muss um ihr
Haus einen Bogen machen: Mitten
imWeinberg liegt das „Weinhaus Mi-
chaelishof“ der Familie Josten (Tel.:
02643/15 85), etwas außerhalb von
Mayschoss gelegen. Drumherum
wächst auf 5 Hektar Fläche derWein,
den die Gäste in verschiedenen Vari-
anten in der Straußenwirtschaft der
Jostens genießen können. Doch es
sind nicht nur flüssige kulinarische
„Leckerbissen“. Bäckermeister Ru-
dolf Josten bietet mit seinem Hand-
werk die passende „feste Nahrung“.
Er favorisiert dabei „einfache, rusti-
kale Backwaren wie dieWinzer-Kru-
ste, ein Sauerteigbrot“. Passend zur
Federweißenzeit steht der Zwiebel-
kuchen ganz oben in der Gunst der
Gäste. Vor 20 Jahren gehörte Josten
sen. zu den Bäckern im Ahrtal, die
den Klassiker einführten. Über die
Jahre hat er sein Rezept verfeinert.
„Der Boden muss dünn sein, bei den
Zwiebeln darf nicht gespart werden“,
so seine Erfahrung – und die Gäste
danken es ihm. Auch bei den Gewür-
zen geht der Handwerksmeister und
Winzer etwas andereWege: „Ich mag
es eher kräftig im Geschmack.“
Mit SohnMarc steht bereits die nächs-
te Generation im Unternehmen. Der
24-Jährige hat sich auf den Weinbau
spezialisiert und soll den Familien-
betrieb, der Mitglied in der Winzer-
genossenschaft Mayschoss – dem
ältesten Zusammenschluss dieserArt
in Deutschland – ist, weiterführen.
Um die Handwerksarbeit mit Teig,
Ofen und Familienrezepten kümmert
sich auch in Zukunft Rudolf Josten.
Nach dem Umbau ihrer Str-
außenwirtschaft soll das Kleinod im
Mayschosser Weinberg dann dank
seiner Arbeit und der des Sohnes
noch mehr Gäste verwöhnen.
Bäckermeister und Winzer Rudolf Josten (3.v.l.) und Sohn Marc (2.v.l.) mit
Mitarbeitern und Familienmitgliedern auf der Terrasse ihres „Weinhauses
Michaelishof“ in den Mayschosser Weinbergen.
„Die Weine von der Ahr überzeugen durch-
weg mit Qualität und Preisen für jeden Geld-
beutel. Einen Wein, dessen Anbau ich vor 10
Jahren zusammen mit vier Winzern im Ahrtal
einführte, möchte ich empfehlen: Es ist der
Ahr-Regent, der als eleganter, raffinierter Rot-
wein mit deutlicher Traubennote beschrieben
wird. Dieser preisgekrönte Rotwein passt auch
ausgezeichnet zu Gerichten und Gebäcken mit
kräftigem Geschmack. Als eines der Flagg-
schiffe der Winzergenossenschaft Mayschoss
empfehle ich außerdem den Frühburgunder
Goldkapsel. Wer diesen erlesenen, sehr aro-
matischen Wein des Jahrgangs 2003 genießen
möchte, muss sich allerdings beeilen. Nur we-
nige Flaschen sind in den Verkauf gekommen
und haben sehr schnell viele Freunde gefunden.
Wein-Tipp von Rudolf Josten
Bäcker
und
Winzer
aus
Leidenschaft
Harald Gräff aus Mandel: „Der 2005er Wein ist einer der besten Jahrgänge!“
„Der 2005erWein ist einer der
besten Jahrgänge“, ist Harald
Gräff aus Mandel bei Bad Kreuz-
nach überzeugt. Der 55-jährige
Bäckermeister und Konditor weiß,
wovon er spricht, ist er doch gleich-
zeitigWinzer. Sowohl Bäckerei als
auchWeinberg sind seit fast 150
Jahren im Familienbesitz.
