Handwerk Special Nr. 100 vom 1. September 2004 - page 31

Handwerkslehrlinge rekonstruieren ein römisches Pfeilgeschütz
Begegnung mit dem handwerklichen Know-how der alten Römer
1. September 2004
Nr. 100
Ausgabe 51
Inhalte damals: Das
große Handwerksfest in
der Koblenzer Innen-
stadt steht bevor. Und:
Immer mehr Handwer-
ker bieten Gewerke
übergreifende Zusam-
menarbeit. Eine straffe
Kooperation hilft, Zeit
und Geld zu sparen. Es
geht um Handwerker
vom Rhein, die in
europäischen Sportarenen mit Spitzenleistungen
aufwarten. Die „Werbemacher“ aus Linz gehören
mit ihrem drehbaren Bandensystem zu den Markt-
führern. Treppen als Gestaltungsobjekt: Metall-
bauer oder Tischler, die sich auf Treppenbau spe-
zialisiert haben, sorgen dafür, dass der Weg nach
oben zum Genuss wird. Fürs Auge: Die internatio-
nale Salzbrandausstellung im Koblenzer Schloss.
11. September 1996
Hightech im Handwerk macht
Geschichte be–greifbar
Die Römer haben Spuren am
Mittelrhein hinterlassen.
Spuren allerdings, die oft vie-
le Fragen aufwerfen, weil sie
bruchstückhaft sind. Bei der
Suche nach Antworten helfen
nicht nur historische Quellen
und archäologische Funde,
sondern auch Hightech-An-
wendungen, die im Hand-
werk zu Hause sind.
Die kommen derzeit bei der ge-
meinsamen Rekonstruktion ei-
nes römischen Pfeilgeschützes
durch HwK Koblenz und Lan-
desmuseum zur Anwendung.
„Die Quellenlage ist relativ
dünn“, weiß die stellvertreten-
de Leiterin des Koblenzer Lan-
desmuseums, Dr. Angela Kai-
ser-Lahme, die die Rekonstruk-
tion wissenschaftlich begleitet.
Dennoch reichen die histori-
schen Funde aus, um eine trag-
fähige Vorstellung von der
Römerwaffe zu entwickeln.
EineBeschreibung ihrer Beson-
derheiten mit Maßangaben lie-
fert der römische Dichter Vitru-
vius (ca. 80-20 v. Chr.). Bild-
lich dargestellt ist das Pfeil-
geschütz auf der Säule des Tra-
jan in Rom (113 n. Chr.).
Lebendige Geschichte
Auch die Unterlagen einer ers-
ten Rekonstruktion, die vor ei-
niger Zeit im Zentrum Innere
Führung in Koblenz zu sehen
war und auf den Ergebnissen
des renommierten Römerfor-
schers Professor Dr. Dietwulf
Baatz, Darmstadt, sowie von
Alexander Zimmermann von
der „Interessengemeinschaft
experimentelleArchäologie und
Geschichtsdarstellung“, Pliez-
hausen, beruhte, stehen für die
neue Rekonstruktion zur Ver-
fügung.
Da die meisten Teile des Pfeil-
geschützes aus Holz gebaut
wurden und über die Jahrhun-
derte verwitterten, kommt den
wenigen metallischen Funden
eine besondere Bedeutung zu.
Neben der Pfeilspitze aus Ko-
blenz gehören zwei Bronzeplat-
ten und mehrere Buchsen dazu,
die in Cremona/Norditalien ge-
funden wurden. „Die Römer
bauten diese Waffen nach Be-
darf auch vor Ort in ihren La-
gern; sie aus dem italienischen
Stammland immermitzuführen,
wäre zu umständlich gewesen“,
erläutert Dr. Kaiser-Lahme.
Dennoch trägt die Bronzeplatte
aus Cremona ausgerechnet eine
Inschrift, die auf die römische
Legion im rheinland-pfälzi-
schen Mainz verweist.
Virtuell in 3D
Architekt Rudolf Müller, Tech-
nologieberater undCAD-Exper-
te bei der HwK Koblenz, hat
jetzt in einem ersten Schritt mit
der virtuellen Rekonstruktion
des Pfeilgeschützes begonnen.
Dreidimensional lässt sich am
Computer bereits das nach wis-
senschaftlichen Erkenntnis-
sen zusammengesetzte Ganze
aus allen Perspektiven betrach-
CAD – Computer Aided Design
CAD-Fachkraft I
ab 02.10. als Teilzeitkurs (sa) in
Rheinbrohl; ab 16.11. als Teil-
zeitkurs (di&do) in Koblenz; ab
29.11. als Vollzeitkurs (mo-fr)
in Koblenz oder Rheinbrohl.