Damals entstand aus dem ehemali-
gen Gemeindebackhaus in Mandel
die Bäckerei Gräff und gleichzeitig
wurde der Weinberg erworben. „Die
Liebe zuWein und Brot wurde sozu-
sagen immer vomVater auf den Sohn
übertragen“, erzählt Gräff, der beide
Unternehmen in der sechsten Gene-
ration führt. „Aber nicht nur die
handwerklichen Fertigkeiten wurden
weiter gegeben, sondern auch die
Leidenschaft, die nötig ist, um dieAr-
beit als Bäcker und Winzer zu koor-
dinieren und Freude dabei zu haben“,
betont er.
365 Tage für die Kunden da
„Der Kunde ist König und, wenn’s
verlangt wird, dann backe ich 365
Tage im Jahr, bis auf 10 Tage Ur-
laub“, sagt Gräff. Im unermüdlichen
Engagement sieht er den Erfolg des
Familienunternehmens. Zu dem ei-
nen Bäckerladen inMandel sind mitt-
lerweile 15 Filialen im ganzen Kreis
hinzugekommen. Backöfen sind mo-
dernen, computergesteuerten Back-
straßen gewichen. Aber noch immer
steht Bäckermeister Harald Gräff je-
den Morgen um 1 Uhr in der Back-
stube und sorgt für täglich frische
Backwaren, die dann in die Filialen
befördert werden. Dazu zählen 1000
Brote, über 25 Sorten, bis zu 10.000
Brötchen, Kuchen und Teilchen. Va-
ter Ernst Gräff und Mutter Anni ste-
hen dem Inhaber dabei ebenso zur
Seite wie Ehefrau Anne und weitere
40 Mitarbeiter. Sohn Torsten, gelern-
ter Bäcker und Betriebswirt des
Handwerks, kümmert sich um Buch-
haltung und Logistik.
Qualität beiWein und Backwaren
Auf hohe Qualität setzt der Bäcker-
meister auch bei seinem Wein. Fünf
Hektar Weinberg hat er zu bewirt-
schaften. „In diesem Jahr betrug die
Weinernte 60 Prozent vom Vorjahr.
Das heißt, die Qualität ist besser, weil
der Stock durch den dünnen Behang
mehr Kraft hat. Alle Weine haben
über 85 Grad Öchsle“, freut sich
Graeff. Dornfelder, Riesling, Müller-
Thurgau und Weißburgunder nennt
er als Spitzenweine aus eigener Lese
und Herstellung. Weinbrot, bei dem
anstelle vonWasserWein zugegeben
wird, Nussecken und Weinschnitten
sind die Renner aus der Backstube.
ZumWein empfiehlt er geschmacks-
neutrales Knabberwerk, Roggenstan-
gen oder Partygebäck mit Mohn und
Sesam. Der Geschmack des Weines
sollte nicht überdeckt werden. Wild
passt zu seinem Dornfelder Rotwein
am besten. Fisch und Geflügel zu den
Weißweinsorten.
Im gemütlichen Ambiente, im lau-
schigen Innenhof des Grundstücks,
lädt Gräff jährlich zur Weinverkos-
tung ein, dann können sich die Be-
sucher am Wein laben und frische
Backwaren genießen. Und zum Fe-
derweißen gibt es natürlich Zwiebel-
kuchen nach eigenem Rezept.
Seit fast 150 Jahren sind die Bäckerei wie auch der Weinberg im Besitz der
Familie Gräff. Heute leitet Bäckermeister und Winzer Harald Gräff das Unter-
nehmen mit seinen 40 Mitarbeitern.