CAD-Fachkraft II
ab 29.11. als Vollzeitkurs (mo-
fr) in Koblenz.
Information & Anmeldung
bei der HwK-Weiterbildung:
Tel.: 0261/ 398-113
Fax: 0261/ 398-990
E-Mail:
CAD-Fachkraft Okt./Nov. 04
0261/ 398-113
HwK-Weiterbildung
Die CAD-Technik hat vielfach
Lineal, Zeichenbrett und Blei-
stift bei Architekten und Bau-
zeichnern abgelöst. Nach milli-
metergenauer Eingabe entwi-
ckeln Hochleistungsrechner
Konstruktions- oder Schaltplä-
ne und gewähren den dreidi-
mensionalen Einblick in ein
werdendes Objekt. Die Anwen-
dungsmöglichkeiten im Hand-
werk erstrecken sich auf viele
Berufe, für die es jeweils Pro-
grammmodifikationen gibt, die
auch Kalkulationssoftware be-
inhalten.
Die CAD-Fachkraft-Ausbil-
dung bei der HwK besteht aus
zwei Teilkursen, die in jeweils
120 Unterrichtsstunden ange-
boten werden. Grund- und Auf-
baukurs vermitteln Kenntnisse
von der Installation des Pro-
gramms bis zur Darstellung von
zwei- und dreidimensionalen
Zeichnungen am Bildschirm
und im Ausdruck. Branchen-
spezifische Applikationen der
Software helfen, dieAnwendun-
gen individuell zu optimieren
und an die Bedürfnisse im eige-
nen Betrieb anzupassen.
Information zur Anwendung
der CAD-Technik bei der
HwK-Technologieberatung:
Tel.: 0261/ 398-572
Fax: 0261/ 398-988
E-Mail:
ten.Mit seinemIngenieurwissen
und der CAD-Technik konnte
er Ungenauigkeiten der Zim-
mermann’schen Rekonstrukti-
on im Bereich des Träger-
gestelles korrigieren.
Geschichte und Handwerk zum
Anfassen und Be–greifen: Das
ist das Ziel, das HwK und Lan-
desmuseum in der Zusammen-
arbeit verbindet. Mehr noch als
Schautafelnkanndie gebrauchs-
fähige Rekonstruktion des
Pfeilgeschützes verdeutlichen,
mit welchemKnow-howbereits
die alten Römer ihre Grenzen
am Mittelrhein verteidigten.
Über CAD wird zur aufgefundenen Pfeilspitze das römische Geschütz rekonstruiert.
Zusammenarbeit
Vor vier Jahren hatte die
HwK Koblenz in Zusam-
menarbeit mit dem Landes-
museumeinePfahlramme re-
konstruiert, die die Römer
beim Bau ihrer Rheinbrücke
im Neuwieder Becken nutz-
ten. Heute ist sie auf der Fes-
tung Ehrenbreitstein zu se-
hen. Vor zwei Jahren ent-
stand in denHwK-Werkstät-
ten ein Kran für das Römer-
bergwerk Meutin bei Kretz.
Das neueste Projekt ist die
Rekonstruktion eines römi-
schen Pfeilgeschützes, wie
es in den ersten beiden Jahr-
hunderten n. Chr. entlang
dem Limes, aber auch in
Oberitalien zum Einsatz
kam. Den Anstoß dazu gab
eine Pfeilspitze, die bei Aus-
grabungen auf der Koblen-
zer Festung gefunden wurde
und wahrscheinlich in Be-
ziehungzumLimeskastell im
Stadtteil Niederberg steht. -
Die Abteilung „Geborgene
Schätze“ imLandesmuseum
widmet diesem Kastell bis
26. September eine Sonder-
ausstellung
(
).
Im Herbst entstehen bei der
HwK aus der 3D-Animation
die konkreten Fertigungs-
pläne für die einzelnen Bau-
teile, die anschließend um-
gesetztwerden. Einegemein-
same Aufgabe für Aus-
bildungsmeister und Lehr-
linge in den überbetriebli-
chen Kursen, die alte Hand-
werkstechniken dabei nicht
nur als „Trockenübung“ ken-
nen lernen, sondern für ein
bleibendes Museumsstück
umsetzen können.
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