Steckbrief: Bäckerei Gräff, Mandel
Bäckerei, Konditorei und Weinbau
|
gegründet um 1860
|
40 Mitarbeiter
Tel.. 0671/26 98 2, E-Mail:
Steckbrief: Café Bauer, Zell (Mosel)
seit 124 Jahren im Familienbesitz
|
12 Mitarbeiter
|
Tel: 06542/42 13,
Von
Küfersteaks
und
edlen Tropfen
Hermann Ockenfels aus Leutesdorf: Fleischermeister im Ruhestand und Winzer mit Leib und Seele
Winzer ist er noch immer, aktiv imWeinberg und Fleischer bleibt er vomWis-
sen, von der Erfahrung. Hermann Ockenfels aus Leutesdorf, Fleischermeister
im Ruhestand undWinzer mit Leib und Seele. „Ich bin gerne Winzer, liebe es,
imWeinberg zu arbeiten. Man hat dann ein unbeschreibliches Gefühl von
Freiheit“, sagt er und fügt lachend hinzu: „Das verliert man nicht, auch nicht
mit 70 Jahren.“
„MeinVater hat mich in die ‘Wissen-
schaft desWeins’eingeführt“, erzählt
er. „Die Fleischerlehre habe ich ge-
macht, als ich meine Frau, deren El-
tern eine Fleischerei hatten, kennen
lernte. Mit der Meisterprüfung in der
Tasche habe ich nach dem Tod der
Schwiegereltern das Geschäft über-
nommen und zusammen mit meiner
Frau über 30 Jahre geführt. Die Flei-
scherei war unsere Haupteinnahme-
quelle, der Weinberg das Hobby.“
Einen Nachfolger für die Fleischerei
hat er leider nicht gefunden. Die
jüngste Tochter Pia ist Keramiker-
meisterin und betreibt in der ehema-
ligen Fleischerei ihr Handwerk. Die
ältere Tochter ist im Weinberg aktiv.
In der Weinstube des Hauses (Tel.:
02631/72593) werden das ganze Jahr
über Weinproben durchgeführt
Gutes Weinklima
„Beim 2005er Jahrgang stimmt ein-
fach alles“, schätzt Ockenfels ein. „Es
scheint, das Klima hat sich zuguns-
ten der Qualität des Weines verscho-
ben. MildeWinter sorgen dafür, dass
der Boden nicht zu stark auskühlt.
Regen fällt zur rechten Zeit“, sagt er.
Ockenfels, der in erster Linie Ries-
ling, aber auch Spätburgunder und
Regent zu seinen Favoriten zählt,
bekam bereits mehrereAuszeich-
nungen für seine Weine.
Küfersteak in
Riesling
Wenn er die Zahl
der Gäste kennt, die
sich zur Weinverkos-
tung angemeldet haben,
schlägt noch
immer
sein
Fleischerherz. Dann zaubert er eine
besondere Spezialität, das Küfer-
steak. „Schweinerücken wird in trok-
kenen Riesling eingelegt, portions-
weise mit je zwei Scheiben Dörr-
fleisch, Zwiebeln und Gewürzen
versehen und gegart.“ Sonst
empfiehlt er zum Lachs halb-
trockenen Weißburgunder
und zu dunklem Fleisch Rot-
wein, am besten Regent. „Der
ist noch kräftiger als der Spät-
burgunder“, sagt er. „Eine Ge-
schmacksrichtung soll man
aber nicht diktieren, der
Weinfreund allein
bestimmt, was
ihm schmeckt.“
„In diesem Jahr hatten wir für die
Trauben optimale Wetterbedin-
gungen. Es wird ein guter Wein“,
so Bäckermeister Christian Bauer
aus Zell (Mosel). Der Obermeister
der Bäcker-Innung Cochem-Zell ist
auchWinzer. DerWeinberg mit
4.000 Weinstöcken ist seit 400 Jah-
ren im Familienbesitz, die Bäckerei
mit einladendem Café gibt es seit
124 Jahren. Christian Bauer führt
den Familienbetrieb mit 12 Mitar-
beitern in der sechsten Generation.
„Die Königin der Trauben braucht
viel Wärme. Der Schieferboden, die
steilen Hänge und die Mosel als zu-
sätzlicher Sonnenreflektor begünsti-
gen die Reife der Frucht“, betont
Bauer, der hauptsächlich Riesling
anbaut. Nach dem Tod seines Vaters
vor drei Jahren, der ihm bis dahin
400 Jahre
Weinberg,
124 Jahre
Café
Bäckermeister und Winzer Christian Bauer aus Zell/Mosel
„den Rücken in der Bäckerei frei hielt“,
hat Bauer die Bewirtschaftung des
Weinbergs einem befreundetenWin-
zer übertragen, „sonst kommt die
Familie zu kurz“, weiß er, imDezem-
ber Vater von dann drei Kindern. Zu-
mal der Bäckermeister und gelernter
Koch auch im familieneigenen Gäs-
tehaus und Cafe „Breuers Mühle“ in
Zell seinen Mann steht. In dem 1585
gebauten Gebäude gibt es Unterkunft
für 40 Personen und Räumlichkeiten
für Feste bis zu 90 Personen. Im be-
triebseigenen Weinkeller kann der
Gast Weine vom Wingert der Fami-
lie und andere Köstlichkeiten probie-
ren.
Immer den passenden Wein
Zur Zeit des Federweißen bietet Bau-
er einen prämierten Zwiebelkuchen
an. Die Prämie vom Magazin „Fein-
schmecker“ bekamen auch Sauerteig-
und Vollkornhüttenbrot aus Bauers
Backstube. Zu den Spezialitäten, bei
denen Bauer sein Faible für Back-
kunst und Wein verbindet, zählen
beispielsweise ein Rieslingstrudel,
dieWeinmarzipantorte oder dieWin-
gertknurze, (Baguetteteig mit Kräu-
tern). „Es gibt zu jedem Essen den
passendenWein“, philosophiert Bau-
er, der als Koch undWinzer in seinem
Element ist. Er rät zu Chardonnay
beim Nüsse knabbern, fruchtigem
Kerner zu Früchten oder trockenem
Riesling zu kräftigemGebäck. Zu hel-
lem Fleisch empfiehlt er weißen, zu
Rind und Wild kräftigen roten Wein.
Christian Bauer ist Obermeister
der Bäcker-Innung Cochem-Zell
und führt ein Café in der 6. Gene-
ration. Die Familie ist seit 400
Jahren im Besitz eines Weinbergs.
Die Schiefer- und Grauwackeböden
der Weinberge speichern tagsüber
die Sonnenstrahlen und geben die
Wärme nachts an die Weintrauben
weiter. Diese Segnung der Natur er-
kannten schon die Römer und bau-
ten bereits vor 2000 Jahren in May-
schoss an den steilen, terrassierten
Hängen Wein an. Eine Tradition,
die bis zum heutigen Tag Bestand
hat. Einen Teil dieser Geschichte
schreibt seit 1868 die von 18Wein-
bauern als „Winzerverein
Mayschoss“ gegründete Genossen-
schaft mit. Es ist die älteste deut-
sche Winzergenossenschaft, die
nach dem Zusammenschluss der
Die Winzergenosenschaft Mayschoss
Winzervereine Mayschoss undAl-
tenahr heute 300 Mitglieder zählt.
Angeboten wird im Mayschosser
Stammhaus nicht nur eine große
Vielfalt an hochwertigen Weinen,
die man kosten und kaufen kann.
In den traditionellen Weinkellern
können Besucher erleben, wie die
edlen Tropfen in Holzfässern ge-
lagert werden. Außerdem gibt es
zahlreiche Informationen zum
Weinbau gestern und heute, an-
schaulich an alten Gerätschaften
dargestellt. Geschichte zumAnfas-
sen also, über die auch im Internet
Idee und Verantwortung: Dr. h.c. mult. Karl-Jürgen Wilbert
Redaktion: Jörg Diester, Beate Holewa, Markus Gaida, Ruth
Weidmann, Nina Jung, Yvonne Mattes
Layout: Jörg Diester, Markus Gaida
Herausgeber: Handwerkskammer Koblenz, Friedrich-Ebert-Ring 33, 56068
Koblenz, Tel.: 0261/398-0, Internet:
in Verbindung mit dem Mittelrhein-Verlag Koblenz
Fotos: G. Juraschek, Fotostudio FOCUS (Titel), Bugatti Auto, HwK Koblenz
Anzeigen: Hans Kary (verantwortl.), Rudolf Speich, Informa, RZ-Anzeigen-
service (Tel.: 0261/892-457), 56070 Koblenz
Technische Herstellung: Druckhaus Koblenz
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